Abseitsfalle. Kadir Bülbüls zweiter Fall
Scheißinternat, dachte er. Nichts tat sich. Poppo
klopfte mit der flachen Hand an die Tür und drückte gleichzeitig die Klingel.
Endlich
hörte er von drinnen ein Geräusch, ein langsames Schlurfen von Badeschlappen
über Fliesenboden, dann wurde die Tür gemächlich entriegelt.
»Rocco,
was zum Teufel…!«
Poppo
riss die Augen auf.
»Wasz
gibsz denn, Trainer?«
»Was
machst du denn hier?«
»Iz?«
Hakan deutete mit dem Zeigefinger auf seine Brust und hob erstaunt die
Augenbrauen. »Iz wohne hier. Iz spiele bei Ihnen inne Mannszaft. Daz mazze iz
hier.«
»Das
ist doch Roccos Zimmer!«
»Izzes
niz!« Hakan schüttelte den Kopf. »Wir haben getauszt. Iz wollt ein
Einzelzimmer, daz hab iz von Anfang an gezagt. Rocco iz nu bei Ronny. Hier,
nebenan.« Hakan klopfte zur Bekräftigung an die Wand zum Nachbarzimmer.
Poppo
holte Luft, entschied sich dann aber, dies Thema für den Moment nicht weiter zu
verfolgen, obwohl es ihn ärgerte, dass Hakan seinen Willen auch bei so etwas
Harmlosen wie der Zimmerverteilung durchsetzen musste. Brasilianische Diva,
italienische Primadonna!
Er
drängelte sich an Hakan vorbei ins Zimmer und blieb vor Hakans Kingsize-Bett
stehen. Es war ordentlich gemacht, die Kopfkissen aufgeschüttelt, die Bettlaken
festgesteckt. Hakan lehnte sich gegen eine Kommode und lächelte süffisant.
»Was
hatte diese Möchtegernreporterin hier drin zu suchen?«
»Dasz
liebe Kind? Ach, darum gehtsz! Iz hab ihr nur ein biszchen Nachhülfe gegeben.
In Szachen Sztellung. Fragesztellung, mein izz. Hat keine Ahnung von fotball ,
dasz arme Girlie. Hat mir leid getan, niszt? Wollte helfen!«
Poppo
kniff die Augen zusammen und fixierte Hakans undurchdringliches Gesicht. Da
steckte etwas anderes dahinter. Und er hatte es deutlich gehört. Hakan hatte der
Reporterin irgendeine Information gegeben, irgendetwas, das wie eine Bombe im
rechten Moment platzen würde. Es war klar, dass der Wikinger nicht verraten
würde, was er Eva Ratzki mitgeteilt hatte. Poppo konnte nur hoffen, dass es der
übliche Umkleidekabinenklatsch war oder, noch besser, irgendeine Geschichte,
die Hakan erfunden hatte, um das blonde Mäuschen dazu zu bringen, früher oder
später mit ihm in die Federn zu hüpfen. Solange das nicht im Trainingslager
geschah, war es Poppo vollkommen gleichgültig. Poppo drängte den Gedanken an
Eva Ratzki beiseite, denn es gab Wichtigeres, namentlich die Sache, weswegen er
Hakan eigentlich hatte sprechen wollen.
»Was
ist das für eine Schweinerei mit dem Daddy Blue-Vertrag?«
»Szweinerei?«
»Jawohl,
du hast richtig gehört, Kameradenschweinerei, um genau zu sein. Wie kommst du dazu,
Patrick diesen Vertrag abzuluchsen? Kriegst du den Hals nicht voll, oder was?
Du hast doch noch zig andere Sponsoren, man kann sich ja keine Stunde durchs
Fernsehprogramm zappen ohne dein Gesicht nicht mindestens zehnmal zu sehen!«
Poppo
zählte an seinen Fingern ab.
»Golden
Head Shampoo, Knickknack-Müsliriegel, Westfalen-Molkerei, und seit neuestem
dröhnst du mit dieser extralauten bescheuerten Autowerbung durch jeden
Haushalt. Mir fallen jedes Mal die Ohren ab!«
»Der
Spot iz toll!«, protestierte Hakan. »Iz kann doch nix dafür, wenn die mizz als
Daddy Blue haben wöllen, iz szehe einfach total gut ausz, das izzez. Mein
Geszist geht mit allesz, szagt die Werbefrau bei Dr. Mahlersz.«
»Du
hättest ablehnen müssen, und wenn dein Gesicht hundertmal zu Bananenbrei oder
püriertem Hähnchen passt! Verstehst du denn gar nicht, worum es mir geht? Wenn
es sich um Ronny, Cem Yildiz oder Alexander gehandelt hätte, die noch ebenso
wie du ganz am Anfang stehen und mit Sponsorenanfragen zugeschüttet werden –
dann hätte ich nichts gesagt. Aber bei Patrick? Tu nicht so, als wüsstest du
nicht wie es um ihn steht.«
Hakan
stemmte sich von der Kommode weg und trat zur Terrassentür. Die Vorhänge wehten
leicht im Wind. Eine Katze mit schimmerndem rötlichem Fell stolzierte über die
Terrasse und schnupperte an den Strandtüchern, die auf einer Liege zum Trocknen
lagen. Dann wandte sie wie angeekelt den Kopf und schnellte durch die Hecke
davon. Hakan drehte sich wieder um und sah seinen Trainer mit einem
entwaffnenden Lächeln an.
»Na
gut. Izz will den Daddy Blue gar nisz. Soll Patrick weiter den Papa szpielen.«
Erleichtert
ließ sich Poppo auf das Bett sinken. Er konnte sein Glück kaum glauben. Das war
leichter gewesen, als er es sich in seinen kühnsten Träumen gedacht hatte, und
er fragte sich, ob unter dieser
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