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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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spekulieren.
    »Ja. Den Reichen ist es egal, was zwei Ladys tun. Tut mir leid, dass Sie es erwähnenswert fanden«, sagte Clare und lächelte auf ihn herunter und sie erkannte an seinem Zusammenzucken, dass sie kleinlich gewesen war. Er hatte nur weltmännisch sein wollen, ein Kosmopolit.
    Clare war darauf gefasst, dass der Einbruch in ihr Haus und der darauffolgende Umzug Schlagzeilen machen, in den Nachrichten und nächtlichen Radiosendungen auftauchen würde, dass man etliche Wochen lang immer wieder darauf zurückkommen würde. Es gab nicht viele nationale Berühmtheiten und sie zählte sich gern dazu. Sie glaubte, die Medien würden sich ein Vergnügen daraus machen, den augenscheinlichen Rückzug einer Befürworterin einer offenen Gesellschaft in eine Festung persönlicher Sicherheit mit hämischen Kommentaren zu versehen. Reporter würden langweilige Aktualisierungen vom Platz vor ihrem neuen Haus aus liefern. Leitartikel würden darüber spekulieren, ob sie ein Gewehr in ihrem Besitz habe, und nahelegen, dass man die Angelegenheiten seines eigenen Hauses kennen sollte; Gewehre seien rückschrittlich. Marie hatte möglicherweise einen der Einbrecher getötet, aber es war nicht mit Sicherheit zu erfahren. Soweit Clare wusste, war niemand in einem der Krankenhäuser aufgetaucht und hatte über Schusswunden geklagt, die zum Kaliber von Maries eleganter kleiner Waffe passten – aber die Polizei hatte sich schließlich auch nicht bei ihr gemeldet, um ihr das oder das Gegenteil mitzuteilen.
    Tatsächlich blieb Clares Umzug unbemerkt. Aber falls die Presse sich doch noch bei ihr melden sollte, wusste sie schon, was sie sagen würde:
    »Um meine Festung beneidet mich der Präsident; er sagt, alle alten Damen sollten so viel Glück haben. Er rechnet damit, dass ich hier sterbe. Halten Sie das für eine versteckte Drohung oder eine Würdigung? Ein Schuldeingeständnis? Keine Sorge, die Festung wird mich schützen. Ich habe kein Gewehr in meinem Besitz, obwohl ich damit umzugehen weiß. Das ist das Erbe des Lebens im Grenzland, dass man weiß, wie man mit einem Gewehr umgeht und es benutzt, dass man weiß, was ein Gewehr anrichtet. Haben Sie schon mal mit einem Gewehr geschossen? Nein? Eins in der Hand gehabt? Nein. Oh, es hat mal einer ein Gewehr in Ihr Haus mitgebracht, aber er war Gast, ein Polizist, und er hat es entladen und oben auf den Kühlschrank gelegt, um alle zu beruhigen, während sie zu Abend aßen, als ob es das tatsächlich tun würde. Nein, das ist nicht das Gleiche, wie sich in der Handhabung eines Gewehrs auszukennen, was ich sehr wohl tue. Das unsere war in einem Safe im Fußboden versteckt. Mein Vater lernte als Junge mit dem Gewehr zu schießen. Sein Vater, mein Großvater, war Farmer und hielt es für vernünftig, dass seine Söhne wussten, wie sie sich im Busch verteidigen konnten. Er brachte meinem Vater und seinen Brüdern das Schießen bei, und als sie Männer geworden waren, lehrten sie meine Schwester und mich und meine Cousinen zu schießen, zarte englische Mädchen, die Gewehre schulterten, die fast so lang waren wie sie selbst. Zunächst zielten wir auf nichts, das übliche Nichts (Büchsen, Flaschen, Bäume), dann ermunterte man uns, schrecklichere Ziele ins Visier zu nehmen. Das Erste, was ich mit einem Gewehr tötete, war das Pferd meiner Cousine, weil sie nicht töten konnte, was sie geliebt hatte. Für die Männer war es bloß das Pferd meiner Cousine und es war verletzt – ich kann mich nicht mehr an die Art der Verletzung erinnern – und man konnte nichts mehr für es tun und das sollte nun meine Einführung in das Töten sein, dachten sich unverantwortlicherweise mein Großvater, Onkel und Vater. Es brauchte fünf Schüsse; ich habe anfangs so schlecht gezielt. Die ersten beiden schlugen weit entfernt vom Kopf ein und ich hatte meinem Vater fast in den Fuß geschossen und das arme Pferd musste erst wieder beruhigt werden und dann noch drei Schüsse, bis es tot war. Sie hätten mich zuerst einen Hund töten lassen sollen, weil ein Hund nur ein Hund ist, er erniedrigt sich stündlich, aber ein Pferd ist etwas Höheres als ein Mensch. Es glich dem Töten eines Gottes mehr als dem Töten eines Tieres und ich tat es ungeschickt. Was richtet das in einem Kind an? Heute würde man meinen Vater ins Gefängnis stecken wegen Kindesmissbrauch oder -gefährdung, doch damals glaubte er, mich in den Sitten unseres Landes zu unterrichten. Er war ein Mann des Gesetzes. Wie sollte er wissen,

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