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Abzocker

Abzocker

Titel: Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Block
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es.
    »Wer ist da?«
    »Das Zimmermädchen.«
    »Lassen Sie mich in Frieden.« Ein tolles Hotel, in dem einen die Zimmermädchen mitten am Morgen aufwecken. »Kommen Sie nächstes Jahr wieder.«
    »Bitte öffnen Sie, Mr. Blake …«
    »Gehen Sie zum Teufel! Ich bin müde.«
    Die Stimme senkte sich zu einem verführerischen Flüstern. »Lennie«, sagte sie, »bitte, mach auf.«
    Einen Augenblick dachte ich, mein Traum wäre zurückgekehrt. Dann sprang ich aus dem Bett und hüllte mich in ein Laken. In ihrer weißen Baumwollbluse und der seegrünen Wanderhose wirkte sie kühl und frisch. Sie kam sofort herein, und ich schloss die Tür hinter ihr.
    »Du bist verrückt«, sagte ich, »hierher zu kommen. Aber das weißt du natürlich.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Er hätte dich sehen können. Er fragt sich bestimmt, wo du bist. Besonders clever war das nicht von dir.«
    Sie lächelte. »Du siehst ziemlich bescheuert aus«, sagte sie. »Eingehüllt in dieses Laken wie ein Araberscheich. Hast du noch geschlafen?«
    »Natürlich. Es ist ja mitten in der Nacht.«
    »Mitten am Tag, meinst du.«
    »Wie spät ist es denn?«
    »Beinahe Mittag«, sagte sie. »Und er hat mich auf keinen Fall gesehen. Er ist heute früh schon fort. Geschäfte, hat er gesagt. Irgendetwas Unerwartetes. Selbst in Atlantic City macht er noch irgendwelche Geschäfte. Die Arbeit ist wichtiger als alles andere. Immer.«
    Ich wusste, was für Geschäfte er in Atlantic City abwickelte. Eine ganze Kassette voller Geschäfte, die einfach verschwunden waren.
    Sie verzog den Mund. »Freust du dich nicht, mich zu sehen?«
    »Das weißt du doch.«
    »Du siehst aber nicht so aus, als ob du dich freust. Du hast mich noch nicht einmal geküsst.«
    Ich gab ihr einen Kuss, und sofort kam alles zurück. Alles. Und es war wie in der Nacht am Strand. Sie war eine dieser Frauen, bei denen schon ein einziger Kuss genügt, um die Emotionen einer ganzen Nacht heraufzubeschwören.
    »So ist’s besser.«
    »Viel besser.«
    Mit eindeutiger Absicht zog sie die Bluse und die Wanderhosen aus und kickte ihre Schuhe unter mein Bett. Sonst trug sie nichts. Ich konnte nicht aufhören, sie anzusehen.
    Ihre Augen lachten. »Du dummer Mann«, sagte sie. »Dieses blöde Laken brauchst du doch nicht, oder?«
    Da hatte sie recht.
     
    Viel später schlug ich die Augen auf. Sie hatte sich zusammengerollt wie ein schlafendes Kätzchen, und ihr blondes Haar lag wirr auf dem Kissen. Ich strich mit der Hand über ihren Körper, von der Schulter bis zur Hüfte. Sie rührte sich nicht.
    Ich griff nach den Zigaretten auf dem Nachttisch, fand ein Streichholz und steckte mir eine an. Als ich sie wieder ansah, hatte sie die Augen geöffnet.
    Sie lächelte.
    »Weißt du, du bist wirklich fantastisch.«
    Sie lächelte noch mehr.
    »Ich werde dich vermissen.«
    Sie biss sich auf die Lippen. »Lennie …«
    Ich wartete.
    »Erinnerst du dich an das, was ich dir am Strand gesagt habe? Dass ich das Geld nicht aufgeben könnte?«
    Ich erinnerte mich.
    »Ich habe heute etwas herausgefunden. Hier. Mit dir.«
    Ich wartete immer noch.
    »Ich … ich kann das Geld immer noch nicht aufgeben.«
    Die Zigarette schmeckte nicht richtig. Ich nahm noch einen Zug und musste husten.
    »Aber ich kann dich auch nicht aufgeben, Lennie. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ich möchte das Geld, und ich möchte dich. Und ich kann nicht beides zusammen haben. Ich bin ein verwöhntes, kleines Mädchen. Ich kann überhaupt nichts. Ich weiß nur, was ich möchte.«
    Ich kannte die Antwort, und ich wusste, dass ich Angst hatte, sie vor ihr auszusprechen. Aber die Würfel waren gefallen. Ich konnte nicht sehen, was für eine Zahl das Schicksal uns zugeteilt hatte, ob wir genügend Punkte oder nichts in der Hand hatten. Doch wie dem auch sein mochte, das Schicksal nahm seinen Lauf. Die Dinge waren nicht mehr zu ändern.
    »Wie alt ist Keith?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Fünfzig«, sagte sie. »Vielleicht auch fünfundfünfzig. Ich weiß nicht. Ich habe ihn nie gefragt. Dumm, nicht wahr? Ich weiß nicht einmal, wie alt mein Mann ist. Fünfzig oder fünfundfünfzig, ungefähr. Warum?«
    »Ich habe nur nachgedacht.«
    Sie sah mich an.
    »Ich meine, er ist kein junger Mann mehr, Mona. Männer in seinem Alter haben nicht mehr allzu viele Jahre vor sich.«
    Mehr sagte ich nicht, sondern ließ den Satz mitten in der Luft hängen. Sie bemühte sich, keinerlei Regung in ihrem Gesicht zu zeigen. Sie schaffte es nicht ganz. Auf eine Art

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