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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Beute für den Jäger. Doch wem gelänge es erst einmal über die Mauer zu kommen? Das Haus selbst war im Inneren zweifellos großartig und Clare konnte sich vorstellen, dass sie sich darin wohlfühlen würde. Da es genug Raum für Marie und einen richtigen Verwaltungstrakt gab, könnte sich Clare ganz aus allen äußeren Belangen heraushalten, wenn sie das wünschte. Es gab auch einen ausgedehnten Garten und hinterm Haus keine Nachbarn, nur die Hänge des Bergs und gelegentlich Wanderer auf seinen Pfaden – und die würden bestimmt nicht versuchen, über ihr lebensgefährliches Efeu zu klettern. Die Bäume waren groß genug und die Mauer selbst so hoch, dass keine Gefahr bestand, beobachtet zu werden, noch nicht einmal draußen, wenn sie im Pool schwamm, außer vielleicht vom Nachbarn auf der einen Seite. Dennoch missfiel ihr der Gedanke, dass sie für ihr Eingesperrtsein bezahlen sollte, dafür, dass sie von einem Wachdienst beobachtet wurde, der höchstwahrscheinlich seine Beobachtungsdaten einer Regierungsstelle übergeben würde, oder noch schlimmer, einem Unternehmen, das minutiöse Berichte über ihre täglichen Gewohnheiten sammeln würde, über die bevorzugten Nahrungsmittel, ihren Alkoholkonsum, wann sie schlafen ging und aufstand, um dann diese Daten an andere Unternehmen zu verkaufen, die ihre Waren vermarkten wollten, Waren, produziert von den Frauen, Töchtern und Schwestern der kleinen Einbrecher, gegen die sie sich durch Anheuern des Wachdienstes schützen wollte. Es gab keinen Schutz vor dem Gang der Geschichte.
    Marie war entzückt. Die Fenster waren mit ferngesteuerten Metallrollläden ausgestattet, hergestellt von einer Firma mit dem Namen Tribulation, Kummer; wenn man sie nachts herunterließ, waren die Hausbewohner in einem Stahlkerker eingeschlossen. Es gab ein Spezialbelüftungssystem mit einem Reservegenerator. Was würde im Fall eines Feuers oder eines elektrischen Kurzschlusses geschehen? Wäre ein Entkommen möglich? Die Alarmanlage konnte so eingestellt werden, dass ihre Schlafzimmer und Bäder nachts ausgenommen waren, während Bewegungsmelder im übrigen Haus auf etwas so Unschuldiges wie ein zusammensackendes Kissen auf einer Couch oder eine die Wand entlangkriechende Spinne reagieren würden.
    »Wenn die Alarmanlage scharf gemacht ist«, sagte der Mann, »darf nichts herunterfallen, darf sich nichts bewegen oder Sie haben die Burschen im Handumdrehen hier. Die garantierte Reaktionszeit beträgt maximal fünf Minuten, aber sie sind hier gleich um die Ecke, da wären es für Sie eher zwei Minuten. In zwei Minuten kann nicht viel passieren. Sie können also nachts schlafen gehen und sich gut und sicher fühlen.«
    Clare fragte sich, ob der Immobilienmakler, blond und fett, wie er war, wusste, was wirklich in zwei Minuten geschehen konnte. Alles war möglich in zwei Minuten, doch vielleicht verloren die zwei Minuten mit einem Alarmknopf an Bedeutung, weil die Reaktion immer schon unterwegs war, die Hunde immer scharf waren auf Akkusäureblut und nach Orangendesinfektionsmittel riechende Haut. Sie stellte sich vor, dass der Makler, sie wollte ihn Hannes nennen, eine Frau und eine Tochter hatte und dass er erst kürzlich bei einer schrecklichen Gelegenheit Anlass gehabt hatte, sich Sorgen um die beiden zu machen – auch Sorgen darum, was zu allem entschlossene Eindringlinge ohne Gewissen, ohne moralische Prinzipien, anrichten könnten.
    Als sie den Kaufpreis hörte, war der erstaunlich, obwohl sie ihn locker erübrigen konnte. Sie hatte sich nicht über den Immobilienmarkt auf dem Laufenden gehalten und dachte noch immer in Marktpreisen von vor fast fünf Jahrzehnten, als sie und ihr Mann jenes schutzlose Haus in der Canigou Avenue gekauft hatten, ihr Haus mit einer klaffenden Wunde in der Wand des großen Schlafzimmers. Sie fragte sich, ob dem Makler ihr Name etwas gesagt hatte. Es war wahrscheinlicher, dass er nicht las und dass ihm nicht gefallen würde, was er zu lesen bekäme, würde er eins ihrer Bücher aufschlagen.
    »Ihr zwei Ladys werdet hier sehr sicher sein. Und es ist ein Viertel, wo den Leuten egal ist, was zwei Ladys tun, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    Marie sah Clare an. Es gab keinen Grund, warum sie sein Missverständnis aufklären sollten. Clare hatte sich nie anders als feminin gesehen, wenn auch feminin in anderthalbfacher Lebensgröße. Aber ebendiese Größe veranlasste Männer – und soviel sie wusste, auch andere Frauen – über ihre sexuelle Veranlagung zu

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