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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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hantierte nervös mit ihrem Weinglas herum.
„Du sagst, du glaubst diesen Mafiosi?“ fragte Eric.
Ich nickte. Gerade hatte ich ihnen eine Viertelstunde lang von meinem Treffen mit Fat Freddy erzählt, wobei ich lediglich Angies Verbindung zu Vincent Patriso ausgelassen hatte.
Ich fragte: „Warum sollten sie lügen?“
„Das sind Verbrecher!“ Eric sah mich mit aufgerissenen Augen an. „Lügen ist denen wie angeboren.“
Ich nippte an meinem Bier. „Das stimmt. Aber Verbrecher lügen normalerweise aus Angst oder um einer Sache Nachdruck zu verleihen.“
„Ja, aber…“
„Und diese Typen, das könnt ihr mir glauben, haben keinen Grund, vor mir Angst zu haben. Für die bin ich ein Nichts. Wenn Sie, Dr. Warren, von ihnen wirklich bedroht würden, und ich würde mich in Ihrem Namen mit denen treffen, dann hätten die zu mir gesagt: Ja, und? Wir schüchtern sie ein. Und jetzt kümmere dich um deinen eigenen Kram, sonst bringen wir dich um. Schluss, Ende, aus.“ „Aber das haben sie nicht gesagt.“ Sie nickte vor sich hin. „Nein. Und wenn man dann noch bedenkt, dass Kevin einfach nicht der Typ für eine feste Freundin ist, wird es noch unwahrscheinlicher.“
„Aber…“, begann Eric wieder.
Ich hob die Hand und blickte Diandra an. „Das hätte ich schon bei unserem ersten Treffen fragen sollen, aber ich bin nie auf die Idee gekommen, dass es auch ein Scherz gewesen sein könnte. Der Kerl, der unter dem Namen Kevin bei Ihnen anrief, hatte der irgendwie eine komische Stimme?“
„Komisch? Wieso?“
Ich schüttelte den Kopf. „Denken Sie mal nach!“
„Die Stimme war tief und rauh, glaube ich.“
„Sonst nichts?“
Sie nippte an ihrem Wein und nickte dann. „Nein.“
„Dann war es nicht Kevin.“
„Woher…?“
„Kevin hat eine kaputte Stimme, Dr. Warren. Schon seit seiner Kindheit. Sie hört sich an, als würde sie ständig brechen, wie ein Pubertierender im Stimmbruch.“
„So eine Stimme war das nicht am Telefon.“
„Nein.“
Eric rieb sich das Gesicht. „Also: Wenn Kevin nicht angerufen hat, wer dann?“
„Und warum?“ fragte Diandra.
Ich sah die beiden an und hob die Hände. „Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Haben Sie irgendwelche Feinde?“
Diandra schüttelte den Kopf.
„Was nennst du Feinde?“ fragte Eric.
„Feinde“, sagte ich, „sind Menschen, die um vier Uhr nachts anrufen und Drohungen ausstoßen oder dir Fotos von deinem Kind ohne irgendeine Erklärung schicken oder dir schlicht und einfach den Tod wünschen. Feinde Mialt.“
Er dachte einen Augenblick darüber nach und schüttelte dann den Kopf.
„Bist du sicher?“
Er verzog das Gesicht. „Ich habe berufliche Konkurrenten, würde ich sagen, und Kritiker, Menschen, die nicht meiner Meinung sind…“
„In welcher Hinsicht?“
Er lächelte ein wenig trübselig. „Patrick, du warst doch in meinen Kursen. Du weißt, dass ich mit vielen Experten auf dem Gebiet nicht übereinstimme und dass andere Leute meine Kritik kritisieren. Aber ich bezweifle, dass diese Menschen mir körperlichen Schaden zufügen möchten. Außerdem: Würden meine Feinde nicht mich verfolgen, anstatt Diandra und ihren Sohn?“
Diandra zuckte zusammen und blickte zu Boden.
Ich zuckte mit den Achseln. „Wahrscheinlich. Weiß man aber nie so genau.“ Ich sah Diandra an. „Sie haben erzählt, dass Sie sich schon vor Patienten gefürchtet haben. Ist in letzter Zeit jemand aus der Haft oder aus einer geschlossenen Anstalt entlassen worden, der einen Groll gegen Sie hegen könnte?“
„Dann hätte man mich benachrichtigt.“ Sie schaute mir in die Augen. In ihrem Blick lagen Unsicherheit und Angst, eine tiefsitzende, alles umfassende Angst.
„Haben Sie momentan irgendeinen Patienten, der ein Motiv und die nötigen Voraussetzungen für so etwas besäße?“
Sie dachte eine gute Minute lang darüber nach, schüttelte aber den Kopf. „Nein.“
„Ich muss mit Ihrem Exmann sprechen.“
„Mit Stan? Warum? Dafür sehe ich keinen Grund.“
„Ich muss jede mögliche Verbindung zu ihm ausschließen. Tut mir leid, wenn Sie das stört, aber es wäre dumm von mir, wenn ich’s nicht täte.“
„Ich bin nicht begriffsstutzig, Mr. Kenzie, aber ich kann Ihnen versichern, dass Stan schon seit mindestens zwanzig Jahren keinerlei Verbindung mehr zu mir hat.“
„Ich muss alles über die Menschen wissen, mit denen Sie zu tun haben, Dr. Warren, besonders die, mit denen Sie eine Beziehung haben, die über den alltäglichen Umgang hinausgeht. „
„Patrick“, mahnte

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