Abzocker
waren, und es war wirklich gut. Aber es hat nichts zu bedeuten. Ich werde dich vergessen und du mich. In einer Woche erinnern wir uns schon nicht mehr. Es hat nichts zu bedeuten.«
»Glaubst du das wirklich?«
Für einen Moment schwieg sie, dann sagte sie bitter: »Nein, natürlich nicht. Nein, das glaube ich nicht.«
»Würdest du ihn verlassen?«
Sie lächelte. »Ihn würde ich sofort verlassen. Aber du meinst etwas anderes. Du willst wissen, ob ich sein Geld verlassen würde.«
Ich sagte gar nichts.
»Hast du Geld, Lennie?«
»Fünfzig Dollar, vielleicht hundert.«
Sie lachte. »So viel gibt er für seine Huren aus.«
»Wofür braucht er denn eine Hure? Er hat doch dich.«
Mir wurde erst klar, was ich eigentlich sagte, als ich meine Worte hörte. Ihr Gesicht fiel in sich zusammen. »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte sie leise. »Er braucht keine Hure. Er hat eine geheiratet.«
»So hab ich es nicht gemeint. Ich …«
»Aber es stimmt doch.« Sie holte tief Luft, drückte dann die Zigarette im Sand aus und richtete sich auf. »Ich kann ihn nicht verlassen, Lennie. Ich habe all das Geld, und das kann ich nicht mehr aufgeben. Das würde nicht klappen.«
Ich sagte immer noch nichts.
»Zwei Jahre«, sagte sie. »Warum habe ich dich nicht vor zwei Jahren kennengelernt? Warum?«
»Wäre es denn damals anders gewesen?«
»Sehr anders«, sagte sie. »Geld ist etwas Komisches, nicht wahr? Ich bin nicht so geboren worden, Lennie. Ich hätte ohne Geld leben können. Die meisten Leute schaffen das. Wenn ich dich kennengelernt hätte, ehe ich Keith traf …«
»Und wenn diese Decke Flügel hätte, könnten wir fliegen.«
»Oder wenn sie ein fliegender Teppich wäre«, sagte sie. »Aber begreifst du nicht, was ich sagen will? Jetzt hab ich mich ans Geld gewöhnt. Ich weiß, wie es ist, wenn man welches hat. Ich weiß, wie es ist, wenn man alles tun und kaufen kann, was man will. Ich könnte nicht wieder so leben wie früher.«
»Wie war es denn früher?«
»Es war nicht schlimm«, sagte sie. »Ich war nicht arm. Wir sind nicht verhungert. Wir hatten ein eigenes Haus und mussten uns nie Sorgen machen, ob wir genug zu essen bekommen. Aber wir hatten nie Geld übrig. Du weißt doch, was ich meine.«
Natürlich wusste ich es. Und ich fragte mich, ob ich sie wirklich überzeugen wollte, alles aufzugeben und mich zu heiraten? Damit wir Hand in Hand verhungern konnten? Um in einem Reihenhaus irgendwo in Yahooville Kinder aufzuziehen? Ich sah mich Sandwiches mit zur Arbeit nehmen, damit ich bei der Bank, bei der Finanzierungsgesellschaft und bei tausend anderen Leuten meine Schulden abstottern konnte. Wofür? Für ein Mädchen, das nicht einmal meinen richtigen Namen kannte?
Aber ich hörte mich sagen: »Es könnte klappen. Wir könnten es schaffen, Mona.«
Sie sah mich an, und ihre Augen glänzten. Sie wollte etwas sagen, tat es aber dann nicht. Ich fragte mich, was sie mir hatte sagen wollen.
Stattdessen stand sie auf und begann, sich anzuziehen. Ich sah ihr dabei zu.
»Ich lass die Decke hier«, sagte sie. »Das Hotel wird sie nicht vermissen. Es würde doch komisch aussehen, wenn ich mit einer Decke ins Hotel komme.« Jetzt sah sie mich an. »Ich muss los«, sagte sie. »Ich muss wirklich los.«
»Sehen wir uns wieder?«
»Willst du mich denn wieder sehen?«
Das wollte ich.
»Ich … ich melde mich bei dir. Irgendwie. Aber jetzt muss ich los.«
»Zu Keith.«
»Zu Keith«, wiederholte sie. »Zurück zu meiner Rolle als seine Frau. Mrs. L. Keith Brassard.«
Ich hörte sie kaum. Ich schaute ihr nach, als sie an der Landungsbrücke entlang den Strand hoch schritt. Bewunderte wieder diesen perfekten Gang, halb Hure, halb Dame. Ich folgte ihr mit den Augen und dachte über sie und über mich nach. Ich fragte mich, was mit uns beiden geschehen war und welche Konsequenzen diese Nacht am Strand für uns haben würde.
Sie hatte schon beinahe die Uferpromenade erreicht, als mir ihre letzten Worte wieder einfielen. Ich drehte fast durch, als mir klar wurde, wer ihr Mann war.
L. Keith Brassard.
3
Ich faltete die Decke akkurat zusammen, bis sie ein kleines Kissen von der Größe fünfzig mal fünfzig Zentimeter war. Dann setzte ich mich darauf und blickte aufs Meer hinaus. Ich wollte ins Wasser hinausrennen und wie ein Verrückter schwimmen, bis ich irgendwo ankam, wo nicht mehr Atlantic City war.
Er ist ein Geschäftsmann. Sein Büro ist in der Chambers Street. Ich weiß nicht, womit er
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