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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Sommertag, an dem es schneite, als Kara Rider mich anhielt und fragte, wie es im Jason-Warren-Fall stünde. Sie trug das Haar wieder blond, wie früher, und saß nur mit einer rosa Bikinihose bekleidet auf einem Liegestuhl vor dem Black Emerald. Um sie herum fiel der Schnee, er stapelte sich auf dem Stuhl, doch auf ihrer Haut schien die Sonne. Auf ihren kleinen, festen Brüsten standen Schweißperlen. Ich musste mich selbst zur Ordnung rufen; ich kannte sie seit ihrer Kindheit und wollte sie nicht unter sexuellen Aspekten betrachten.
Grace und Mae standen einen Häuserblock weiter, Grace steckte Mae eine schwarze Rose ins Haar. Von der anderen Straßenseite sah ihnen ein Rudel kleiner, geifernder weißer Hunde zu, dicker Schaum lief ihnen aus den Lefzen.
„Ich muss gehen“, sagte ich zu Kara, doch als ich mich umdrehte, waren Grace und Mae nicht mehr da.
„Setz dich hin!“ forderte mich Kara auf. „Nur einen Moment! „ Ich nahm Platz, und Schneeflocken fielen mir in den Nacken und kühlten meinen Rücken. Mit klappernden Zähnen sagte ich: „Ich dachte, du bist tot.“
„Nein“, erwiderte sie. „Ich war nur ‘ne Weile weg.“
„Wo bist du gewesen?“
„Brookline. Beschissen.“
„Was?“
„Es sieht hier genauso beschissen aus wie früher.“
Grace steckte den Kopf aus dem Black Emerald heraus: „Bist du fertig, Patrick?“
„Ich muss gehen“, wiederholte ich und klopfte Kara auf die Schulter. Sie ergriff meine Hand und legte sie auf ihre nackte Brust. Ich sah Grace an, doch es schien ihr nichts auszumachen. Angie stand neben ihr, beide lachten.
Kara strich mit meiner Hand über ihre Brustwarze. „Vergiss mich nicht!“
Jetzt fiel Schnee auf ihren Körper und begrub ihn langsam unter sich.
„Bestimmt nicht. Ich muss jetzt los.“
„Tschüs.“
Die Beine des Liegestuhls brachen unter dem Gewicht des Schnees zusammen, als ich mich umsah, konnte ich ihre Umrisse unter den weißen Schneewehen nur noch vermuten.
Mae kam aus der Bar, nahm meine Hand und verfütterte sie an ihren Hund.
Ich sah zu, wie mein Blut in der Hundeschnauze schäumte. Es tat nicht weh, es war fast schön.
„Guck mal, Patrick!“ sagte Mae. „Er mag dich.“
In der letzten Oktoberwoche waren wir mit dem Einverständnis von Diandra und Eric aus dem Jason-Warren-Fall ausgestiegen. Ich kenne Leute, die die Situation ausgenutzt hätten, die die Ängste einer besorgten Mutter noch ein bisschen geschürt hätten, doch ich mache so was nicht. Nicht weil ich besonders anständig bin, sondern weil es schlecht
fürs Geschäft ist, wenn die Hälfte der Einnahmen von Dauerkunden kommt. Wir hatten über alle Lehrer von Jason, die ihn in Bryce unterrichten (elf) und über all seine Bekanntschaften (Jade, Gabrielle, Lauren und sein Zimmergenosse) Akten angelegt, nur nicht über den Typ mit dem Ziegenbärtchen. Nichts deutete darauf hin, dass irgend jemand von ihnen eine Gefahr für Jason darstellte. Wir hatten unsere Beobachtungen täglich zusammengefasst, außerdem besaßen wir Protokolle von unserem Treffen mit Fat Freddy, Jack Rouse und Kevin Hurlihy und von meinem Telefonat mit Stan Timpson.
Diandra hatte keine weiteren Drohungen, Anrufe oder Fotos erhalten. In New Hampshire hatte sie sich mit Jason unterhalten und erwähnt, dass eine Freundin von ihr ihn eine Woche zuvor mit einem Typen im Sunset Grill gesehen hätte, doch Jason erzählte ihr etwas von „einem guten Freund“ und äußerte sich sonst nicht weiter.
Wir beschatteten ihn noch eine Woche, doch war es immer dasselbe: explosionsartige sexuelle Aktivität, Einsamkeit, Lernen. Diandra sah ein, dass das alles nicht weiterführte und dass es außer dem Foto, das sie erhalten hatte, keinen weiteren Anhaltspunkt dafür gab, dass sich Jason in Gefahr befand. Schließlich kamen wir zu dem Schluss, dass unsere anfängliche Einschätzung, dass Diandra Kevin Hurlihy unabsichtlich gereizt hatte, wohl doch richtig gewesen sein musste. Denn nach unserem Treffen mit Fat Freddy hatte es keinerlei Drohungen mehr gegeben; vielleicht hatten sich Freddy, Kevin, Jack und der Rest der Bande zurückgezogen, wollten aber vor ein paar Privatdetektiven nicht das Gesicht verlieren. Wie auch immer – die Sache war nun vorbei, Diandra bezahlte uns unsere Stunden und bedankte sich. Wir ließen
ihr unsere Visitenkarten und Telefonnummern da, falls sich etwas ändern sollte, und gingen dann wieder zum Alltag über. Es war die bislang laueste Saison für unsere Firma.
Einige Tage später trafen wir Devin auf

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