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Abschiedskuss

Abschiedskuss

Titel: Abschiedskuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Hellberg
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Nikita. Die mechanische Entschlossenheit von Händen, die schneiden. Ich schalte ab. Ich muss.
    Arabella zuckt einige Male, dann gibt sie den Kampf auf. Kopfüber und mit einem dumpfen Knall stürzt sie zu Boden. Eine letzte Zuckung des mageren Rückens, und sie ist tot. Dann falle ich ebenfalls, neben den bleichen Stoffpuppenkörper Nikitas, der, so unglaublich es scheinen mag, noch immer keinen einzigen Blutfleck aufweist. Ich habe das Gefühl, mich buchstäblich aufzulösen wie eine Sandburg, wenn die Flut kommt. Ich lasse mich in die Bewusstlosigkeit davonspülen.
    Als ich erwache, ist das Zimmer von roten Nebelschwaden erfüllt. Meine Hände beginnen gleichsam automatisch auf dem Boden herumzutasten, noch ehe ich wieder ganz bei mir bin. Der Teppichrand, einige Fransen, ein Spalt im klebrigen Fußboden. Nikita liegt nicht mehr neben mir. Ich spüre ihre Gegenwart nicht mehr.
    Ich richte mich auf den Knien auf. Mit übermenschlicher Kraftanstrengung beginne ich über den Fußboden zu kriechen. Meine Augen brennen, sie wollen mir nicht gehorchen. Ich möchte sie nur wieder schließen und in der barmherzigen Dunkelheit hinter meinen Lidern ausruhen. Ich muss mich zwingen, sie offen zu halten und der Trägheit mit reinem Adrenalin entgegenzutreten. Ich muss sie dazu bringen, zu begreifen, was sie im Zimmer sehen. Es ist entsetzlich. Einfach nur entsetzlich.
    Arabellas Leiche liegt mit dem Gesicht nach unten vor der Tür. Ich muss über sie hinwegklettern, um … Nein. Jetzt nicht daran denken. Aufstehen. Auf die Füße. Ich erreiche die Bettkante, packe die Bettdecke, die langsam wegrutscht, und bleibe unbeholfen schwankend stehen.
    Unter der schweren, blutgetränkten Decke ruhen zwei Körper. Meine Kieferknochen knacken, als ich den Mund zu einem lautlosen Schrei aufreiße. Ich brauche einige Sekunden, um zu begreifen, dass der reglose Mann dort im Bett, dessen Kopf halb von einem Kissen bedeckt wird, Professor Chesterfield ist. Ein Schmerz, als würde ich von innen heraus gespalten, durchfährt mich, als ich auch den anderen Körper identifiziere.
    Leopold Chesterfield liegt auf der Seite. Er ist von Schnittwunden übersät und hält die kraftlosen sterblichen Überreste Nikitas in den Armen. Ihr Rumpf ist aufgeschlitzt. Der Blick ist gebrochen, und der Hals so gewaltsam verdreht, dass der Kopf fast vom Körper getrennt ist.
    In diesem Augenblick sehe ich, dass er schwach atmet.

37. Kapitel
    Inspektor King legt eine weitere Decke um mich. Wir sitzen auf der Rückbank seines Autos. Der in Frühnebel getauchte Parkplatz der Akademie ist von Blaulichtern übersät. Es wimmelt von Polizisten.
    »Ihre Freundin war schon fast zwei Stunden tot, als Sie kamen«, sagt er leise.
    Ich kann ein Schluchzen nicht unterdrücken.
    »Und Sie sagen also, Sie hätten einfach gewusst, dass Sie sich dorthin begeben müssen?«, fragt er weiter.
    »Ja. Verlangen Sie jetzt bitte keine Erklärung von mir, denn ich verstehe es selbst nicht«, sage ich und reibe mir den Arm, wo man mir eine Tetanusspritze gegeben hat. Mein T-Shirt ist in Streifen geschnitten und hat braune Flecken. Die Schnittwunde am Arm ist von den Sanitätern geklebt worden. Sie brennt kaum noch, sondern juckt eher, und mir ist klar, dass der Heilungsprozess bereits begonnen hat.
    »Ich wünschte, ich wäre früher gekommen. Dann hätte ich irgendwie eingreifen können«, füge ich mit kläglicher Stimme hinzu und schniefe.
    »Es war ziemlich dumm von Ihnen, sich ganz alleine dorthin zu begeben«, sagt King.
    »Was hätte ich denn sonst tun sollen?«, frage ich ein wenig trotzig. »Hätte ich Sie anrufen sollen? Oder die Polizei hier im Ort? Um zu sagen: Hallo, ich hatte einen bösen Traum, ich glaube, ich weiß, wo Sie einen Mörder finden?«
    King murmelt etwas Vages. Meine nackten Beine unter der Decke sind rau von getrocknetem Blut. Ich beginne hemmungslos zu weinen wie ein kleines Mädchen.
    »Sagen Sie mir, was hätte ich tun sollen?«, schluchze ich.
    Meine Nase läuft, aber das kümmert mich nicht.
    »Ich konnte nicht verhindern, was sie Nikita angetan hat, und ich konnte nicht verhindern, was sie sich selbst antat!«
    Letzteres entspricht nicht ganz der Wahrheit, aber der Grenzstrich zwischen Wahrheit und Lüge beginnt sich aufzulösen und verschwimmt an diesem feuchtkalten Tag im Spätherbst wie wässrige Farbe auf nassem Papier.
    King sitzt ratlos einige Sekunden lang da und zieht dann ein strahlend weißes Taschentuch hervor. Ich schnäuze mich

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