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Absolution - Roman

Absolution - Roman

Titel: Absolution - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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wollte sich absichern, dass ihre Schwester unter der Erde war, dass sie nicht irgendwohin ging.
    Als sie nun wieder in einem Wartezimmer mit orangefarbenen Stühlen saß und auf eine Tür und eine Uhr blickte, waren ihre Hände feucht und kalt, eine alte Frau mit nur wenigen Verbündeten in ihrem eigenen Land, eine Fremde selbst im Land ihrer Geburt. Das Verbrechen hatte sie überfallen, die Opferrolle war ihr aufgezwungen worden und als Opfer war sie auf gewisse Weise auch eine Verdächtige.
    Es dauerte Stunden, bis Ms White zurückkam, und Clare war mittlerweile auf ihrem Stuhl eingeschlafen. Die andere Frau räusperte sich und Clare richtete sich auf, entdeckte, dass ihr Mund offen gestanden und eine Speichelspur auf ihrer Hemdbluse hinterlassen hatte. Sie blinzelte zu Ms White hoch und zur Uhr hinter ihr.
    »Entschuldigen Sie, Madam. Ich wurde aufgehalten. Ich habe Sie nicht mehr hier erwartet«, sagte Ms White. »Warum sind Sie nicht nach Hause gegangen?«
    »Wohin sollte ich denn mitten in der Nacht gehen, ohne von Ihnen zurückgebracht zu werden?«
    »Ich bin sicher, Sie hätten nach Hause gefunden. Sie finden sich gut zurecht, oder? Jedenfalls stand es Ihnen die ganze Zeit über frei zu gehen. Ich verstehe eigentlich nicht, warum sie überhaupt mit mir mitgekommen sind, wenn Sie nicht kooperieren wollten«, sagte Ms White beleidigt.
    Clare schaute der Frau in die Augen. Dort war kein Funken Ironie oder Sarkasmus, nur Leere. Wer ist diese törichte Frau, die mich zu nachtschlafender Zeit entführt und stundenlang in einem einsamen Wartezimmer schmoren lässt? Das entspricht doch gewiss nicht der Arbeitsweise der Polizei heutzutage, ganz sicher nicht.
    »Warum haben Sie das nicht gesagt, bevor Sie mich hier zurückgelassen haben?« Clare versuchte, ihre Stimme zu beherrschen, doch ein zorniges Kreischen entschlüpfte ihr.
    »Kein Grund sich aufzuregen, Madam. Ich werde Sie von einem meiner Beamten sofort nach Hause fahren lassen.« Sie kehrte Clare den Rücken zu und beim Weggehen zögerte sie und drehte halb den Kopf um. »Wir haben auch etwas über Lady Grove herausgefunden, diesen nach Orangen duftenden Haushaltreiniger, den Sie an den Einbrechern gerochen haben, wie Sie sagen. Er wird in fast dreitausend verschiedenen Einzelhandelsgeschäften im ganzen Land verkauft, er ist also eineswegs einzigartig. Jeder von uns könnte nach Lady Grove riechen.«
    »Aha.«
    »Ja. Sie würden uns demnach wohl alle als Verdächtige bezeichnen, Madam.«
    »Ich kann niemanden als Verdächtigen bezeichnen, weil ich keinen weiteren Beweis liefern kann. Es war Blut auf dem Fußboden, oder etwa nicht? Sie könnten DNA -Tests machen. Es gab ein Autokennzeichen.«
    »Für das Kennzeichen gab es keinen Treffer. Es existiert nicht, dieses Kennzeichen. Vielleicht hat sich Ihre Assistentin geirrt«, sagte Ms White und schniefte.
    »Es ist fast drei Uhr früh. Warum führen wir mitten in der Nacht diese Diskussion?«
    »Weil Sie kein Taxi bestellt haben, wie Sie es hätten tun können, Madam.«
    »Hören Sie auf, mich mit Madam anzureden. Nennen Sie mich bei meinem Namen, wenn Sie mich anreden müssen. Ich bin nicht in der Stimmung dafür. Untersuchen Sie das Blut, das auf meinem Fußboden war. Finden Sie DNA -Übereinstimmungen. Oder auch nicht. Aber lassen Sie mich jetzt in Ruhe. Ich möchte Sie nicht wiedersehen, Ms White, oder von Ihnen hören, wenn Sie keinen sicheren Beweis haben, der einen Verdächtigen mit dem Blut in Verbindung bringt, das überall auf dem Fußboden meines alten Hauses vergossen wurde. Ist das klar?«
    »Völlig, Madam. Sie interessieren sich nur für Blut.«
    Es vergingen Tage oder Wochen, in denen Clare aufhörte, an den Hauseinbruch zu denken, und sich weiter an ihr neues Zuhause gewöhnte, seine typischen Abläufe und Eigenheiten kennenlernte, wie die Tür einer Abstellkammer ins Schloss fiel oder die Dusche im Hauptbad tropfte, wenn die Waschmaschine lief. Sie musste zugeben, dass die ganzen ausgeklügelten Sicherheitsvorkehrungen sie beruhigten, sie aber gleichzeitig ständig über ihre Sicherheit nachdenken ließen, was sie in dem Maße im alten Haus in der Canigou Avenue nicht getan hatte. Wenn es Sicherheit nur zum Preis von Paranoia gab, dann musste man das wahrscheinlich hinnehmen.
    Dann, wieder an einem Abend, als Marie bis spät arbeitete und Korrespondenz erledigte, während Clare die Nachrichten im Fernsehen verfolgte, summte die Gegensprechanlage.
    »Wir haben gute Neuigkeiten, Madam«, sagte

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