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Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Jacken aufzuhängen oder so.
    Das einzige Einrichtungsstück ist ein Spülbecken in der Ecke. Was soll das denn? Gegessen wird doch oben, wozu braucht man dann hier unten eine Spüle? Seltsam. Aber okay, von mir aus. Ich werde hier jedenfalls keinen Spüllappen in die Hand nehmen, keine Chance.
    »Was essen die Italiener eigentlich so zum Frühstück?«, frage ich mich laut.
    »Wie, zum Frühstücken?«, will Adrian wissen. »Was sollen die schon frühstücken? Das Gleiche wie alle anderen auch.«
    »Ach ja? Hast du schon mal in England gefrühstückt?«, erwidere ich.
    »Nö, wieso?«
    »Die essen Rührei, Bohnen, Speck und eklige Würstchen zum Frühstück. Echt widerlich.«
    »Die Amis essen Pfannkuchen«, sagt Diego. »Mit Sirup. Jedenfalls in den ganzen Fernsehserien. Das ist auch nicht viel besser.«
    »Spaghetti«, sagt Marlon. »Italiener essen natürlich Spaghetti zum Frühstück.«
    »Ja, genau«, lache ich. »Und mittags dann Pizza und abends Ravioli.«
    »Oh ja, Pizza!«, schwärmt Adrian. »Da hätte ich jetzt richtig Bock drauf.«
    »Aber doch nicht zum Frühstück«, schüttelt sich Diego. »Dann schon lieber Pfannkuchen.«
    »Ey, könnt ihr vielleicht mal aufhören, übers Essen zu reden?«, beschwert sich Seba. »Ich verhungere hier langsam und qualvoll.«
    »Da hilft nur eins«, sagt Marlon und springt von seinem Bett herunter. »Ablenkung. Kommt, wir gucken uns mal ein bisschen um in der Bude hier.«
    Wir erheben uns und folgen Marlon aus dem Zimmer. Zwei Türen weiter dringt Geplapper auf den Gang, das müssen die anderen sein. Wir gehen hinein. So eine Sauerei, das Zimmer ist viel größer als unseres. Und das nicht nur, weil ein Etagenbett mehr drin steht. Die haben sogar einen Schrank. Und keine dämliche Spüle.
    »Seht euch das an«, grinst Marlon. »Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Was ist das hier? Die Jahreshauptversammlung der Streber und Schleimer?«
    Marlon übertreibt mal wieder. Ganz so schlimm ist die Besetzung dieses Zimmers nun auch wieder nicht. Die Jungs sind eigentlich ganz in Ordnung. Dressel zum Beispiel, unser Klassensprecher. Der hat mir schon öfter mal aus der Patsche geholfen, gerade in Mathe. Oder Alex, unsere Sportmaschine. Sensationeller Leichtathlet. Raucht nicht, trinkt nicht, was bei ihm ja auch Sinn macht und völlig okay ist. Für mich jedenfalls. Marlon findet Leute, die nicht saufen, eher suspekt. Mit denen stimme doch was nicht, sagt er immer. Wer nicht säuft, habe irgendwas zu verbergen, meint er. Bullshit. Ist doch jedem selbst überlassen, ob er sich zudröhnt. Und womit. Sascha kifft zum Beispiel lieber. Deswegen wäre er bei uns im Zimmer auch völlig fehl am Platz. Was aber noch lange nicht bedeutet, dass er nicht in Ordnung ist. Zumindest in meinen Augen.
    »Bringt mich zu eurem Anführer, ihr Weicheier!«, ruft Marlon. »Ah, da ist er ja!«
    Zugegeben, einen gibt es wirklich, den auch ich und ausnahmslos niemand leiden kann. Betzel. Eigentlich bräuchte er ein Zimmer für sich allein, den hat keiner verdient. Aber hier sind seine Überlebenschancen wenigstens größer.
    »Lasst uns doch mal gucken, wie die Mädels so hausen«, schlage ich vor.
    »Sehr gute Idee!« Diego klatscht in die Hände. »Gleich mal checken, wo die süßen Französinnen ihre Zimmer haben. Hoffentlich auch im Erdgeschoss. Da kann man leichter durchs Fenster klettern.«
    Dieser verdammte Spanier. So gern ich ihn auch mag, aber dieses Macho-Getue geht mir schon manchmal auf die Nerven. Als ob er wirklich eine dieser Französinnen abschleppen könnte. Als ob das so einfach wäre. Ich meine, ich finde es ohnehin schon schwer genug, einem Mädchen näherzukommen. Und wenn man dann noch nicht mal dieselbe Sprache spricht, wird es doch umso schwieriger. Ich würde eine ganze Kiste Wodka darauf wetten, dass Diego kein französisches Herz erobern wird. Auch keinen Körper. Nicht mal einen Kuss, französisch oder nicht.
    Wir betreten den Hausflur der Mädels. Die Türen sind alle geschlossen. Langsam und leise laufen wir den Gang entlang. Lars tritt vorsichtig an jede Tür heran und lauscht nach Lebenszeichen – Fehlanzeige. Er will sich gerade an die letzte Tür auf dem Gang heranschleichen, als diese sich plötzlich öffnet. Ein Mädchen kommt heraus, eingewickelt in ein großes Handtuch, in der rechten Hand einen Kulturbeutel, mit der linken hält es das Handtuch über der Brust fest. Ich versuche zu erkennen, wer es ist. Lange, blonde Haare. Das könnte Tanja

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