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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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irgendwann einmal. Du bist erst einundzwanzig, zerbrich dir nicht deinen hübschen Kopf über so ein düsteres Thema.“ Ich wollte es nicht abwertend klingen lassen.
    „ Du verstehst nicht.“ Ich spürte, wie sich alles in ihrem Körper anspannte und ihre innere Unruhe war regelrecht greifbar. „Mir bleibt nicht mehr allzu viel Zeit.“
    Mein Unverständnis stand mir vermutlich im Gesicht. „Wovon sprichst du…?“
    „ Nicholas, ich habe Krebs. Er ist schon ziemlich weit fortgeschritten.“
    Die Worte trafen mich so hart wie der Faustschlag eines Vampirs. Als wenn man mich gegen eine Wand geschleudert hätte, und das Mauerwerk über mir zusammengestürzt wäre. „Was redest du da? Wie-“, ich brach ab, als sie sich von mir löste und einige Schritte zurück trat.
    „ Bitte!“ Sie sprach leise und drehte sich von mir weg. Sie ging zu einer schmiedeeisernen Bank hinüber, die unter einer alten Eiche stand. Liz hob ihren Kopf, um mich erneut anzusehen. Ich verstand sie, auch ohne ein Wort. In zwei großen Schritten war ich bei ihr und hockte mich neben sie auf die Bank.
    Lesley atmete tief durch, bevor sie fortfuhr. „Meine Heilungschance ist dahin“, begann sie ruhig. „Der Krebs hat bereits gestreut und er wächst unaufhaltsam weiter. Es wird schlimmer werden. Die Ärzte haben mich darauf vorbereitet. Die Schmerzen werden zunehmen und irgendwann hilft nicht einmal mehr Morphium dagegen.“
    Morphium? „Aber wieso gehst du dann seelenruhig zur Uni und tust so, als wenn nichts wäre. Warum bist du nicht in einem Krankenhaus, wo du hingehörst?“ Mir kam nicht mehr über die Lippen, obwohl mein Kopf mit hunderten von Fragen gefüllt war und ich das Gefühl hatte, er würde gleich platzen.
    „ Ich weiß nicht…vielleicht brauche ich selbst erst einmal genug Zeit, um mich mit dieser unwiderruflichen Sache anzufreunden. Mir hilft der normale Alltag etwas, um mich abzulenken. Wieso sollte ich jetzt in Trauer ausbrechen, es ändert nichts an den Fakten. Ich will jeden erdenklichen Moment auskosten. Ich will mit Sicherheit nicht die letzten Wochen in einem trostlosen Zimmer verbringen. Nicht, wenn ich sie mit dir verbringen kann.“ Sie griff nach meiner Hand.
    Ich lehnte mich zu ihr und schloss sie vorsichtig in meine Arme. Ich kam nicht umhin, ihren Mut und ihre Fassung zu bewundern. Sie war anscheinend stärker, als ich es jemals hätte vermuten können. „Das hätte ich doch merken müssen…“ Meine Stimme wurde zu einem erschütterten Flüstern.
    „ Wie denn? Ich habe nichts gesagt, weil … vielleicht wollte ich es einfach nur hinauszögern. Wie dumm das eigentlich ist.“ Sie seufzte.
    „ Irgendwann wird es nicht mehr anders gehen. Dann habe ich keine andere Wahl mehr, als mich einweisen zu lassen.“
    Mir kam plötzlich noch etwas anderes in den Sinn. „Und was ist mit deinem Vater? Wieso ist er nicht bei dir, wie kann er weiterhin unterwegs sein?“ Wie konnte jemand nur so gleichgültig sein. Sie war doch seine Tochter!
    Sie stockte etwas. „Er…er weiß es nicht.“
    Fassungslosigkeit übermannte mich. „Wie bitte?“
    Ich musste mich zwingen, um nicht laut zu werden.
    „ Ich habe ihm nichts davon gesagt…niemand weiß es, außer meiner Tante, Colette und jetzt weißt du es auch.“
    Mir fehlten in dem Augenblick die Worte.
    „ Es ist nicht richtig, ich weiß das, aber…ich kann es nicht. Ich will kein Mitleid, am wenigsten von ihm. Nach dem Tod meiner Mutter hat sich alles verändert. Er hat sich verändert, aber vermutlich haben wir das alle. Es wird nie wieder so sein, wie damals. Ich möchte jetzt einfach weiterleben wie bisher. Solange es eben dauern mag…“
    Wer sollte so anmaßend sein und darüber urteilen, ob es fair von ihr war oder nicht. Letztendlich musste sie damit leben und es war ihre Entscheidung, wen sie einweihte und wen nicht. Ich war nicht in der Position ihr einen Vorwurf zu machen oder sie anzuklagen. Ich hatte mit meinen Eltern auch niemals wirklich abschließen können. Vielleicht, wenn ich es gewollt hätte…ich verbannte den Gedanken wieder. Es war zu spät. „Was ist mit den Schmerzen?“, fragte ich stattdessen. Bei dem Wort allein, wurde mir schon ganz anders.
    „ Ich bekomme etwas dagegen und bisher merke ich es kaum, zumindest rede ich mir das ein. Und meine Kopfschmerzen kann ich schon ganz gut ignorieren.“ Sie lächelte gequält.
    Wieso zum Teufel hatte ich davon nichts bemerkt? Als Vampir besaß ich geschärfte Sinne und übernatürliche

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