Abschied von Eden
ganz gut aus. Keiner konnte das verstehen.« Annette zuckte die Achseln. »Linda ist ein lockerer Typ. Doch seit das Baby da ist, ist sie viel ruhiger geworden, aber vorher hat sie einige ganz schön wilde Sachen gemacht.«
»Was für Sachen?«
»Wie diese Affäre.« Annette ordnete ihre Gedanken. »Linda war einfach kein häuslicher Typ. Nähen, Kochen oder Backen machten ihr keinen Spaß, obwohl sie eine richtig gute Mahlzeit hinzaubern kann. Ich glaube, das wurmt Darlene auch. Linda ist eine verdammt gute Köchin, wenn sie will.«
»Und kann auch gut backen?« fragte Decker.
»Ja, Sir.«
Decker dachte über diesen Konkurrenzkampf nach und fragte Annette, ob Linda jemals versucht hätte, ihre Backwaren zu vermarkten. Die junge Frau fing an zu lachen und erklärte, daß Linda die Arbeit nicht gerade erfunden hätte.
»Was macht Linda denn mit ihrer ganzen freien Zeit?« fragte Decker.
»Sie ist oft stundenlang auf der anderen Seite des Bergs gewesen und hat da weiß Gott was gemacht. Und sie hing gern im Heaven rum. Ist nachmittags mit ihrer Schwägerin Carla dort hingegangen und hat mit den Jungs Bier getrunken. Sicher alles ganz harmlos, aber es machte keinen guten Eindruck.«
Bei der Erinnerung an die Rocker-Bar zog Decker die Augenbrauen ein wenig hoch.
Annette bemerkte die Geste und sagte rasch: »Ich weiß, daß es nicht richtig scheint, daß Linda dort zum Trinken hingeht. Aber Sie müssen sich vorstellen, das ist das einzige Lokal hier im Ort, wo was los ist. Und der Heaven ist gar nicht so übel, solange man kein Nigger ist. Die Jungs sind nicht böse – sicher ein bißchen ungehobelt–, aber sie lassen uns in Ruhe, und deshalb kommt ihnen auch keiner in die Quere und uns auch nicht. Für uns ist der Laden eigentlich nur ’ne Bier- und Pizzabude. Jeff ist ganz süchtig nach deren Pizzas. Er kauft immer die großen, ißt die Hälfte und schmeißt den Rest weg. Ich sag’ ihm ständig, er soll die mittleren kaufen, aber Männer hören ja nur selten auf ihre Frauen.«
»Jeff ist also Ihr Mann?« fragte Decker.
»Yeah. Darl und ich sind Schwägerinnen.«
Decker strich seine Schnurrbartspitzen glatt. Dann sagte er: »Sie sind aber viel jünger als Darlene.«
»Zwanzig Jahre jünger. Darl ist immer wie eine Mutter zu mir gewesen. Eine gute Mutter.« Annette schnipste ein Haar aus ihrem Gesicht. »Byron ist aus der ersten Ehe von Pappy H. Seine Mom starb, als er fünfzehn war. Jeffrey, mein Mann, ist aus der zweiten Ehe von Pappy H. Jeff hat noch eine Schwester. Sie lebt in Pomona und ist mit einem wirklich netten Mann verheiratet. Sie züchten Dobermänner.«
»Wo ist Jeff im Augenblick?« fragte Decker.
»Mit Pappy und Granny H und Byrons ältesten Söhnen bei einer Imkerversammlung – der Western Beekeeper Association. Sie findet dieses Jahr unten in Fall Springs statt. Byron hatte angeboten, sich um die Farm zu kümmern, damit sie fahren konnten. Ich konnte nicht mitfahren, weil ich Darl nicht mit dem ganzen Einmachen, Backen und Kochen allein lassen wollte. Und schon gar nicht mit den Kindern. Wir haben insgesamt acht. Ich drei und sie fünf.«
»Eine ganze Menge.«
»Es ist nicht so schlimm, weil Darls älteste Söhne schon einundzwanzig und neunzehn sind. Die fressen wie die Scheunendrescher. Meine Güte, irgendwer scheint hier immer an irgendwas rumzukauen.«
»Wie alt sind Ihre Kinder?« fragte Decker.
»Neun, acht und sechs. Zwei Jungs und ein Mädchen. Darls Kinder sind mir eine große Hilfe.«
»Haben Linda und Luke viele Kinder?«
»Nur eins, ein kleines Mädchen. Muß jetzt ungefähr zwei Jahre sein.«
»Dann war Linda bei der Geburt achtunddreißig«, bemerkte Decker. »Schon ein bißchen alt.«
Annette senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich glaube, sie hatten einige Probleme. Deshalb war Linda vielleicht so wild, bevor sie das Kind bekam. Aber mit dem dicken Bauch ist sie etwas ruhiger geworden.«
Decker nahm ganz ruhig das Foto von Baby Sally heraus und legte es auf den Tisch. »Ist das die Tochter von Linda Darcy?«
Annette betrachtete das Foto, dann richtete sie den Blick langsam wieder auf Decker. Ihre Augen waren von Sorge getrübt. »Das ist eindeutig Katie. Ist ihr irgendwas passiert?«
»Katie geht es gut. Wann haben Sie das letzte Mal mit Linda gesprochen?«
»Vor ungefähr einer Woche. Was soll …«
»Hat Linda Telefon?« fiel Decker ihr ins Wort.
»Natürlich hat sie Telefon. Die haben die Kabel unterirdisch verlegt, damit der Wind sie nicht kaputt
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