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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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Kleidung weiterhelfen. Das Einzige, was ich weiß, ist, wie sie gerochen haben.«
    »Wie sie gerochen haben, Madam?« Ms White wandte sich von den Häftlingen zu Clare um, schaltete das Licht aus und ließ die Verdächtigen im Dunkeln stehen. »Sie haben nie von einem Geruch gesprochen. Glauben Sie zu wissen, wie sie gerochen haben? Das könnte hilfreich sein.«
    »Sie haben nach Desinfektionsmittel gerochen«, sagte Clare. »Mit Orangenduft. Industriereiniger.«
    »Die Einbrecher waren Industriereiniger?«
    »Nein. Um Himmels willen. Sie haben nach Industriereinigungsmitteln gerochen. Nach Lösungsmitteln. Keine Ahnung. Ich würde den Geruch wiedererkennen. Er war deutlich, deutlich unangenehm.«
    »Aber das ist ein wesentlicher Schritt nach vorn, Madam«, sagte Ms White. »Warum haben Sie uns nie gesagt, dass Sie die Einbrecher riechen konnten? Kommen Sie bitte mit.«
    Ms White führte Clare aus dem Raum, zurück in den Korridor, um eine Ecke und eine weitere Ecke und in ein Labor neben der Tür zum Gegenüberstellungsraum. Einige Männer in weißen Kitteln, Männer, so verschieden und unspezifisch wie die bei der Gegenüberstellung präsentierten, ihnen so ähnlich, dass es dieselben Personen in anderer Verkleidung hätten sein können, blickten mit ausdruckslosen Gesichtern auf, als ob ihnen routinemäßig alte Frauen zu nachtschlafender Zeit ins Labor gebracht würden. Ms White bedeutete Clare, sie solle sich auf einen Hocker bei der Tür setzen. Nach einer Weile kam ein junger Mann herüber und bot ihr eine Reihe von Riechproben in Fläschchen.
    »Das hier?«
    »Nein.«
    »Das?«
    »Nein.«
    »Das?«
    »Etwas näher, ja.«
    »Das?«
    »Ja, das ist es. Aber …«
    »Ah. Moment«, sagte er und suchte in seinem Fläschchenregal.
    »Dieses hier?«
    »Ja. Definitiv. Das ist es.«
    »Lady Grove.«
    »Lady Grove?«
    »Lady Grove. Der Freund der Hausfrau . Haben Sie die Werbung nicht gesehen?«, fragte der Mann. Er summte einen Calypso-Jingle und tat ein paar schlurfende Tanzschritte, ließ die Hüften kreisen und die Arme zu Zweigen werden. »Lady Grove«, sang er und schüttelte den Kopf, als würden sogar Blinde und Taube das kennen.
    »Ich sehe nicht fern«, log Clare.
    »Doch kein Industriereinigungsmittel«, sagte Ms White und schnalzte mit der Zunge. »Ein Haushalts reiniger. Aber Madam weiß das natürlich nicht. Madam kennt sich nicht aus mit Haushaltsreinigern. Sie hat noch ein Hausmädchen, das sie bestimmt auch Hausmädchen nennt.«
    »Sie kommt nur ein paarmal wöchentlich«, protestierte Clare. »Marie und ich putzen zum größten Teil selbst, nur die schweren Arbeiten, die Fenster …«
    Aber Ms White hatte Clare schon untergehakt und sie in den Korridor zurückgeführt, um eine Ecke und noch eine Ecke und in ein leeres Wartezimmer. »Ich komme gleich zurück, Madam. Bitte warten Sie, Madam.«
    »Ich möchte nach Hause. Ich habe mit Ihnen kooperiert, Ms White. Ich finde, dass ich außerordentlich kooperativ gewesen bin angesichts der Umstände, ganz zu schweigen von der Tageszeit. Darf ich Sie daran erinnern, dass nicht ich die Verbrecherin bin?« Clare überraschte sich dabei, dass sie Tränen wegwischte. Die Wunde an ihrer Hand verschmierte Blut in ihrem Gesicht.
    »Nicht die Verbrecherin? Nein. Natürlich nicht, Madam. Was für eine Idee. Was für eine törichte Äußerung. Sie hatten das Pech , Opfer zu sein. Und das ist eine sehr ernste Sache, obwohl manche sagen würden, dass die Opferrolle eine Art Verfehlung ist. Manche würden sagen, Sie hätten vorsichtiger sein sollen, wie Sie es jetzt ja sind, in ihrem schönen, sicheren Haus. Keiner sollte Opfer sein wollen. Bitte warten Sie hier. Ich bin gleich wieder da.«
    Es war Jahrzehnte her, dass man Clare allein in einem Wartezimmer hatte sitzen lassen. Das letzte Mal hatte sie in einem Krankenhaus auf ihre Eltern gewartet, die ihre älteste Tochter und ihren Schwiegersohn ansehen sollten oder das, was von ihnen übrig war. Es war zu erwarten gewesen, dachte sich Clare, dass die Polizei in diesem so lange zurückliegenden Fall zuerst zu ihr gekommen war. Anfangs waren sie höflich genug gewesen, ein Mann hatte sie beim Arm genommen, ganz ähnlich wie Ms White vorhin, und zu einem Sessel in ihrem Wohnzimmer geführt, in jenem Haus in der Canigou Avenue, hatte sie sich hinsetzen lassen, während er vor ihr kniete und ihr in seinem primitiven Englisch erklärte, ihre Schwester sei ermordet worden und dass eine Identifizierung durch ein Familienmitglied

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