Abschied von der Küchenpsychologie
problematischen Seiten des menschlichen Verhaltens und Erlebens beschäftigt. Doch das hat sich inzwischen geändert. Nicht nur ist positives Sozialverhalten längst ein Thema geworden (s. Kapitel 9.3 zu Hilfeleistung), sondern auch das
Wohlbefinden
in all seinen Facetten.
Hierzu gehört natürlich die
Freude
, der schöne Götterfunke. Freude entsteht als Reaktion auf ein positives Ereignis. Man freut sich über erfolgreiche Arbeit, über netten Besuch, über ein «echtes Schnäppchen». Ähnlich «situativ» ist auch der
Genuss
. Hier ist das gute Gefühl aber an Sinneserlebnisse gebunden, an das Sehen, Hören, Schmecken usw. Wir kennen Genuss z.B. als Augenweide, als Ohrenschmaus oder als Gaumenfreude. Mit Glück und Zufriedenheit ist dagegen relativ dauerhaftes Wohlbefinden gemeint, wobei
Zufriedenheit
eine ruhige, abwägende Bewertung enthält,
Glück
hingegen recht emotional ist.
Wie weit ist nun solcher Art von Wohlbefinden ebenfalls «situativ», also eine Frage der Lebensumstände, und wie weit hängt es mit der Person zusammen? Auf den ersten Blick sind Menschen glücklich, weil sie Glück «haben». Auf den zweiten Blick könnte uns aber auch die Geschichte vom Hans im Glück einfallen: Hängt das Glücklichsein nicht davon ab, wie ein Mensch die Dinge betrachtet? Begrifflich ist auf jeden Fall das Glück als Glücklichsein vom Glückhaben zu unterscheiden. Im zweiten Schritt ist dann zu untersuchen, wieweit das Glücklichsein mit den glücklichen Zufällen und Lebensbedingungen zu tun hat.
Um es vorwegzunehmen: Glücklichsein hat natürlich mit den Lebensumständen zu tun, aber nicht so entscheidend, wie viele Menschen glauben und manche Ratgeber versprechen, insbesondere solche, die den Weg zum Wohlstand als den Weg zum Wohlbefinden anpreisen. Man darf eben die personale Seite nicht vergessen: Manche Menschen haben sozusagen mehr «Talent» zum Glücklichsein als andere.
Lebensbedingungen
Bei einigen Lebensbedingungen ist die Sache klar. Wer einen
Arbeitsplatz
hat, an dem er sich mit seinen Neigungen und Kompetenzen entfalten kann, hat einen Glücksbringer erwischt. Ebenso erhöht es gewöhnlich den persönlichen Glückspegel, wenn man die richtigen
Mitmenschen
um sich hat, wenn man von einer Familie, einer Paarbeziehung und Freundschaften getragen wird. Auch die Menschen am Arbeitsplatz, insbesondere die Vorgesetzten, spielen hier eine wichtige Rolle.
Umgekehrt dämpft es gewöhnlich Glück und Zufriedenheit, wenn man ohne Arbeit ist, wenn man notgedrungen einen unangenehmen Job annehmen muss, wenn man einsam ist oder unter unfreundlichen Menschen zu leiden hat, ganz abgesehen von traumatischen Ereignissen wie dem Erleben von Gewalt, dem Tod wichtiger Mitmenschen oder einer schmerzhaften Trennung. Allerdings ist es von Fall zu Fall unterschiedlich, wie nachhaltig solche Ereignisse wirken. Unter anderem ist dabei von Bedeutung, ob es positiv ausgleichende Lebensbedingungen gibt.
Nicht so eindeutig ist die Rolle von
Geld und Wohlstand
. «Geld macht nicht glücklich», diesen Satz hört man häufig, und im Großen und Ganzen ist er auch zutreffend. Während in den letzten fünfzig Jahren der Wohlstand (nach Kaufkraft definiert) z.B. in Deutschland und in den USA immer weiter gewachsen ist, die Menschen sich also immer schönere Wohnungen, immer komfortablere Autos und immer aufwendigere Reisen leisten konnten, ist das subjektive Wohlbefinden nicht gewachsen.
Aber: Belanglos ist der wirtschaftliche Wohlstand auch nicht. Denn dass die Menschen in den armen Ländern glücklicher seien als wir Wohlstandsmenschen, ist eher eine fromme Legende von der heilen Welt jenseits des Materialismus. Im Durchschnitt sind die Menschen in armen Ländern weniger glücklich, wenn auch bei weitem nicht so viel weniger wie ihr Wohlstand niedriger ist, wobei diese Befunde sich immer auf den durchschnittlichen Glückspegel der Bevölkerung beziehen.
Wenn man auf
einzelne Menschen
schaut, so zeigt sich ebenfalls, dass Geld durchaus glücklicher machen kann. Es kommt nur darauf an, wer der Empfänger ist: Für einen mittellosen Menschen sind tausend Euro etwas völlig anderes als für einen reichen. Im unteren Bereich des Einkommens kann Geld also durchaus «beglücken», im oberen hingegen kaum.
Dass die objektiven Verhältnisse im Ganzen nur einen mäßigen Einfluss auf unser Glücksempfinden haben, liegt also zum Teil an den
Maßstäben
, nach denen wir die Dinge bewerten. Dabei lassen sich nach David Myers zwei
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