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Abschied von Eden

Titel: Abschied von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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dir paßt oder nicht.«
    »Na klar«, flüsterte Marge.
    Er ging. Sie war froh. Sie wollte nicht, daß er sie weinen sah.
     
    Hollander fiel über Decker her, sobald er das Büro betrat.
    »Erstens, wie geht’s ihr?«
    »Ziemlich übel zugerichtet, aber sie wird wieder gesund«, sagte Decker. »Das Arschloch hat ihr den Schädel eingeschlagen. Der Doktor war erstaunt, daß sie das überlebt hat, aber Gott sei Dank hat sie. Im Augenblick überwachen sie den Gehirndruck. Doch der Arzt meint, daß sie keinen dauerhaften Schaden davontragen wird, außer daß ihr Kopf auf der linken Seite vielleicht ein bißchen eingedrückt bleiben könnte. Dann muß sie sich halt eine andere Frisur zulegen.«
    »Dieser Scheißkerl«, sagte Hollander. »Wir haben Miller mit ein paar knallharten Burschen zusammengesteckt. Kräftig, schwarz und knasterfahren. Miller hat ’nen hübschen Hintern. Jede Wette, daß die ihm noch vor Mitternacht das Arschloch aufgerissen haben.«
    »Das ist noch zu wenig«, sagte Decker.
    »Stimmt, muß aber fürs erste reichen. Zweitens, wir haben zwei Leute im Vernehmungszimmer sitzen. Sie wollten mit Marge sprechen, haben aber gesagt, sie würden auch mit dir vorlieb nehmen, wenn sie nicht da ist.«
    »Wer denn?«
    »Sue Beth Litton und ihr Bruder Earl.«
    »Was?«
    »Anscheinend möchte Earl ein Geständnis ablegen«, sagte Hollander. »Man hat ihm seine Rechte vorgelesen und so. Will keinen Anwalt. Nein, nein, nein. Er und Schwesterchen warten ganz einfach darauf, daß du kommst und alles aufschreibst.«
    Decker starrte ihn an. »Einfach so?«
    »Einfach so.«
    »Marge hat Sue Beth gefragt, ob sie sicher ist, daß ihre Mutter und ihr Bruder schon da waren, als sie ankam. Und jetzt hat plötzlich Earl, der geistig behinderte Bruder, uns was zu sagen.«
    Einen Augenblick sprach keiner von beiden.
    »Irgendwas ist da faul«, sagte Decker schließlich.
    »Das stinkt zum Himmel«, fügte Hollander hinzu.

24
    Das Vernehmungszimmer war ein 2,50 in × 2,50 in großes Kabuff, das von zwei Leuchtstoffröhren an der Decke beleuchtet wurde. Die schallisolierenden Wandplatten waren erst kürzlich hellgelb gestrichen worden und wirkten in dem grellen Licht irgendwie kränklich. Durch die Scheibe in der Tür konnte Decker Sue Beth auf der anderen Seite des Zimmers sitzen sehen. Sie starrte auf ihre Hände, die gefaltet auf dem Metalltisch lagen. Obwohl sie nur ein einfaches Baumwollkleid trug, hatte sie sich einige Mühe mit ihrem Äußeren gemacht – Lidschatten und Lippenstift aufgetragen und die Haare gelockt. Das Make-up schien etwas übertrieben. An ihrem rechten Handgelenk baumelte ein silbernes Armband mit Anhängern. Earl saß links von ihr. Obwohl Decker wußte, daß Earl 25 war, konnte er kaum glauben, einen erwachsenen Mann vor sich zu haben. Sein Kopf war ziemlich klein für seinen schwammigen Körper. Er hatte ein rundes Gesicht mit rosigen Wangen. Seine Augen erinnerten an Kaffeebohnen. Sie standen eng zusammen und waren von kindlicher Furcht erfüllt – wie bei einem kleinen Jungen, den man mit der Hand in der Plätzchendose erwischt hat. Er hatte eine platte Nase, und sein Kinn war mit einer zusätzlichen Fettschicht gepolstert – nicht direkt ein Doppelkinn, eher wie Babyspeck, der nie weggehen würde. Sein Mund war geöffnet, als ob er durch ihn atmen würde, seine Zähne waren klein und gelb. Im nächsten Moment wischte er sich mit seinen kleinen Wurstfingern über die niedrige Stirn. Der einzige Hinweis auf sein Alter waren ein paar stoppelige Barthaare um seine dicken roten Lippen.
    Decker strich sich über den Schnurrbart und beobachtete die beiden noch eine Weile, um festzustellen, ob sie überhaupt miteinander redeten. Das taten sie nicht. Decker betrat das Zimmer, schloß die Tür und setzte sich Sue Beth und Earl gegenüber. In dem kleinen Raum war es heiß und schwül, und es roch leicht nach Terpentin.
    »Hallo, Sue Beth«, sagte Decker und nahm sein Notizbuch heraus.
    Sie rang sich ein nervöses Lächeln ab.
    Dann wandte Decker sich zu Earl. Er sah ihn kurz an und sagte: »Hallo, Earl.«
    Earl blickte nach unten.
    »Antworte dem Polizisten, Earl«, sagte Sue Beth.
    »Hallo, Mister Policeman«, sagte er. »Wie geht es Ihnen?«
    »Werd nicht frech«, sagte Sue Beth.
    »Ist schon okay«, erklärte ihr Decker. »Mir geht’s gut, danke, Earl.« Dann wandte er sich wieder Sue Beth zu. »Detective Dunn ist heute nicht da. Aber Detective Hollander hat mir gesagt, Sie wären auch bereit, mit

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