Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
interessierte das Zimmermädchen sich kein Stück für Fußball oder
seine Neigungen, vielleicht aber gab sie die Nachricht, dass sich der berühmte
Trainer Poppo heimlich im Trainingslager tagtäglich ein Schlückchen gönnte, an
die nervige hellblonde Reporterin, diese Eva Ratzki, weiter, die bei der
Ankunft Hakan belagert hatte und nun den ganzen Tag um das Hotel und den
Fußballplatz herumlungerte. Leider arbeitete sie für einen wichtigen Sender,
sonst hätte man anders mit ihr verfahren können.
Dass
jemand von seinem harmlosen Geheimnis erfuhr musste nicht sein, Poppo ging
ungern ein Risiko ein, und sei es noch so klein. Ein Schlückchen am Tag, mehr
gönnte er sich nicht. Aber verzichten wollte er auf diesen Moment keinesfalls.
Metall
schabte angenehm auf Glas, als er die Flasche öffnete, und dies Geräusch
entspannte ihn sofort. Er goss einen winzigen Schluck in eine Kaffeetasse,
schob die Vorhänge zurück und trat auf die Terrasse. Sein Puls verlangsamte
sich, und Poppo lehnte sich aufatmend gegen die Brüstung. Wie schön es hier
war, er hatte es noch gar nicht richtig bemerkt! Das Meer, die ferne
ockerfarbene Bergkette, der strahlend blaue Himmel! Und der Meridian Club
selbst! Eine gepflegte Anlage mit allem Komfort aber ohne jeden Schnickschnack,
ganz so wie er es mochte. Im Grunde war er Madlen dankbar gewesen, dass sie die
Schnapsidee gehabt hatte, sich gleichfalls im Neuschwanstein Resort
einzubuchen.
Meine
Güte, dachte Poppo, ich käme im Leben nicht auf die Idee, mir das echte
Zuckerbäckermonstrum anzusehen, wieso sollte ich dann in einer Raubkopie
nächtigen wollen?
Aber
zu Madlen passte das Hotel. Nächste Woche war Finalrunde ihrer grässlichen
Show, das Siegerpaar wurde in der Nähe von Dereköy, im alten Amphitheater von
Gümüsdere gekrönt, die gesamte Mannschaft des SV Bütte-Erkenroytz war
eingeladen.
»Einen
Waldteufel werde ich tun«, schnaubte Poppo. »Kostenlose Publicity für die liebe
Moderatorin Madlen. Niemals, nur über meine Leiche! Ob diese beiden armseligen
Siegerkreaturen sich wohl wie König Ludwig fühlen, wenn sie ins Neuschwanstein
zurückgekarrt werden? Ich fürchte eher…«
Ein
Wispern, ein Schaben und Kichern unterbrachen Poppos Selbstgespräch, und er
hielt unwillkürlich die Luft an. Eine im Erdgeschoss liegende Terrassentür
schrammte auf, und das Kichern wurde lauter.
»Nein,
nein, lass nur!« Eine atemlose, unterdrückte Frauenstimme wurde von einem
Männerlachen übertönt, dann folgte Flüstern und Rascheln, und erneut ließ sich
die Frau hören: »Ich sehe niemanden, scheint noch Siesta-Zeit zu sein. Ich
flitz los. Und tausendtausendtausend Dank für die Infos!«
Die
Männerstimme unterbrach.
»Jaja,
ich weiß, ich lass die Bombe erst platzen, wenn der richtige Moment kommt. Das
kann ich nie wieder an dir gut machen!«
Neugierig
beugte sich Poppo vor. Die Stimmen drangen von schräg links aus dem Eckzimmer.
Das Zimmer vom Erdmännchen! Poppo zuckte zusammen. Hatte er Madlen
eingeschleust? Das konnte nicht sein, Rocco hielt sich an die Anweisungen
seines Trainers, dessen war sich Poppo sicher. Er stellte die Kaffeetasse ab,
hielt sich am Geländer fest und beugte seinen Oberkörper weiter über die
Brüstung.
Im
nächsten Moment sah er einen hellen Blondschopf und dann einen Fuß, der in
einem pinkfarbenen Tennisschuh steckte und sich über die Hecke reckte.
»Huh,
ganz schön hoch, hoffentlich plumpse ich nicht hin!«
Die
Person hüpfte mit nach oben gereckten Armen über die Hecke und klatschte dann
ob ihrer vollbrachten sportlichen Höchstleistung begeistert in die Hände. Poppo
erkannte Eva Ratzki, die Reporterin, die ihn seit Tagen mit ihren dümmlichen
Fragen nervte. Hastig sah sie nach rechts und links und spurtete dann in
Richtung Tennisplätze, wo sie ihren Schritt verlangsamte und gemächlich zum
Hotel abschwenkte, den Kopf tief gesenkt über ein Gerät, ein iPad oder
ähnliches, auf das sie eifrig einhackte.
Das
Erdmännchen! Poppo schluckte. Sein Liebling, Pfeiler und Stütze der Mannschaft,
sein As im Ärmel wenn es jetzt galt, Hakan aus dem Kader zu verbannen. Turtelte
hier mit einer Dreihirnzellenschlampe herum und plauderte offensichtlich nach
einem Schäferstündchen geheime Dinge aus, Herr im Himmel, das durfte nicht wahr
sein! Hatte er nicht von Anfang an gewusst, dass in diesem Trainingslager der
Wurm drin war?
Im
nächsten Augenblick eilte er nach unten und hämmerte an Roccos Tür. Wie eine
verdammte Hausmutter in einem
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