Absolut WILD - Kleiner Affe, großes Chaos
wir alle mal so richtig entrümpeln sollten. Was das angeht, seid ihr mir wirklich weit voraus!«
Tori ging zu dem Tisch, auf dem Zoes umfangreiche Nagellack-Sammlung stand, schob die Fläschchen mit den Händen zusammen und beförderte sie mit einem lauten Rums in den Mülleimer. Zoe richtete sich erschrocken auf.
»Was machst du da?«
»Entrümpeln«, sagte Tori.
Als Zoe entgeistert nach Luft schnappte und zu protestieren begann, riss Tori das Fenster auf, ging zum Schrank und raffte einen Arm voll Kleider zusammen. Ich beobachtete halb schockiert, halb begeistert, wie sie die Klamotten aus dem Fenster warf. Sie segelten durch die Dunkelheit und fielen auf das Trampolin im Garten.
»Mama!«, schrie Zoe und rannte zur Tür. »Tori ist verrückt geworden!«
»Fang!«, rief Tori und warf mir grinsend einen Schwung von Zoes Plüschhasen zu.
Jetzt ging es erst richtig los. Während Zoe nach ihrer Mutter rief, flogen die Hasen in hohem Bogen aus dem Fenster. Dann zogen Tori und ich kichernd den lila Bettbezug und den Kissenbezug ab und warfen auch sie hinaus. Sie schwebten im Mondlicht wie bunte Fallschirme zu Boden.
»Was um alles in der Welt ist hier los?«
Mrs McGuigan stand atemlos in der Tür, und Zoe versteckte sich wimmernd hinter ihr.
»Das war Zoes Idee, Mrs McGuigan«, sagte Tori und beförderte mehrere zusammengestülpte pinkfarbene Sockenpaare zielgenau in die Dunkelheit. »Sie meint, sie wäre ohne den ganzen Krempel viel besser dran. Also haben wir gedacht, wir helfen ihr.«
»Aufhören!« Mrs McGuigan sah aus, als würde sie jeden Moment überschnappen. »Auf der Stelle! Ich –«
»Nein! Nicht meinen Schlafanzug!«, heulte Zoe. »Nicht meine Hasen!«
»Gordon!«, kreischte Mrs McGuigan und lief auf dem Flur auf und ab wie ein wild gewordener Tiger. »Gordon! Ruf sofort Anita und Andy an!«
Zoes Vater kam mit dem Telefon in der Hand die Treppe hochgedonnert. »Andy? Hörst du mich, Andy? Komm sofort her und hol deine Töchter ab, bevor sie mein Haus komplett auseinandernehmen!«
Mir gefror das Blut in den Adern, als mir plötzlich klar wurde, was für einen Ärger wir bekommen würden. Tori hielt kichernd eine Blümchen-Unterhose von Zoe in der einen und ein winziges rosafarbenes Federmäppchen in der anderen Hand. »Uns bleibt nicht mehr viel Zeit, bis wir für immer Hausarrest bekommen«, sagte sie mit einem irren Funkeln in den Augen. »Aber sag mal, kann man überhaupt Hausarrest bekommen, wenn man gar kein Haus mehr hat? Also, ich würde sagen, wir lassen es drauf ankommen und werfen Zoe auch noch aus dem Fenster!«
Am Freitagmorgen saßen Tori und ich in dem grün gestrichenen Büro von Mrs Duvall, der Beratungslehrerin unserer Schule. Sie sah uns voller Verständnis und Mitgefühl an.
» Natürlich seid ihr völlig durcheinander, weil ihr euer Haus verloren habt«, sagte sie mit ihrer rauchigen, hypnotischen Stimme. »Habt ihr schon mit jemandem darüber geredet? Habt ihr mal eure Gefühle rausgelassen?«
Eigentlich hatten wir unsere Gefühle bei den McGuigans ziemlich gut rausgelassen, fand ich. Und danach gleich noch einmal, als Papa uns zur Schnecke gemacht hatte, weil wir Zoes Familie gegenüber so undankbar gewesen waren.
Mrs Duvall wendete sich meiner Schwester zu. »Wie ist es mit dir, Tori?«
Tori hatte diesen besonderen Ausdruck in den Augen, der mir verriet, dass sie mal wieder das Drehbuch ihrer Lieblingsfolge von Doctor Who im Kopf aufsagte. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Mrs Duvall auch nur ein Wort aus ihr herausbekommen würde.
»Es muss sehr verstörend für euch sein, dass ihr im Moment kein richtiges Zuhause habt«, säuselte Mrs Duvall weiter.
»Es ist wirklich schrecklich, Mrs Duvall«, pflichtete ich ihr bei. »Wir haben uns gestern bei Zoe entschuldigt, als Papa uns abgeholt hat, aber sie hat überhaupt nicht zugehört. Ihr Lieblingshase ist nämlich im Teich gelandet.«
Mrs Duvall machte sich in klitzekleinen Buchstaben Notizen. Wahrscheinlich schrieb so etwas wie: Die Wild-Zwillinge sind durchgedreht und haben den Verstand verloren. Taya faselt Unsinn über Hasen und Teiche, und Tori ist so fertig, dass sie gar nicht sprechen kann.
Nachdem sie den Stift weggelegt hatte, sah Mrs Duvall uns wieder an. Tori hatte inzwischen die Augen geschlossen, und ihre Lippen bewegten sich. Wahrscheinlich war sie gerade an einer spannenden Stelle angekommen.
»Erzählt mir, was passiert ist«, sagte Mrs Duvall.
»Unser Haus ist abgebrannt«, erklärte
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