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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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seiner Erinnerung nach sein müsste, lag in der Mitte des Nationalparks Karoo, der fast zehn Jahre vor den betreffenden Ereignissen gegründet worden war. Eine Unmöglichkeit nach der anderen. An einem Nachmittag fuhr er hoch hinauf ins Nuweveld, konnte aber nichts finden, das mit seinen Erinnerungen übereinstimmte. Es gab keine Gebäude, nur Akazien und eine Horde Paviane, die von den Felsklippen herabregneten, ein Ascheregen. Stellenweise sah die unbefestigte Straße so aus, wie er sich an sie erinnerte, und dann bog er um eine Kurve und hatte einen neuen Ausblick vor sich, der seiner Erinnerung von dem Ort so gar nicht entsprach. Wenn der Begräbnisplatz je gefunden werden sollte, dann nicht von ihm.
    In seinem Kopf hatte er einen Raum eingerichtet, in dem derartige Informationen leben konnten. Bernard lebte dort und nun auch seine Tante. Auch Teile von Sam lebten dort.
    Heimat war ein Ort, an dem er sein wollte und an dem er, wie er wusste, nicht mehr bleiben konnte. Die Sonne war zu nah, die Erde zu trocken, das Land selbst viel zu vertraut, ein Terrain, das Geschichten erzählte, an die er sich nicht erinnern wollte, Geschichten über sich selbst und seine Vergangenheit und das Leben, das er geführt haben könnte.
    Er würde Sarah alles über seine Vergangenheit und seine Eltern erzählen. Er würde nichts verstecken, damit es nichts zu verstecken gab. Er würde ihr von Bernard erzählen, alles über ihn, was er getan hatte und wie es sich angefühlt hatte.
    Er würde ihr unmöglich irgendetwas erzählen können.
    Eines Tages würde er ihr alles erzählen.

SAM
    Sonntag. Als ich bei ihrer Pension ankomme, wartet Clare draußen auf der gelben Veranda vorn gegen eine der weißen Säulen gelehnt. Die Sonne wird vom blassgrün gestrichenen Metalldach reflektiert. Sie sieht jünger aus, fast so wie vor zwanzig Jahren auf der Veranda ihres alten Hauses.
    »Weil es ein schöner Tag ist, habe ich gehofft, wir könnten einen Spaziergang machen«, sagt sie, steigt hinunter auf die gekieste Parkfläche vorm Haus und nimmt meine Hand, als wäre ich ein Galan, der sie zu einem Date abholt. »Was wir zu sagen haben, ist nicht dafür bestimmt, aufgezeichnet zu werden. Stimmen Sie zu?«
    »Ja. Heute ist nicht für das Buch.«
    Wir wenden uns nach Westen, gehen an der Universität vorbei in die Stadt zurück. Clare bewegt sich erstaunlich flink und ich habe manchmal Mühe, mit ihr Schritt zu halten. Bei Ryneveld biegen wir nach Süden ab, wie ich gestern, und Clare holt sich in einem Café Kaffee und Gebäck. »Ich lerne mich zu verwöhnen«, sagt sie. »Ich denke, das ist in meinem Alter nicht so schlecht. Mein Sohn sagt, ich sei zu dünn und sollte mehr essen. Er hat nicht vorgeschrieben, was ich essen sollte.«
    Als wir uns der Kreuzung Dorp Street nähern und einen Moment lang vor einem alten weiß getünchten Haus mit einem einzigen eleganten Giebel über der Tür stehen, danke ich ihr für den Text, den sie mir gestern gegeben hat. Ich weiß nicht, wie ich ihn sonst bezeichnen soll, also spreche ich von ihm als dem Brief, ihrem Brief an Laura.
    »Brief, ja«, sagt Clare, »es ist so etwas wie ein Brief. Eher die Hälfte eines Tagebuches, das ich seit Ihrer Ankunft vergangenen August geführt habe. Ihr Kommen war der Auslöser.«
    »Natürlich muss Laura tot sein. Schließlich sagen Sie das selbst im Buch.«
    »Die Vernunft würde das sagen. Kein Kontakt, kein Wort, kein Zeichen – kein natürliches Zeichen jedenfalls. Es gibt ein anderes Ich, von Albträumen heimgesucht, das nicht so überzeugt ist – dieses Ich misstraut den Gewissheiten, klammert sich immer noch an die Hoffnung, dass es geheimnisvolle Dinge zwischen Himmel und Erde gibt. Wunder und Wiederauferstehungen und Geistererscheinungen. Doch wir weichen dem Hauptpunkt des Briefes aus. Waren Sie nicht überrascht, dass ich von Anfang an wusste, wer Sie waren?«
    »Bei all unseren Zusammenkünften haben Sie sich das nie anmerken lassen. Schrecklich lange haben Sie so getan, als wäre Ihnen nicht einmal bewusst, dass ich Südafrikaner bin. Also ja, ich war sehr überrascht.«
    »Das war grausam von mir, ich weiß. Aber Sie haben ja auch gewissermaßen ein Spiel gespielt, sich nicht in die Karten blicken lassen, oder wenigstens haben Sie das geglaubt. Sie ahnten ja nicht, dass ich diejenige war, die das Spiel bestimmte.«
    »Ich glaube wirklich, dass vielleicht alles leichter gewesen wäre, wenn einer von uns gleich etwas gesagt hätte.«
    »Vielleicht wäre

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