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Abschied von der Küchenpsychologie

Abschied von der Küchenpsychologie

Titel: Abschied von der Küchenpsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Peter Nolting
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vorkommt). So machen sie oft nur Andeutungen, falls sie überhaupt etwas preisgeben.
    Wichtig ist, dass Eltern sich einfühlsam von der Schule oder dem Kindergarten erzählen lassen. Der Kontakt zu der Einrichtung ist unerlässlich, wenn man etwas ändern will, aber es hängt viel davon ab, ob man bei den Lehrkräften bzw. den Erzieher/innen auf verständnisvolle Resonanz stößt oder nicht – häufig leider nicht. Oft bagatellisieren sie das Problem und glauben nicht, dass das Opfer grundlos angegriffen wird, oder sie signalisieren, dass sie in diesen Dingen doch pädagogisch kompetenter seien als die Eltern. Zum Glück gibt es auch problembewusste Pädagoginnen und Pädagogen, die es als ihre Aufgabe ansehen, die ihnen anvertrauten Kinder zu beschützen.
    Es gibt durchaus Möglichkeiten, hierfür etwas zu tun. Für die Erziehenden lautet die Aufgabe: Die Täter bremsen, die Opfer stärken, die Zuschauer aktivieren! In Schule und Kindergarten gehören dazu unter anderem Maßnahmen wie diese:
    Klare Regeln mit etwa folgender Aussage (aber unterschiedlichem Wortlaut je nach Alter): Wir tun anderen nicht weh und ärgern andere nicht. Wir helfen Kindern, die geärgert werden, oder holen Hilfe. Wir lassen niemanden allein, sondern lassen alle mitspielen.
Lob und Anerkennung für friedlicheres Verhalten der Täter sowie für Hilfeleistungen von Zuschauern; Ausschluss der Täter von attraktiven Aktivitäten nach einem Angriff.
Verstärkte Aufsicht und ein deutliches, aber nicht feindseliges Stoppen akuter Angriffe (zum «Stoppen» s. auch S.  343 über Erziehungskonflikte).
Besprechen, Vormachen und Einüben von Handlungsweisen der Zuschauer in kritischen Situationen.
Rückendeckung für die Opfer durch die klare Botschaft: Du kannst dich immer an mich (Erziehungsperson) wenden.
    Eltern können überdies versuchen, das Selbstvertrauen ihres gemobbten Kindes zu stärken, indem sie seine Talente fördern und es ermutigen, zu anderen Kindern Kontakt zu suchen, auch außerhalb der Schule, z.B. in einer Musikgruppe oder in einem Sportverein. Manche stillen und schwachen Kinder mögen Sport nicht so gerne, aber vielleicht finden sie doch irgendeine Sportart, die ihnen gefällt und ihrer Körperkraft guttut. Eltern sollten die Selbständigkeit ihres Kindes fördern und es nicht so übermäßig beschützen, dass es den Ruf eines «Muttersöhnchens» erwirbt. Provozierende Opfer müssen darüber hinaus lernen, Regeln einzuhalten und andere nicht zu reizen. Wenn sie sehr unkontrolliert und hyperaktiv erscheinen, ist es meist sinnvoll, professionelle Hilfe zu suchen, statt einfach darauf zu hoffen, dass sich das Problem «auswächst».
    9.5 «Durch diesen Sport kann man gut Aggressionen abreagieren»
    Karlheinz B. hat ein Problem. Wiederholt hat er seine Frau verprügelt, und er weiß: Bei weiteren Vorfällen wird er nicht nur seine Frau verlieren, sondern auch seine Wohnung und wohl auch seine Freiheit. Auf die Frage, warum er mit den Prügeleien nicht einfach aufhört, erklärt er, in manchen Situationen werde er von seinen «Aggressionen» so überwältigt, dass er die Beherrschung verliere. Nun hat er in der Zeitung von einer Schule gelesen, die zur Gewaltprävention einen «Wutraum» mit Punching-Säcken eingerichtet hat. Das bringt ihn auf die Idee, sich beim Sportverein zum Boxtraining anzumelden – ab sofort jeden Montag um 18.00 Uhr. Zwar wird er montags um 18.00 Uhr meistens nicht zufällig gerade verärgert sein, aber er hat gehört, dass im Körper sowieso immer angestaute Aggressionen schlummern und man durch Boxen diesen Aggressionspegel senken kann. Jedenfalls: Was hier rauskommt, denkt er, kann nicht mehr meine Frau treffen.
    Kraftsport, Rausschreien und andere «Ventile»
    Kann das funktionieren? Lässt sich aggressives Verhalten vermindern, indem man auf Ersatzwegen «seine Aggressionen auslebt»?
    Hierzu gibt es zahlreiche empirische Untersuchungen. In ihnen werden meistens zwei Gruppen von Versuchspersonen verglichen. Eine hat Gelegenheit zum «Abreagieren», zur sog. Katharsis, die andere übt eine «neutrale» Aktivität aus – wie in dem folgenden Experiment von Dieter Peper: 15 -jährige Schüler wurden in einer Sportstunde von einer Hilfskraft unfair behandelt und auf diese Weise in akuten Ärger versetzt. Ein Teil von ihnen hatte im weiteren Stundenverlauf einen elastischen Medizinball so heftig gegen die Wand zu schleudern, dass er möglichst weit zurückprallte – dies war als Kraftsport zum

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