Abstauber
für Bärlach nur ein schwacher Trost.
Uhlmann wartete so lange, bis er sich sicher war, dass Bärlach nicht
wiederkam. »Du wolltest ihn loswerden!«
»Sollte ich für ein paar Tage nach
Hamburg fahren?«, fragte Tauner, der damit gerechnet hatte. »Oder du? Wolltest du
das machen? Oder wen sollte ich schicken? Reiber vielleicht? Der wäre bestimmt auf
der Reeperbahn versackt!«
»Red kein Zeug.«
»Wisst ihr, wie mir der Bärlach
vorkommt? Wie der kleine Streber in der Schule. Ist immer der Beste, meldet sich
ständig, möchte beliebt sein, lädt alle zum Geburtstag ein und alle kommen, aber
nur, um sich nachher über ihn lustig zu machen. So einen gibt’s immer. Und in der
Ausbildung ist er der Klügste und Stärkste von allen und ist den Ausbildern nicht
geheuer mit seiner Eifrigkeit. Niemand nimmt ihn ernst, obwohl er sich größte Mühe
gibt, und obwohl er der Beste ist, stecken die ihn in ein Büro und lassen ihn Listen
kopieren oder was weiß ich. Der braucht mal eine Chance.«
Uhlmann grunzte. »Aber leiden kannst
du ihn trotzdem nicht!«
»Weißt du was, Hans? Ich kann ihn
gut leiden und das behagt mir nicht. Ich will niemanden leiden können, nicht einmal
mich.« Das war ihm ernster als es klang.
»Du traust dich nicht, ihm zu trauen!«,
rief Pia, die gerne mal einen psychologischen Ratgeber zur Hand nahm, um andere
zu traktieren. Tauner vermutete, dass sie nur seinetwegen damit angefangen hatte.
»Er kommt vom
LKA, wurde uns mir nichts dir nichts zugestellt und nachdem ihn niemand haben wollte.
Er scheint ein netter Kerl zu sein und vor allem sehr loyal, fragt sich leider nur,
gegenüber wem.«
Das Telefon
klingelte und Pia ging ran. »Ist okay. Auf dem Weg schon? Natürlich, wir können
es kaum erwarten!« Dann legte sie auf. »Wir sollen uns hübsch machen. Der Achtermann
kommt zu uns. Sie sind gerade zum Flughafen gefahren. Er müsse mit dem ermittelnden
Beamten etwas klären, das nicht an die Öffentlichkeit gelangen soll.«
Tauner lehnte
sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Na, da bin ich ja gespannt«,
murmelte er und hätte niemals zugegeben, dass er ein wenig aufgeregt war.
Achtermann wirkte in natura nicht ganz so groß und mächtig wie im Fernsehen;
war auch nicht ganz so leicht, wenn sich ein Uhlmann im Raum befand, wurde fast
alles kleiner. Und offenbar wurde der DFB-Präsident vor seinen Fernsehauftritten
immer gut geschminkt, denn jetzt sah man seinem Gesicht die Sorge und Müdigkeit
an. Man hatte ihn ohne viel Aufsehen ins Polizeipräsidium geschleust und in einen
Beratungsraum gesteckt. Tauner hatte ihn dort, ein wenig nervös auf seine Uhr starrend,
genau fünf Minuten sitzen lassen, ehe er eintrat.
»Herr Achtermann«, sagte er laut
und wuchtete einen Stapel Akten und Papier auf den Tisch, die gar nichts mit Achtermann
zu tun hatten. Dann reichte er dem Mann die Hand. »Hauptkommissar Tauner. Und Sie?«
Tauner betrachtete die Herren, die links und rechts von Achtermann saßen.
Achtermann stellte die Herren vor.
»Das ist mein Anwalt, Herr Klingen, und mein Berater, Herr Sundermann.«
»Und das ist Hauptkommissar Uhlmann«,
sagte Falk, nachdem dieser hinter ihm den Raum betreten hatte, und setzte sich.
»Ich gehe davon aus, dass Sie mit uns über die Waffe aus Ihrem Schießsportverein
reden wollen. Bestimmt sind Sie heute Morgen davon in Kenntnis gesetzt worden, dass
wir nach dem Besitzer dieser Waffe suchen.«
Achtermann nickte und lächelte.
»Nun ja, das ist eine sehr unangenehme Angelegenheit«, begann er. »Diese Waffe ist
uns vor einigen Wochen abhanden gekommen.«
Das hätte ich an seiner Stelle auch
gesagt, dachte Tauner. »Davon ist uns nichts bekannt. Und außerdem gibt es für den
Fall des Verlustes einer Waffe einen standardisierten Meldevorgang und auch von
einem solchen ist uns nichts bekannt.«
Achtermann sah wieder nach links
zu seinem Anwalt, der nickte unmerklich. »Sehen Sie, in einer Position wie meiner
wird man von allen Seiten angegriffen.«
Das muss man sich vorher überlegen,
dachte Tauner und versuchte ausdruckslos auszusehen.
»Die Medien lechzen buchstäblich
nach Skandalen, gerade Schießsportvereine und der Schusswaffenbesitz sind in letzter
Zeit in ein sehr schlechtes Licht gerückt worden. Als die Waffe verschwand, hielten
wir es zuerst für eine Unachtsamkeit. Sie wissen ja, Gewohnheiten schleichen sich
ein, jeder vertraut jedem und viele Dinge werden nicht mehr ganz so …« Der Anwalt
räusperte sich.
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