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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Deswegen stehe ich in deiner Schuld. Du weißt natürlich, dass viele glauben, ich stünde dir zu nahe. Vielen wäre es lieber, wir wären nicht so sehr ineinander verliebt. Indem ich gezeigt habe, wo ich die Grenze ziehe, habe ich mich des Vertrauens der Generäle versichert. Jetzt wird man tratschen. Sie werden sagen: Hanish mag ja völlig vernarrt in die Prinzessin sein, aber er versteht es, sie in die Schranken zu weisen. Lass sie in dem Glauben, Corinn. Wenn sie die Dinge so sehen, haben wir unsere Ruhe.«
    »Worüber habt ihr eigentlich geredet? Es ging um Maeander, nicht wahr?«
    Hanish winkte ab. »Mach dir darum keine Gedanken. In Talay gibt es Unruhen. Nichts Ernstes. Gerüchte und Gerede. Sollte sich herausstellen, dass wirklich etwas daran ist, erzähle ich dir davon, Corinn. Jetzt aber...« Er trat näher und schlug einen sinnlichen Ton an. Sanft legte er ihr den Arm um die Hüfte und zog sie zu sich heran. »Lass uns ins Bad gehen, ja? Erst eine Weile im warmen Wasser, dann lassen wir uns Seite an Seite durchwalken und mit warmem Öl einreiben. Und wenn sie damit fertig sind... dann schicken wir alle fort und denken uns im Dampfbad aus, was wir sonst noch tun wollen.«
    Als er sich abwandte, hatte Corinn das unbehagliche Gefühl, dass er ihr abermals eine Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Am Eingang blieb Hanish stehen. Er ließ den Bademantel von den Schultern gleiten. Nackt tauchte er die Hände in das Becken, das mit parfümiertem Wasser und Öl gefüllt war, massierte sich die Flüssigkeit in die Schultern und Halsmuskeln. Die Lampe neben der Tür hob die Konturen seines Körpers hervor. Seine Rückenmuskeln glichen schlanken, unter der Haut zusammengelegten Schwingen. Er sah sie an und sagte: »Komm.«
    Dann trat er ein. Corinn, die sich ihre Aufgewühltheit nach außen hin nicht anmerken ließ, folgte ihm und löste im Gehen den Knoten ihres Gewandes.
    Und so kam es, dass sie trotz der Dinge, die ihr Geliebter ihr verschwiegen hatte, vielleicht für alle Zeiten zu dem Schluss gelangt wäre, dass ihre Loyalität zu Hanish schwerer wog als Blutsbande. Allerdings formulierte sie dies nicht als klaren Gedanken. Sie dachte nicht: »Was auch geschehen mag, ich entscheide mich für Hanish. Er ist es, den ich liebe und begehre. Er ist es, dem ich vertraue, denn er steht an meiner Seite. Ich verzehre mich nach ihm; er nährt mich. Nichts anderes ist so wirklich.« Hätte man sie jedoch dazu gezwungen, so hätte sie dies vielleicht ausgesprochen. Und selbst wenn niemand sie gezwungen hätte, wäre sie diesem Glauben vielleicht gefolgt, ohne ihn jemals in Worte zu fassen.
    Vielleicht, bis zu jener Nacht, als sie unvermittelt aus traumlosem Schlaf erwachte. Sie verharrte einen Augenblick lang regungslos, überzeugt, ihren Namen vernommen zu haben. Dann drehte sie behutsam den Kopf, bis sie Hanish sehen konnte. Er lag neben ihr auf dem Rücken. Er war wach. Beinahe hätte sie den Kopf gehoben und ihn gefragt, was ihm Sorgen bereite. Seine Augen waren geöffnet. Er sah an die Decke, doch sein Blick war leer und ziellos, seine Wangen erschlafft, sein Mund stand offen. Er sah aus, als ob er schliefe, nur dass die Lider seiner grauen Augen nicht geschlossen waren und hin und wieder blinzelten. Und dann hörte sie ihn sagen: Selbstverständlich. Ich habe es nicht vergessen.
    Sie hörte ihn das sagen? Nein, sie hörte gar nichts. Er hatte nichts gesagt. Seine Lippen hatten sich nicht bewegt. Das einzige Geräusch in der Totenstille des Zimmers war ihr beider Atem. Doch er hatte den Gedanken irgendwie geformt und ihn ausgesandt, und sie hatte ihn aufgefangen.
    Sie wollte sich aufsetzen und ihn ansprechen, doch etwas, das aus einer anderen Quelle herrührte, hielt sie zurück. Es war eine Macht, die sie in der Luft spürte, die sie jenseits des Fußendes lokalisierte. Es war keine einzelne Person, sondern ein Chor verschiedener, eng miteinander verflochtener Wesen. Sie konnte ihre Worte nicht direkt hören, es war etwas Unbestimmteres. Sie wusste sogar, dass die Wesen nicht im Zimmer anwesend waren. Dennoch verstand sie den Inhalt der Botschaft. Sie wusste, was sie sagten. Sie warfen Hanish Schwäche vor. Sie stellten seine Ergebenheit auf die Probe und warfen ihm vor, er wolle sie verraten.
    Ahnen, antwortete er, ihr allein seid mir wichtig.
    Vollkommen reglos lag Corinn da, starrte in Hanishs Augen und lauschte alldem. Sie fror bis ins Mark und atmete flach. Sie nahm das Hin und Her zwischen ihnen in sich auf,

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