Abstauber
Achtermann sammelte sich. »Die Waffe war also weg und zuerst glaubten
wir, jemand hätte sie mit nach Hause genommen, oder der Zeugwart hätte sich verzählt.
Ich glaube, wir bemerkten diesen Verlust noch nicht einmal an dem Tag, an dem uns
klar wurde, dass sie fehlte. Wir gingen davon aus, irgendeiner wird sie schon haben.
Schließlich überlegten wir, wie wir damit umgehen sollten, und beschlossen zu schweigen.
Ich gebe zu, diese Idee kam von mir, denn ich glaubte, ein solcher Fall würde eine
derart schlechte Presse bringen, dass meine Bestätigung als Präsident gefährdet
werden würde. Vielleicht wissen Sie noch, was damals los war: Einige meiner vertrautesten
Mitarbeiter hatten hinter meinem Rücken an meinem Sturz gearbeitet und ein Misstrauensvotum
angezettelt.«
»Vielleicht
hätte Ihnen in diesem Fall Ehrlichkeit besser zu Gesicht gestanden.« Tauner hatte
sich diese Bemerkung erst verkneifen wollen, weil Achtermann so fein gesprochen
hatte und er ihn nicht vor den Kopf stoßen wollte. Er glaubte Achtermann und ärgerte
sich maßlos über diese Dämlichkeit, denn irgendwann musste der Verlust der Waffe
gemeldet werden, es sei denn, man ginge dazu über, bestimmte Leute zu bestechen.
Aber vielleicht hatte Achtermann geglaubt, diesen potenziellen Skandal zu einem
anderen Zeitpunkt besser überstehen zu können, und bestimmt hätte das auch funktioniert,
wenn mit ihr jetzt nicht jemand erschossen worden wäre.
Nun meldete sich der Berater zu
Wort. »Wir hatten gehofft, dass Sie diese Informationen so vertraulich wie möglich
behandeln können, denn zurzeit ist es wichtig, dass keinerlei unnötige Unruhe erzeugt
wird, wenigstens bis zum Ende der Europameisterschaft.«
Tauner überhörte das einfach. »In
welchem Zeitraum ist Ihnen die Waffe abhanden gekommen?«
Achtermann sah erneut nach links
und der Anwalt nickte wieder. »Unser Vereinsvorsitzender hat in den Büchern nachgesehen,
wann das letzte Mal mit ihr geschossen worden ist … Also offiziell. Das war vor
sechs Wochen, den Verlust bemerkt haben wir vor vier Wochen.«
»Schießen bei Ihnen immer nur Vereinsmitglieder
oder haben Sie Besucher dort?«
Achtermann
verzog wieder den Mund, verkniff es sich diesmal, seinen Anwalt anzusehen. »Wir
haben des Öfteren Besuch und, um es mal so auszudrücken, Herr Hauptkommissar, bei
einigen Gelegenheiten haben nicht nur wir auf der Schießbahn geschossen. Sie wissen
ja, insgeheim will jeder mal schießen, die meisten geben es nur nicht zu.«
Tauner verzog
den Mund, sagte aber nichts. Jedes Wort aus Achtermanns Mund schien die Liste von
Verdächtigen um zehn oder zwanzig Namen zu verlängern. »Dann rufen Sie Ihren Vorsitzenden
an und machen ihm klar, er soll eine detaillierte Liste von Namen aufstellen. Und
bitten ihn, dabei keine Auslassung vorzunehmen, keine! Außerdem möchte ich Sie auf
Folgendes aufmerksam machen. Wir sind die Polizei und nicht das Auskunftsbüro für
die Presse. Informationen jeglicher Art werden vertraulich behandelt. Letztendlich
aber wird es irgendjemanden geben, der aus dem Verhalten bei Ihrem Schießsportverein
Konsequenzen ziehen wird, spätestens wenn dieser Mordfall von der Staatsanwaltschaft
zur Anklage gebracht wird. Dessen müssen Sie sich bewusst sein, bis dahin werden
wir uns, soweit es die Ermittlungen zulassen, in Schweigen hüllen. Ganz im Gegenteil
erbitte ich mir von Ihnen Stillschweigen, keine reumütigen Bekundungen vor der Presse
zum Beispiel. Das könnten wir am allerwenigsten brauchen. Jetzt müssen Sie da durch,
ob Sie nun wollen oder nicht.«
Achtermanns
Miene deutete an, dass dies nicht ganz genau das war, was er hatte hören wollen,
doch er war kein dummer Mann und gab sich vorerst zufrieden. »Nun ja, ich hoffe,
ich konnte Ihnen mit dieser Information irgendwie helfen. Sicher können Sie sich
vorstellen, wie wenig Zeit wir haben und zurück nach Polen müssen. Es muss noch
einiges erledigt werden und gerade ich als Präsident des DFB muss überall präsent
sein.« Achtermann sah aus, als wolle er sich erheben.
Das passte Tauner kein bisschen
in den Kram, denn er war hier derjenige, der irgendetwas beendete. Allerdings kam
ihm Uhlmann zuvor.
»Sie besitzen doch einen Waffenschein,
Herr Achtermann?«
Achtermann nickte.
»Sind Sie ein guter Schütze?«
Achtermann hob die Schultern. »Ich
würde sagen, ja.« Jetzt lächelte er verschmitzt. »Meine Trägheit kommt mir da wohl
zugute.«
»Deshalb schieß ich besser als du,
Falk«, sagte Uhlmann
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