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Abtruennig

Abtruennig

Titel: Abtruennig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Dungs
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verrückt, weißt du das?“
    Ich rutschte zu ihr. „Das sagst ausgerechnet du? Miss Ashton will einen Vampir zum Studentenball mitnehmen, ob das eine kluge Entscheidung ist, sei mal dahingestellt. Ich bin allerdings auch nicht besser, weil ich wirklich mitkommen werde.“
    „ Ha! Und als was willst du gehen? Graf Dracula?“ Sie piekste mich neckisch in die Seite.
    „ Das wäre wirklich sehr originell.“ Ich verzog das Gesicht.
    „ Das wäre tatsächlich zu passend. Allerdings ist es schon übermorgen Abend soweit. Ich fürchte, auf die schnelle noch ein Kostüm zu besorgen, wird ziemlich schwierig werden.“
    Ich zuckte mit den Achseln. „Mach dir darüber keine Sorgen, das kriegen wir ganz leicht hin. Ich habe mein Kostüm mehr oder weniger schon an.“ Ich grinste. „Und du könntest als mein potenzielles Opfer gehen…“
    Lesley rückte so an mich heran, das sie sich an meine Brust kuscheln konnte. „Das ist wirklich einfach. Ich habe einen aufreizenden Fummel, der geradezu nach `Opfer´ schreit!“
    Mit einem Mal wirkte sie glücklich und entspannt und ich war froh, ihr eine Freude machen zu können, obwohl ich noch überhaupt gar keine Ahnung hatte, wie ich das anstellen sollte. Wenn ich Peter davon erzählen würde, dann wäre ich vermutlich auf der Stelle Geschichte. Das Absurde an dieser ganzen Sache war eigentlich nur, dass ich ernsthaft mit Lesley dorthin gehen wollte. Hatte ich womöglich tatsächlich für einen Augenblick lang vergessen, was ich war? Ich war kein Mensch mehr und obwohl Liz dieses Detail inzwischen auch kannte, war sie trotzdem noch mit mir zusammen. Ich hatte bisher nicht einmal an so etwas wie Schicksal geglaubt, aber mittlerweile war das anders. Damals in den schmutzigen Gassen von Paris war ich Vincent begegnet und er hatte mir ein kostbares Geschenk gemacht. Nur dadurch war es mir heute möglich mit Lesley zusammen zu sein. Diese ganze Sache war womöglich doch irgendwie vorbestimmt gewesen. Gut, letztendlich würde das mir in diesem Moment nicht unbedingt weiterhelfen, denn ich hatte vor ein paar Sekunden zugestimmt, auf eine Halloweenparty zugehen. Es war also, mehr oder weniger, offiziell. Ich war mit einer Sterblichen zusammen und würde übermorgen ein weiteres Gesetz brechen, dass ich niemandem von meiner Art beichten durfte. Ein Vampir, der sich alleine unter Menschen aufhalten würde, als ein scheinbar vollwertiges Mitglied der Gesellschaft – das versetzte selbst der Stimme in meinem Kopf einen Schlag und sie verstummte augenblicklich.

9. Bittere Wahrheit

    Es war das erste Mal seit meiner Zeit als Vampir, dass ich an einem gesellschaftlichen Ereignis teilnahm, das nur von Menschen besucht wurde, wenn man mal von der Vorlesung im College absah. Ich hatte ein merkwürdiges Gefühl, als ich so da stand. Am Fuß der langen Treppe, die von der großen Eingangshalle nach oben führte, wurde mir langsam bewusst, wie weit das Ganze bereits war. In wenigen Augenblicken würde Liz herunter kommen, und wir würden gemeinsam ein Fest besuchen, auf dem es nur so von Sterblichen wimmelte. Es war ein unumstrittenes Risiko mich dort blicken zu lassen, aber ich wollte es trotzdem unbedingt tun.
    Töricht, dumm und unüberlegt. Die Stimme in meinem Kopf war in ihrem Element, aber sie verstummte schlagartig, als ich Lesley hörte. Ich schaute nach oben und mir stockte sofort der Atem. Wie überaus praktisch, dass ich keinen Sauerstoff in meinen Lungen benötigte.
    Geschmeidig und beinahe lautlos wie eine Katze, betrat Liz die erste Stufe. Als sie mich sah hielt sie abrupt inne und eine Welle von Nervosität schlug mir entgegen. In dieser Sekunde hätte ich fast das Geländer der Treppe zerbrochen, an dem ich mich festhielt. Lesley hatte ihre Haare kunstvoll hochgesteckt. Es ragten ein paar vereinzelte Strähnen hervor, aber ihr Hals war dabei vollkommen freigelegt. Der Vampir sah nur ihre pulsierende Halsschlagader, wie sie gierig nach ihm rief.
    Der Mann in mir behielt jedoch die Oberhand. Mein Blick glitt über ihren gesamten Körper. Sie trug ein champagnerfarbenes Kleid aus Satin, das ihr bis zu den Knien reichte. Dünne Träger legten sich um ihre schmalen Schultern. Der leichte Stoff wurde nach unten hin etwas weiter und umspielte ihre makellosen Rundungen. Wenn sie sich bewegte, schwang der untere Teil mit, wie eine goldene Glocke. Ihre perfekten Beine steckten in einer feinen Nylonschicht und endeten in, wie ich bemerken musste, schwindelerregenden High Heels. Liz war so

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