Abzocker
ein Kissen daraus. Es war noch früh. Sie kam erst gegen Mitternacht. Wenn sie überhaupt kam. Ich fragte mich, ob ich wohl umsonst auf sie wartete.
Ich streckte mich im Sand aus und legte den Kopf auf das Jackett. Dann schloss ich die Augen und entspannte mich, schlief aber nicht ein. Ich döste nur ein wenig vor mich hin.
Ich war mit den Gedanken bei etwas anderem, deshalb hörte ich sie kaum. Doch als ich die leisen Schritte im Sand vernahm, wusste ich, dass sie es sein musste. Ich lag reglos da und lauschte, wie sie näher kam.
»Sie schlafen auch immer«, sagte sie. »Schlafen die ganze Zeit. Und jetzt machen Sie sich auch noch Ihren Anzug schmutzig. Besonders klug ist das nicht von Ihnen.«
Ich schlug die Augen auf. Sie trug ein einfaches rotes Kleid und war barfuss. Das Mondlicht fiel auf ihren Körper, und der Anblick raubte mir fast den Atem.
»Wir können uns darauf legen. Sie können sich meinetwegen den Anzug verderben, aber ich mag es nicht, wenn mein Kleid voller Sand ist.«
Jetzt erst bemerkte ich, dass sie eine Decke dabei hatte. Ich grinste.
»Wollen Sie nicht aufstehen?«
Ich stand auf und sah sie an. Sie wollte etwas sagen, ließ es aber bleiben. Ihr Mund war leicht geöffnet. Auch ich brachte keinen Ton heraus. Es lag eine eigenartige Spannung in der Luft, etwas, das wir beide nicht hätten beschreiben können. Wir konnten uns jetzt nicht über Belanglosigkeiten unterhalten. Ich wusste es, und sie wusste es ebenfalls.
Ich trat einen Schritt auf sie zu. Sie hielt mir die Decke hin. Ich nahm zwei Enden und trat etwas zurück. Wir breiteten die Decke auf dem Sand aus, richteten uns auf und sahen einander wieder an. Die elektrische Spannung war immer noch da.
Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte nicht. Ich weiß, dass es ihr ebenso erging. Es war, als stünde eine Wand zwischen uns, die nur Berührungen, aber keine Worte durchdringen konnte. Zuerst mussten wir die Wand niederreißen. Dann war immer noch genügend Zeit zum Reden.
Ich zog mein Hemd aus der Hose. Ich knöpfte es auf, streifte es ab und ließ es in den Sand fallen. Ich wandte mich zu ihr, und sie kam näher, streckte die Hand aus und berührte meinen nackten Oberkörper.
Dann drehte sie sich um und bat mich, den Haken des Kleids zu öffnen.
Der Haken am Halsausschnitt ihres Kleides machte mir Mühe. Meine Finger funktionierten nicht richtig. Schließlich schaffte ich es. Ich zog den Reißverschluss ganz auf bis zu ihren Hüften, berührte dabei aber ihre Haut nicht.
Sie machte eine kleine Bewegung, und das Kleid fiel von ihren Schultern.
»Den BH, Lennie.«
Ich nahm ihr den BH ab. Er war schwarz. Ich erinnere mich, wie mich der Kontrast zwischen dem schwarzen BH und der bleichen Haut erregte. Dann drehte ich mich um und zog den Rest meiner Kleider aus.
Als ich mich ihr wieder zuwandte, waren wir beide nackt. Ich sah sie von oben bis unten an. Bei ihrem Gesicht fing ich an und ließ meine Augen herunterwandern über ihre Brüste, die Taille, die Hüften, bis zu ihren nackten Füßen. Dann wanderten meine Augen langsam wieder empor, suchten ihren Blick.
Keine Worte.
Wir gingen aufeinander zu, bis unsere Körper sich berührten. Ich schloss sie in die Arme und presste ihren süßen Leib an mich. Die lächerlichen Stimmen von tausend Menschen schwebten von der Promenade zu uns herüber wie Worte aus einem sinnlosen Traum. Die Wellen hinter uns brachen sich am Strand.
Sie küsste mich.
Dann sanken wir gemeinsam auf die Decke und vergaßen die Welt.
Ich lag auf der Seite und blickte über den Strand auf das Meer hinaus. Es war fast Vollmond, das Licht glitzerte auf dem Wasser. Neben mir lag ihr Slip, ein Hauch aus schwarzer Seide im Sand. Ich beobachtete die Wellen und lauschte ihrem Atem.
Ich fühlte mich sehr seltsam, gleichzeitig ungeheuer schwach und wahnsinnig stark. Ich erinnerte mich, warum ich ursprünglich nach Atlantic City gekommen war, und mir fiel ein, was ich all die vielen Jahre lang getrieben hatte. Alles kam mir dumm und kindisch vor. Zusammenhanglos kam mir Mrs. Ida Lister in den Sinn. Auch mit ihr hatte ich in Atlantic City geschlafen. Nicht am Strand, sondern in einem luxuriösen, voll klimatisierten Hotelzimmer. Nicht weil ich es wollte, sondern weil sie die Rechnungen bezahlte.
Es war alles so dumm gewesen. Nicht falsch, nicht unmoralisch. Nur dumm. All die Jahre, in denen ich vor Hotelrechnungen davongelaufen war, immer am Rande der Legalität, immer auf der Suche nach der einen ganz
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