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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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handelt.
    Inzwischen war sie sicher wieder im Hotel, nahm den Lift hoch zu ihrem Zimmer. Ich fragte mich, wo ihr Zimmer wohl liegen möge. Vielleicht war sie sogar im selben Stockwerk wie ich untergebracht.
    Er geht ein paar Mal in der Woche ins Büro. Er spricht nie von seinen Geschäften, Geschäftspost kommt nicht nach Cheshire Point, und er bringt sich auch nie Arbeit mit nach Hause. Er sagt, er kauft Dinge ein und verkauft sie wieder. Mehr erzählt er darüber nicht.
    Ich fragte mich, ob er ihr von den verschwundenen Koffern erzählt hatte. Von dem Heroin wusste sie nichts, das war offensichtlich. Dass man ihm die Koffer gestohlen hatte, hatte für sie keine weitere Bedeutung. Ein Mann, der ihr einen Zobelmantel, einen Hermelinmantel und eine Chinchillastola geschenkt hatte, konnte zweifellos den Inhalt zweier Koffer verschmerzen, ohne dadurch in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten. Ein Mann, der im Luxus von Cheshire Point lebte, konnte es sich leisten, sich ein paar zusätzliche Anzüge und eine neue Garnitur Unterwäsche zu kaufen.
    Ich dachte über ihn nach, über sie und über mich. Wir waren alle etwas Besonderes. L. Keith Brassard, ein Import-Export-Händler, der einen neuen Dreh gefunden hatte. Ein bedeutender Mann im Rauschgifthandel mit einer hübschen Frau an seiner Seite für die perfekte Fassade. Mona Brassard. Meine Kehle wurde trocken und meine Handflächen feucht – ihr Liebreiz ergriff mich, sodass ich für einen Moment keine Luft bekam. Sie wollte mich, und sie wollte Geld. Ich hatte keine Ahnung, wie zum Teufel sie uns beide haben konnte.
    Und Joe Marlin. So hatte ich geheißen, bevor ich meinen Name in David Gavilan änderte, um dann zu Leonard K. Blake zu wechseln. Und vor vielen anderen Namen. Haben Namen etwas zu besagen? Bisher hatten sie mir nichts bedeutet.
    Aber aus irgendeinem verdammten Grund wollte ich, dass sie mich Joe nannte.
    Wir waren schon tolle Hechte, Dave und Lennie und ich. Wir hatten das weiße Pulver und die schöne Frau. Von niemandem abhängig, keine Verpflichtungen. Wir hatten alles, nur keine Zukunft.
    Ich rauchte eine Zigarette, bis sie mir auf den Lippen brannte, und warf den Stummel ins Meer. Dann versteckte ich die Hoteldecke unter dem Landungssteg und ging zurück.
    In meinem Zimmer griff ich zum Telefon und bestellte beim Zimmerservice eine Flasche Jack Daniels, einen Eimer mit Eiswürfeln und ein Glas. In einem Sessel wartete ich, dass etwas passierte. Die Klimaanlage lief auf Hochtouren, und das Zimmer war auf dem besten Weg, sich in einen Eisschrank zu verwandeln.
    Es klopfte an der Tür. Der Page, ein drahtiger Bursche mit wieselflinken Augen, stellte die Flasche Bourbon und den Eiskübel auf die Kommode und überreichte mir die Rechnung. Ich zeichnete sie ab und gab ihm einen Dollar.
    Wenn man von seinen Augen absah, wirkte er wie ein Student, der in den Sommerferien jobbt. Aber seine Augen wussten zu viel.
    »Danke«, sagte er. Und dann: »Ich kann Ihnen besorgen, was Sie wollen. Fragen Sie nach Ralph.«
    Er ging, und ich beschäftigte mich mit meinem Jack Daniels.
    Ich warf zwei Eiswürfel in ein Glas und goss drei Fingerbreit Bourbon darüber. Während das Eis den Whiskey kühlte, lehnte ich mich im Sessel zurück und dachte nach. Dann nahm ich meinen Drink. Er war weich wie Seide. Auf dem Etikett der Flasche stand, dass sie ihn durch Holzkohle oder so etwas filterten. Was auch immer sie mit dem Bourbon anstellten, es funktionierte.
    Ich trank ein zweites Glas und rauchte. Der Whiskey lockerte mich auf, bis mein Verstand wieder zu arbeiten begann, nach Antworten suchte und dabei neue Fragen fand.
    Ich sollte packen, aus dem Hotel auschecken, sie vergessen. Aber ich wusste genau, wenn ich jetzt ging, würde ich sie nie wieder finden – und auch keine andere wie sie. Vorher hatte ich gut ohne sie leben können. Aber jetzt musste ich sie haben. Wie hatte sie es ausgedrückt?
    Aber begreifst du nicht, was ich sagen will? Jetzt habe ich mich ans Geld gewöhnt. Ich weiß, wie es ist, wenn man welches hat. Ich weiß, wie es ist, wenn man alles tun und kaufen kann, was man will. Ich könnte nicht wieder so leben wie früher.
    Ich hatte sie gehabt – einmal – und ich hatte mich an sie gewöhnt. Ich wusste, wie es war, sie zu haben, sie zu lieben und von ihr geliebt zu werden. Liebe? Ein seltsames Wort, dessen Bedeutung sich ständig änderte. Ich kam mir vor wie in einem Popsong.
    Aber ich konnte nicht mehr so leben wie früher.
    Sie hatte recht, und ich

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