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Abschlussfahrt

Abschlussfahrt

Titel: Abschlussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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Nele, deren Kopf sich an meinen Hals schmiegt.
    »Na sicher doch.« Sie schaut auf und lächelt. »Keine halben Sachen. Das war schon immer mein Motto.«
    »Ein gutes Motto.«
    »Das beste«, seufzt sie wohlig.
    Sie schmiegt sich wieder an meinen Hals. »Dafür kriegst du aber nachher um zwölf nichts mehr.«
    Ich muss lachen. Nein, brauche ich auch nicht. Das war bereits das beste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten.
    Wir bleiben noch eine Weile aneinandergekuschelt liegen, bis wir zu dem Entschluss kommen, dass es doch besser wäre, unsere Freiräume wieder mit Klamotten zu verhüllen. Gerade noch rechtzeitig, denn keine fünf Minuten später öffnet sich die Tür und Henny stürmt herein, dicht gefolgt von Marlon und dem Rest.
    »Ey, ihr habt sie doch echt nicht mehr alle!« Henny schüttelt den Kopf und wendet sich an uns. »Die haben mich echt rausgeschmissen!«
    »Ich hab doch gleich gesagt, das ist nichts für Frauen!«, sagt Marlon. »Außerdem hättest du ja auch die Klappe halten können!«
    »Ich habe mir lediglich erlaubt festzustellen, dass einer der Darsteller außergewöhnlich gut bestückt war!«, erwidert Henny.
    »Sie hat alle dazu aufgefordert, die Hosen runterzulassen, um zu sehen, ob einer mithalten kann«, erklärt Diego. »Ich hätt’s gemacht.«
    »Ja, genau!« Marlon tippt sich an die Stirn. »Den anderen Jungs sind fast die Köpfe explodiert, so rot sind die angelaufen. Ist doch kein Wunder, dass sie dich rausgeschmissen haben.«
    »Pfffft«, schnaubt Henny verächtlich. »Nichts in der Hose, aber Pornos glotzen. Das sind mir ja die Richtigen. Weicheier.«
    Marlon schnappt sich ein Bier.
    »Und?«, fragt er Nele und mich. »Was war hier so los?«
    »Och …« Nele zuckt mit den Schultern.
    »Nichts«, füge ich hinzu.
    »Ja, das sehe ich.« Marlon zeigt auf die Strichliste an der Wand. »So wird das aber nichts mit achtzehn.«
    Oh, Scheiße, stimmt ja! Das hab ich ja total vergessen! Aber ich hatte auch wirklich Besseres zu tun. Entjungfert zu werden, zum Beispiel. Auch eine Legende, die ich allerdings für mich behalten werde. Einmal wurde heute Abend schon Geschichte geschrieben. Und das zweite Mal schaffe ich auch noch, wenn ich jetzt kräftig Gas gebe.
    »Ich brauchte nur mal kurz eine schöpferische Pause«, sage ich.
    Ich greife nach Nummer neun, die ich auf dem Boden stehen gelassen hatte, und exe sie ab.
    »Das ist die richtige Einstellung.« Marlon klopft mir auf die Schulter und macht einen Strich an der Wand. »Los, her mit dem Nächsten!«
    Die folgende Stunde versuche ich mich ausschließlich und ernsthaft dem Projekt achtzehn zu widmen, was allerdings gar nicht so leicht ist, wenn man immer besoffener wird. Nach der äußerst liebevollen Unterbrechung durch Nele hatte ich mich eigentlich wieder total nüchtern und fit gefühlt, aber das war wohl ein Trugschluss. Zehn Bier in so kurzer Zeit gehen eben nicht spurlos an einem vorbei, zumindest nicht an mir. Mein Kopf wird mit jedem Schluck schwerer und mein Magen immer voller. Ich muss schätzungsweise alle fünfzehn (gefühlte fünf) Minuten auf Toilette. Und der Weg dorthin scheint auch mit jedem Mal länger und kurvenreicher zu werden.
    Nummer elf und zwölf rinnen noch relativ problemlos meine Kehle hinunter. Ich will gerade die dreizehn öffnen, als Marlon mich zurückhält.
    »Kurz vor zwölf«, sagt er und zeigt auf seine Uhr. »Wir müssen raus.«
    Oh, stimmt, da war ja noch was, mein achtzehnter Geburtstag.
    Wir gehen nach draußen zu den anderen. Sofort bildet sich eine Traube von Menschen um mich herum. Irgendjemand fängt an, von zehn abwärts zu brüllen, alle steigen mit ein. Bei null angekommen jubeln mir alle zu, umarmen mich, oder klopfen mir auf die Schulter. Die Mädels knutschen mich links und rechts, nur Nele nimmt die Mitte.
    Okay, jetzt bin ich also achtzehn. Fühlt sich das nun irgendwie anders an? Nein, kein bisschen. Bis auf die Tatsache, dass ich keine Jungfrau mehr bin. Und mittlerweile ziemlich besoffen.
    »Hallo!«, verschafft sich Wuttke Gehör. »Seid ihr mal bitte ganz kurz ruhig?«
    Der Geräuschpegel sinkt.
    »Sehr schön, danke!«, ruft Wuttke und wendet sich an mich. »Lieber Jonas, im Namen der ganzen Klasse möchte ich dir hiermit alles Gute zu deinem achtzehnten Geburtstag wünschen. Du bist jetzt volljährig. Was zum Beispiel bedeutet, dass du dir ab jetzt deine Entschuldigungen selbst schreiben darfst. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich sie auch akzeptieren

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