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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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mehr als ich. Vielleicht wissen alle Bescheid. Ich habe tausend verschiedene Möglichkeiten, es herauszufinden, aber ich frage Euch. Niemand wird erfahren, dass ich es von Euch habe.« Dann setzte sie hinzu: »Ich stünde in Eurer Schuld.«
    Rhrenna schaute kurz auf, als fragte sie sich, welche Macht Corinn habe, um eine Schuld damit zu begleichen. »Es stimmt nicht, dass Ihr tausend verschiedene Möglichkeiten hättet, etwas in Erfahrung zu bringen. Was derzeit vorgeht, ist noch nicht allgemein bekannt. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, aber ich weiß nur deshalb Bescheid, weil mein Vater – der zu Hanishs Beraterstab gehört – es meinem Bruder erzählt hat. Und der konnte noch nie etwas vor mir geheim halten.« Sie schaute sich um. In ihrer Miene spiegelte sich Verdruss, doch ob sie sich über Corinn ärgerte oder über sich selbst, war nicht klar. »Es geht um Euren Bruder.«
    »Was?«
    »Um Euren Bruder Aliver. Man sagt, er hält sich in Talay auf. Er ist vor kurzem aus seinem Versteck gekommen, sammelt eine Armee und beabsichtigt, uns anzugreifen. Natürlich hat er nicht die geringste Chance zu siegen, aber...« Rhrenna stockte, erschrocken über Corinns Gesichtsausdruck. »... er wird einen Krieg beginnen.«
    Corinn, die bis jetzt gestanden hatte, setzte sich. Sie berührte Rhrennas Knie mit dem ihren und ließ sie ihre Hände ergreifen. Von allen Dingen, die Rhrenna hätte sagen können, hätte sie Neuigkeiten von ihrem Bruder niemals auch nur für möglich gehalten. Der Schock traf sie wie ein Faustschlag in den Magen, bis ins Herz hinauf. Zahllose Gedanken stürmten auf sie ein, doch sie wusste, dass sie noch nicht in der Lage war, sich ihnen zu stellen.
    In den Stunden vor dem Abendessen, während der Mahlzeit und bis in die frühen Abendstunden hinein drückte die Last dieser Nachricht wie eine umgedrehte Pyramide auf ihren Kopf. Ihr Bruder lebte! Dieser Satz dröhnte ihr in den Ohren. Er versuchte, einen neuen Krieg zu beginnen. Auch das war klar. Doch sie dachte nicht weiter und versuchte nicht, sich über ihre Reaktion auf all dies klar zu werden. Tatsächlich verbrachte sie den Abend weiterhin in der aufrechten Haltung und mit den langsamen Bewegungen eines Menschen, der einen schweren Gegenstand auf dem Kopf balanciert. Hanish verhielt sich den ganzen Abend über normal. Von dem Vorfall an der Tür seines Arbeitszimmers sprach er nicht und erwähnte nicht einmal, dass er eine Beratung abgehalten hatte.
    Später bereitete sie sich darauf vor, den Abend mit Hanish in den Bädern zu verbringen. Dampfbäder waren bei den Acaciern nicht üblich gewesen, doch den Mein war es gelungen, Dampf von den unterirdisch gelegenen Öfen abzuleiten. Corinn war es zunächst seltsam erschienen, nackt, schwitzend und nach Atem ringend in der Hitze herumzuliegen, doch mit der Zeit hatte sie es als Teil des Tages akzeptiert, Zeit, die sie auf eine Art und Weise mit Hanish verbrachte wie keine andere Frau.
    Als sie sich in Hanishs Schlafzimmer entkleidet und die Bademäntel angelegt hatten, fragte Corinn: »Warum hast du mich so grob behandelt?« Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, ihm Vorhaltungen zu machen. Es rutschte ihr einfach heraus, weil es jetzt so vieles gab, was sie ihm verschweigen musste.
    Hanish fuhr mit ungläubiger Miene zu ihr herum. »Wovon redest du? Wann war ich grob zu dir?«
    »Heute, als du mir die Tür vor der Nase zugeschlagen hast. Sag nicht, du hättest das vergessen.«
    »Ach, das«, sagte der Häuptling und zeigte mit einem Nicken, dass er sich an den Vorfall erinnerte; gleichzeitig deutete er damit an, dass Corinn das Ganze falsch aufgefasst habe. Er ergriff ihre Hand. »Ich wollte dich nicht kränken. Ganz bestimmt nicht. Aber du musst Verständnis dafür haben, dass das, was ich mit meinen Generälen bespreche, nicht für deine Ohren bestimmt ist. Ich habe keine Geheimnisse vor dir, aber das heißt nicht, dass das auch für meine Offiziere gelten müsste. Sie müssen mir zuhören können, ohne abgelenkt zu werden, und sie müssen sich freimütig äußern. In deiner Anwesenheit wäre das nicht möglich. Die Männer des Mein...«
    »Sie hatten mich nicht einmal bemerkt.«
    »Woher willst du das wissen? Die Männer des Mein besprechen im Beisein von Frauen keine wichtigen Angelegenheiten. So ist das eben bei uns. Und dann geht es auch noch darum, wer die betreffende Frau ist.« Er lächelte, doch Corinn blieb ernst. »Betrachte es einmal so: Du hast mir einen großen Gefallen erwiesen.

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