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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Kritik und auch meinen Mangel an Urteilsvermögen zu verkraften.
    In jenem letzten Brief an mich hast du geschrieben: Ich hoffe für dich, dass es dir gut geht. Stimmt das? Hast du dir wirklich in diesen wenigen furchtbaren Tagen Sorgen um meine Gefühle, mein Wohlergehen gemacht? Abgesehen von dir, hast du dir nicht die allerwenigsten Gedanken gerade um mich gemacht?
    Nein, das ist unfair.
    Ich weiß, dass du nie mit den von mir getroffenen Entscheidungen einverstanden gewesen bist , schriebst du, oder mit dem Leben, das meine Aktivitäten von mir verlangten. Aber ich bereue nichts. Ich habe getan, was ich tun zu müssen glaubte.
    Ich wusste das alles. Du hättest es mir nicht zu sagen brauchen.
    Während Bernard fuhr und zur Musik im Radio mitsummte, vergaßt du einen Augenblick lang, was dich bis hierher gebracht hatte. Du starrtest dich im Rückspiegel an und stelltest dir dabei Auseinandersetzungen mit ihm vor. Du erschlugst ihn, als er dich zu vergewaltigen versuchte, und dann flohst du mit dem Kind in die Wildnis, lebtest von dem, was der Busch hergab, verließt die schlafwandelnde bürgerliche Gesellschaft für die Wachheit des Eremitenlebens. Du würdest diesen Jungen aufziehen, Sam – Samuel würdest du ihn nennen und ihn dadurch zum neuen Menschen machen –, allein in einer Höhle, würdest ihm die Welt erklären, ihn die Namen und die Verwendung von Pflanzen lehren, auch wie man Eier stiehlt und Vögel fängt und die beste Art, sich in der Landschaft unsichtbar zu machen. Oder vielleicht würde es dir nicht gelingen, Bernard zu überwältigen, und er würde dich in seiner eigenen entlegenen Festung einsperren und dich ein anderes Vokabular der Macht lehren, bis du flohst, eine Schlangenprophetin, die in den Mund des Manns eindrang, als er schlief, und ihn von innen aufzehrte, beginnend mit dem Herzen.
    Die Schallwelle war so stark, dass der Lkw von der Straße abkam und auf den unbefestigten Randstreifen geriet. Bernard umklammerte das Lenkrad, steuerte zurück auf den Asphalt, als ein lang gezogener Donner durch den Laster dröhnte und an den Fenstern rüttelte. Tiger heulte auf und Sam schreckte hoch und klammerte sich an deine Taille. Du spürtest, wie die Haare auf deinem Körper zitterten und sich einzeln aufrichteten. Sams Hände auf dir waren heiß und du versuchtest ihn wegzustoßen, doch er hielt fest, stumm vor Angst.
    Bernard versuchte wieder zu Atem zu kommen, während ein Mann durch den Radiolautsprecher jaulte: pure love, it’s pure love, it’s our love, baby, my love .
    »Verdammt. Das muss das Elektrizitätswerk gewesen sein. Oder das Gaswerk. Schaut mal den Himmel an.«
    Hinter euch glühte ein orangerotes Feuer am Horizont. Es strahlte einzelne Bäume an, die an den Berghängen standen, und die zerzausten Wipfel des dichten Waldes entlang des Highways.
    Tiger presste sich gegen Sam, der sich duckte und wimmerte und sich seinerseits fester an dich klammerte. »Die ganze Küste wird im Dunkeln liegen. Bis Sonnenaufgang wird es nicht sicher genug sein, um haltzumachen.«
    An der nächsten Kreuzung war die Straßenbeleuchtung erloschen und ein verlassenes Auto brannte, Flammenzungen sprangen in die Luft und steckten die Bäume in Brand. Zehn Minuten später kam eine Karawane von Krankenwagen und Feuerwehrautos mit heulenden Sirenen vorbei und aufblitzende Lichter erfassten die Bäume zu beiden Seiten der Straße. Bernard nahm das Gas weg und fuhr an den Rand, um den Konvoi vorbeizulassen.
    Es hatte schon ähnliche Explosionen gegeben, andere Sabotageakte – du und Bernard wusstet beide, was diese Explosion bedeutete, obwohl dein Wissen vollständiger war als seines.
    »Vielleicht nur ein Unfall«, sagtest du.
    »Darauf würde ich keine Wette eingehen. Wir werden es morgen in den Zeitungen sehen.«
    »Auf die Zeitungen würde ich mich nicht verlassen.«
    »Du bist doch nicht etwa eine von diesen Sympathisanten?«
    »Nein. Kein Sympathisant«, hast du gesagt und gewusst, dass du wach bleiben solltest, während er fuhr, Radio hörend und auf Nachrichten wartend, die nie kamen, während weitere Konvois von Krankenwagen und Feuerwehren vorbeifuhren, abgesandt von der nächstgelegenen Stadt und anderen Nachbarorten.
    Bernard schnalzte mit der Zunge. »Wenn es die sind, kannst du drauf wetten, dass sie noch anderswo zuschlagen. Gut, dass ich einen vollen Tank habe. Wir kommen hin, bis es hell wird. Kannst du munter bleiben und die Straße im Auge behalten? Manchmal sehe ich im Dunkeln nicht so

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