Abtruennig
ich eine schlechte Durchblutung habe und ich sowieso immer wie ein Eiszapfen herumlaufe.“ Ich hoffte, dass sie mir diesen Schwachsinn abkaufte.
„ Verstehe. Wart ihr schon mal draußen? Ich finde es ja definitiv zu frostig, obwohl die Dekoration im Hof natürlich der Hammer ist.“
Liz nickte. „Es sieht hier alles wirklich klasse aus.“
Colette wandte sich wieder zu mir. „Dein Outfit sieht übrigens ebenfalls ziemlich scharf aus. Vampir, richtig?“ Sie sprach ziemlich schnell, aber sie schien nicht unbedingt nervös zu sein, aufgekratzt, ja, das war eine bessere Beschreibung.
Ich nickte lächelnd. „So was in der Art…“
„ Es fehlen nur noch deine spitzen Eckzähne, aber bei den geilen Kontaktlinsen fällt das eh nicht auf“, gluckste sie sichtlich vergnügt.
Die Fänge habe ich genau genommen immer dabei. „Hm, das nervige Plastikgebiss habe ich im Auto gelassen“, log ich kurzerhand. Lesley drückte meinen Arm.
Colette sah sich um. „Ich lasse euch jetzt auch erst einmal wieder alleine. Entschuldigt, aber ich bin mit jemandem hier. Richard hat mich abgeholt.“
„ Ach, sieh mal einer an.“ Liz stupste ihre Freundin scherzhaft in die Seite. „Hat er dich endlich gefragt, oder wie?“
Colette strahlte übers gesamte Gesicht. „Wahnsinn, oder? Hätte ich nicht mehr mit gerechnet. Deswegen darf ich ihn auch nicht so lange warten lassen. Hier gibt es eine Menge Mädels, die liebend gern mit mir tauschen würden. Wir sehen uns später, okay?“ Sie setzte sich schon in Bewegung, bevor einer von uns beiden darauf antworten konnte. Ich fand sie ziemlich hibbelig, aber trotzdem irgendwie nett.
„ Tja, das war meine besagte beste Freundin, Colette.“ Lesley wandte sich wieder mir zu. „Ein bisschen verrückt, aber vermutlich nicht mehr als ich. Ihr Begleiter ist mit Sicherheit kein Geschöpf der Dunkelheit.“
„ Ich hoffe nicht.“ Ich nahm ihre Hände in meine. „Komm mit, lass uns ein ruhigeres Plätzchen suchen.“ Sie ließ sich bereitwillig von mir durchs halbe Gebäude führen. Wir bahnten uns einen Weg durch mehrere tanzende und grölende Menschengruppen. Es dauerte einen Moment, bis wir endlich wieder nach draußen kamen. Wir landeten in einem kleineren Innenhof, der ebenso reich geschmückt war, wie der Rest, den wir bisher zu Gesicht bekommen hatten. Hier waren deutlich weniger Leute und ich ging davon aus – vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet – dass Lesley die Musik nun besser hören konnte. Eine sanfte, ruhige Melodie schwebte hier durch die Luft und die donnernde Rockmusik geriet mehr und mehr in den Hintergrund. Ich führte Liz in eine noch ungestörtere Ecke. Von Sträuchern und kleinen Bäumen umringt, waren wir fast allein. „Möchtest du tanzen?“ Ich blieb stehen und sah sie an.
Sie schenkte mir ihr hinreißendes Lächeln und ihre Finger suchten nach meinen. „Sehr gerne.“
Unsere Körper näherten sich, bis auf wenige Zentimeter. Ich fühlte ihre Wärme, als sie so dicht bei mir war und unsere Hände verschmolzen miteinander. Wir bewegten uns langsam zu einem gedämpften klassischen Stück, das ausschließlich aus Streichern und Klaviermusik bestand. Ich war mir nicht mehr sicher gewesen, ob ich überhaupt noch zum Tanzen im Stande war, schließlich lag das letzte Mal mehr als ein Jahrhundert zurück. Doch es war bei uns wie bei einem Puzzle, das letzte Stück fügte sich in das Gesamtkonzept ein. Wir waren eins und ich fühlte mich bei ihr so lebendig. Mir machten selbst die vielen unterschiedlichen Gerüche und der Duft des Blutes, der in Anbetracht dieser Party nicht gerade gering war, nichts mehr aus. In jenen Sekunden hätte ich ihr vermutlich nichts abschlagen können. Ich war einfach nur zufrieden.
Lesley sah mich nachdenklich an und in ihren schönen blauen Augen lag auf einmal so etwas wie Traurigkeit.
„ Ist alles in Ordnung?“
„ Ich…ich muss dir unbedingt etwas sagen.“ Ihre Stimme klang plötzlich belegt.
Ich schwieg und nickte nur, damit sie weiter sprach. Wir stoppten den Tanz, aber unsere Körper blieben in der gleichen Position.
„ Nicholas, ich hätte es dir schon viel früher sagen müssen. Aber die vergangenen Tage waren so schön, ich habe für eine kurze Weile wirklich vergessen, was…“ Sie schluckte und ich konnte beinahe hören, wie trocken ihre Kehle sein musste.
„ Liz, was hast du?“
„ Ich werde…sterben!“
In dieser Sekunde verstand ich nicht, was sie da überhaupt gesagt hatte. „Jeder stirbt
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