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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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gut.«
    »Warum dann nachts fahren?«
    »Weniger Verkehr. Aber natürlich gefährlicher. Überfälle. Und was passiert, wenn ein Reifen platzt? Dann sitz ich in der Scheiße. Ist noch nie passiert, aber wenn, dann Gnade mir Gott, kann ich dir sagen, du weißt, was ich meine? Darum nehme ich immer Tiger mit.«
    »Und dein Junge?« Sam schlief wieder ein, seine Arme schnürten dir die Taille ein, den Kopf hatte er unter deine Brust geklemmt.
    »Ach, er hat sich wohl dran gewöhnt.«
    »Nicht so einfach.«
    »Naaaa. Es gefällt ihm«, sagte er, wie ein Mann, der versichert, einer Frau würde es Spaß machen, verprügelt zu werden. »Hast du Kinder?«
    »Nein.«
    »Einen Mann?«
    »Ich fahre zu meiner Mutter. Sie wohnt in der Nähe von Ladybrand. Von ihrer Hintertür aus kann man die Malotis-Gipfel sehen.« Ich weiß, dass du das gesagt hast, da bin ich mir sicher, ich als Ausrede, als Ziel der Reise. Doch ich habe nicht im Entferntesten in der Nähe von Ladybrand gewohnt. Ist es kleinlich von mir, wenn ich denke, dass ich immer eine bequeme Ausrede für dich gewesen bin?
    »Ich nehme dich bis Port Elizabeth mit, aber von dort musst du allein weiterkommen.« Bernard fing an, einen weiteren Song mitzusummen, eine Frau beklagte darin den Verlust von drei Ehemännern. Er kannte ihn auswendig, kannte jede Note schon im Voraus, konnte nicht widerstehen, den Text mitzusprechen, dann selbst zu singen. »Deine Mutter weiß, dass du kommst?«
    »Ich rufe sie bei unserem nächsten Halt an.«
    »Das heißt, wenn die Telefone funktionieren.«
    Mein Biograf gibt vor, jetzt Amerikaner zu sein, aber an ihm ist etwas Unfertiges, das mir vertraut ist wie mein eigener Atem. Natürlich habe ich Sam sofort erkannt. Vielmehr: In Amsterdam habe ich ihn halb erkannt und in den darauffolgenden Wochen wurde mir klar, dass mein Gedächtnis mich nicht trog. Wie könnte ich vergessen? Ihm gegenüber gebe ich das nicht zu, wenn er so unruhig vor mir sitzt, auf der Couch in meinem Arbeitszimmer hin und her rutscht, mit schweißfeuchten Händen in diesem Zimmer, das ich immer kühl halte. Es wäre gelogen zu behaupten, ich würde über unsere Verbindung schweigen, weil ich ihn quälen will. Das ist nicht meine Absicht. Um die Wahrheit zu sagen, habe ich entsetzliche Angst davor, was noch ans Licht kommen könnte.
    Nenne es also, meine liebe Tochter, meine Laura, eine Art Entschädigung – dass ich Sam einlasse, zu guter Letzt, viel später, als es angebracht gewesen wäre. Ich bin in so vielerlei Hinsicht säumig gewesen, habe mich vor so vielem anderen gefürchtet. Wenn ich ihn einlasse, hilft mir das vielleicht zu verstehen, warum du getan hast, was du getan hast.
    Doch während die Tage vergehen und er immer bohrendere Fragen stellt, fange ich an, ganz allmählich, die Tragweite dessen zu begreifen, was ich damit angerichtet habe, dass ich Sam gestattet habe, herzukommen und als Richter vor mir zu sitzen, als mein Revisor, Interviewer und Elegiendichter. Ich habe meinen eigenen Richter berufen, vielleicht sogar meinen eigenen Scharfrichter – der mir zwar nicht das Leben nimmt, aber den Mut und Elan sowie die Gewissheit. Es ist Gift für mich, dass ich mich ihm erklären muss, doch darauf habe ich mich eingelassen – diesen Fehler habe ich gemacht, weil ich beeindruckt von ihm war, weil ich jemanden wiedererkannt habe, den zu vergessen ich mich hätte zwingen sollen, um meinetwillen. Ich hätte ignorieren sollen, welche Bedürfnisse er haben, was meine Pflichten ihm gegenüber, real oder eingebildet, hätten sein können und wie die Rechnung zu begleichen wäre. Was braucht er denn? Ich spüre, dass es nicht nur eine Sache ist. Ich möchte sagen: Was erlauben Sie sich? Und weiß, dass ich es nicht kann, weil dieses ganze Umgraben alten Bodens, in der Hoffnung, eine Mohnblume könnte zum Vorschein kommen, meine Idee gewesen ist. Ich habe es gewollt, ich habe ihn bestätigt und das bedeutet, dass er durch mich nicht nur herbeigerufen, sondern auch autorisiert wurde. Ich will nicht zu denen gehören, die einladen und dann die Konsequenzen dieser Gastfreundschaft nicht tragen wollen. Er ist mein Gast und ich seine Geisel. Ich habe ihn in mein Leben eingeladen, weil ich neugierig war, weil ich törichterweise dachte, zu meinen Bedingungen hieße unter meiner Kontrolle . Aber er kommt immer aus mehr als einer Richtung. Er weiß selbst nicht, was er von mir halten soll. Vermutlich liegt darin eine Macht, aber ich bin zu erschöpft für ein

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