Abschied von der Küchenpsychologie
eigene Unfähigkeit («Wusste ja, das kann ich nicht»). Weder Erfolg noch Misserfolg erklären sie mit dem Faktor Anstrengung, also mit Vorbereitung, Übung oder «Aufpassen» – während Erfolgszuversichtliche sich nach einem Misserfolg sagen: «Ich hab wohl zu wenig getan, nächstes Mal bügele ich das aus.» Wenn man Erfolge auf glückliche Umstände und Misserfolge auf Unfähigkeit zurückführt – wie könnte dann eigene Anstrengung etwas bringen?!
Nach den Forschungen von Falko Rheinberg lässt sich Misserfolgsängstlichkeit am besten mildern, indem man sich nicht mit anderen vergleicht (= soziale Bezugsnorm), sondern mit sich selbst, genauer: mit seiner bisherigen Leistung (= individuelle Bezugsnorm). So kann man die Erfahrung machen, dass ein realistisches Ziel, nämlich ein persönlicher Fortschritt, durch eigene Anstrengung zu schaffen ist, während es nur begrenzt in der eigenen Macht liegt, andere zu überholen.
Angststörungen
Wenn Angst auch in völlig harmlosen Situationen auftritt, spricht man von einer Angststörung. Es ist die extreme Ausprägung einer Ängstlichkeit. Der betroffene Mensch leidet darunter und wird in seiner Lebensgestaltung behindert. Solche Störungen gibt es in verschiedenen Varianten:
Bei einer
Phobie
wird die Angst durch spezifische Situationsfaktoren ausgelöst und klingt wieder ab, sobald man die Situation verlässt. Hierzu gehören Höhenangst, Flugangst, Klaustrophobie (Angst in engen Räumen) und Agoraphobie (Angst außerhalb der Wohnung, z.B. in einer Menschenmenge oder im Bus). Phobien können sich auch auf bestimmte Objekte beziehen, beispielsweise Angst vor weißen Kitteln, Spritzen, Blut, Spinnen, Mäusen oder Schnecken. Weiterhin gibt es
soziale Phobien
, nämlich Angst in Situationen, in denen man unter der Beobachtung anderer Menschen steht. Sie zeigt sich etwa als Angst vor öffentlichem Sprechen, Angst vor Party-Gesprächen oder Angst, unter den Augen anderer Menschen zu essen und zu trinken.
Ein anderer Typ ist die
Panikstörung
. Hier sind nicht bestimmte Situationen als Auslöser erkennbar, vielmehr bricht die Angstattacke mit heftigen körperlichen Symptomen scheinbar «aus heiterem Himmel» aus – aber nur scheinbar. Tatsächlich gibt es körperliche Reize, die als bedrohlich missdeutet werden, z.B. den Herzschlag. Dadurch kommt eine Teufelsspirale in Gang: Die ausgelöste Angst erzeugt Körperreaktionen, die als noch gefährlicher erlebt werden und so fort und so fort. Dass die Missdeutung körperlicher Vorgänge der Anfang des Panikprozesses ist, ist den Betroffenen meist nicht bewusst. Panikstörungen sind häufig auch mit einer Agoraphobie (s.o.) verbunden. (Wie erkennbar, hat Panik hier eine spezifischere Bedeutung als in der Alltagssprache.)
Anders als die beschriebenen Typen ist die
generalisierte Angststörung
eine fortdauernde ängstliche Stimmung ohne konkrete Auslöser. Die Betroffenen sehen überall Gefahren und tragen sie in ihrem Kopf mit sich herum. Sie machen sich ständig Sorgen, dass ihnen oder ihrer Familie etwas Schlimmes zustoßen könnte, und kommen aus dem Grübeln nicht heraus. Solche Störungen beginnen meist schon in der Kindheit oder Jugend, ohne dass die Betroffenen den Zeitpunkt spezifizieren können.
Angststörungen sind ganz individuelle Probleme, und die Hintergründe müssen in jedem Einzelfall untersucht werden. Verallgemeinerbare Ursachen gibt es nicht. Es lassen sich z.B. keineswegs immer traumatische oder schmerzhafte Ereignisse als Ursprung finden. Häufig ist es sowieso weniger ergiebig, nach dem Ursprung zu suchen, als zu fragen, warum das Problem nicht weggeht. Und hierfür lässt sich ein typischer Grund nennen: nämlich, dass die Betroffenen kritische Situationen mehr oder minder perfekt meiden – so kann die Angst nicht «verlernt» werden. In jedem Einzelfall wäre all dies im Rahmen einer Therapie sorgfältig zu diagnostizieren.
Zum Abschluss noch der Hinweis, dass es auch eine Störung sein kann, (fast) keine Angst zu erleben, auch keine Angst vor Strafen. So etwas findet man bei einigen Menschen mit starken antisozialen Neigungen, bei den sog. Psychopathen oder Soziopathen. Sie empfinden weder Angst noch Mitleid und behandeln ihre Mitmenschen nur als nützliche Objekte. Dies wäre dann, neben dem Nutzen der Angst als Warnsignal, ein weiterer guter Grund, kein angstloser Mensch sein zu wollen.
8.4 Die guten Gefühle: Glück und Zufriedenheit
Lange Zeit hat sich die Psychologie nur mit den
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