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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Alles Gute, Pat.“
„Dieser Junge“, stöhnte Angie, „vögelt noch schlimmer herum als du zu deinen besten Zeiten.“
„Hey!“ mahnte ich.
Den vierten Tag lang beobachteten wir nun Jason Warren, und langsam kam es uns vor, als verfolgten wir den jungen Rudolph Valentino. Diandra hatte darauf bestanden, dass Jason nicht wissen sollte, dass er beobachtet wurde, und hatte sich dabei auf die Abneigung von jungen Männern berufen, das eigene Leben von jemand anderem kontrollieren oder beeinflussen zu lassen, sowie auf Jansons ausgeprägtes Bedürfnis nach Privatsphäre<, wie sie sich ausdrückte.
Mir wäre meine Privatsphäre auch wichtig, wenn ich auf drei Frauen in drei Tagen käme.
„Ein Hattrick“, bemerkte ich.
„Was?“ fragte Angie.
„Am Mittwoch hat der Junge einen Hattrick geschossen. Damit kommt er in die Hall of Farne für Superrammler.“
„Männer sind Schweine!“
„Das stimmt“, bestätigte ich.
„Dann grins nicht so dreckig!“
Wenn Jason glaubte, ihm schleiche jemand hinterher, so war das mit größter Wahrscheinlichkeit eine gekränkte Geliebte, eine junge Frau, der es nicht sonderlich gefiel, eine von vielen oder Nummer zwei von dreien zu sein. Aber wir hatten ihn nun fast nonstop über achtzig Stunden beobachtet und niemand anders auf seiner Fährte gesehen. Auch war er nicht schwer zu finden. Tagsüber ging Jason in seine Seminare, verabredete sich danach zu einem Schäferstündchen in seiner Studentenbude (das schien er mit seinem Zimmerkollegen, einem Drogenfreak aus Oregon, abgesprochen zu haben, der jeden Abend um sieben seine Haschparties abhielt, wenn Jason nicht da war), lernte dann bis Sonnenuntergang draußen auf dem Rasen, aß mit einem ganzen Tisch voller Frauen, aber ohne Männer in der Cafeteria zu Abend und machte danach die Bars in der Umgebung von Bryce unsicher.
Die Frauen, mit denen er schlief (wenigstens die drei, die wir gesehen hatten), schienen voneinander zu wissen und nicht eifersüchtig zu sein. Sie waren alle ungefähr der gleiche Typ: Sie kleideten sich modisch, meistens schwarze Sachen, die an allen möglichen Stellen ultracool eingerissen waren. Da sie gute Autos fuhren und ihre Stiefel, Jacken und Rucksäcke aus teurem, weichem Leder waren, trugen sie den unverkennbaren Modeschmuck wohl mit Absicht. Der war schon wieder so peinlich, dass es cool war, nehme ich an – eine ironische postmoderne Geste gegenüber einer Welt, die keine Bodenhaftung mehr hatte. Oder so ähnlich. Keine von ihnen hatte einen festen Freund.
Alle drei waren in der Geisteswissenschaftlichen Fakultät eingeschrieben. Gabrielle studierte im Hauptfach Literatur, Lauren beschäftigte sich mit Kunstgeschichte, spielte aber hauptsächlich Gitarre in einer Frauenpunkband, deren Vorbilder Courtney 7Love und Kim Deal zu sein schienen. Und Jade – klein, schlank und selbstsicher mit großer Klappe – war Malerin.
Keine der Frauen schien allzu oft zu duschen. Für mich wäre das ein Problem gewesen, Jason jedoch schien es nicht zu stören. Er duschte auch nicht gerade oft. Was meinen Frauengeschmack angeht, bin ich alles andere als konservativ, aber es gibt bei mir ein ungeschriebenes Gesetz, was Duschgewohnheiten und Genitalschmuck anbetrifft, da
bin ich gnadenlos. Macht mich bei den Grunge-Leuten zum absoluten Liebestöter, schätze ich mal.
Doch dafür tat Jason sein Bestes. Er war offensichtlich so was wie die männliche Campusnutte. Am Mittwoch Abend stieg er mit Jade aus dem Bett und ging mit ihr zu einer Bar namens Harper’s Ferry, wo sie Gabrielle trafen. Jade blieb in der Bar, und Jason zog sich mit Gabrielle in ihren BMW zurück. Dort hatten sie oralgenitalen Kontakt, was ich leider beobachten musste. Als sie zurückkamen, gingen Gabrielle und Jade zusammen zur Toilette, wo sie, wie Angie behauptete, fröhlich ihre Erfahrungen austauschten. „Es war von einer Boa Constrictor die Rede“, erzählte Angie. „Es kommt nicht auf die Größe an…“
„Red dir das ruhig ein, Patrick, vielleicht glaubst du’s dann eines Tages.“
Dann machten die beiden Frauen mit ihrem lebendigen Spielzeug das Bear’s Place am Central Square unsicher, wo Lauren mit ihrer Band, allesamt offensichtlich stocktaube Möchtegern-Punks, spielte. Nach dem Auftritt fuhr Jason mit Lauren nach Hause. Sie gingen in ihr Zimmer, zündeten Räucherstäbchen an und rammelten wie die Karnickel bis kurz vor Morgengrauen zu alten Patty-Smith-CDs. Am zweiten Abend stieß ich mit ihm in einer Bar in North Harvard

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