Acacia 01 - Macht und Verrat
diesem Grund hoffte er, Aliver werde seine Einladung zu Verhandlungen annehmen. Er würde Mena gern von neuem ins Gesicht sehen und nach Zeichen ihrer Geschicklichkeit im Kampf Ausschau halten, die er bei ihrer ersten Begegnung übersehen hatte. Er fragte sich, wie Aliver wohl aussah, und befürchtete, dass das Äußere des jungen Akaran eine Enttäuschung sein würde – es war besser, sich einen heldenhaften, erfahrenen Gegner vorzustellen -, doch er war trotzdem neugierig und wusste, dass Aliver höchstwahrscheinlich tot sein würde, ehe sich wieder eine Gelegenheit dazu böte.
Doch die Akaran gingen auf sein Angebot nicht ein. Sie erinnerten ihn durch einen Boten daran, dass die Mein bei der letzten Begegnung die ehrwürdige Verhandlungstradition dazu missbraucht hätten, eine heimtückische Waffe zum Einsatz zu bringen. Dies würde sich nicht wiederholen, ließ Aliver ihn wissen. Falls aber Maeander, sein Bruder und alle Mein, die gegen das acacische Reich gekämpft oder von dessen Niedergang profitiert hätten, sich ergeben wollten – dann gäbe es vielleicht etwas, worüber sie reden könnten. Ansonsten wolle man die Entscheidung auf dem Schlachtfeld suchen.
Maeander antwortete, dies sei ihm recht. Er habe dem Prinz ohnehin nicht viel zu sagen. Ganz stimmte das nicht, wie aus dem weiteren Inhalt der Nachricht hervorging. Jetzt, ließ er dem Prinzen ausrichten, hätte er sich nicht einmal mit dessen bedingungsloser Kapitulation zufriedengegeben. Maeander glaubte, dass der Prinz in dem Moment, da er aus dem Versteck gekommen sei, sein Schicksal besiegelt hatte. Von diesem Tag an sei sein Tod beschlossene Sache gewesen. Daher seien Verhandlungen sinnlos, und der Austausch von Botschaften erfülle den gleichen Zweck. Vor dem ersten Krieg hätte er niemals solch wortreiche Botschaften ausgetauscht, doch jetzt kam es ihm ganz selbstverständlich vor. Vielleicht hatte das Leben im kultivierten Acacia ja auf ihn abgefärbt und ihn gesprächiger gemacht.
Vor Anbruch des nächsten Tages schickte er Zwangsarbeiter auf das zukünftige Schlachtfeld und ließ Felsbrocken und andere Hindernisse wegräumen. Er brachte die Katapulte in Stellung. Bei Sonnenaufgang nahmen die Soldaten Aufstellung. Zwischen beiden Armeen erstreckte sich eine weite Ebene, auf der vereinzelt Gebüsch und Akazien zu sehen waren. Aliver hatte fast doppelt so viele Kämpfer aufgeboten wie Maeander. Sie waren in Reihen und Einheiten geordnet, die wohl von eigenen Offizieren befehligt wurden, doch das vermochte die vielsprachige Vielfalt der Truppe nicht zu verbergen. Obwohl Maeander sie Acacier nannte, waren es hauptsächlich Talayen, unter die sich alle möglichen anderen Völker gemischt hatten. Viele von ihnen hatten das acacische Orange angelegt. Manche trugen ein Hemd oder eine Hose in dieser Farbe, andere hatten sich ein orangefarbenes Tuch um die Stirn oder den Oberarm gebunden oder trugen einen orangerot gefärbten Gürtel. Die Balbara-Krieger – die fast nackt herumliefen – hatten sich die Brust mit Ockerfarbe bemalt. Alles in allem gaben sie ein farbenprächtiges Bild ab. Maeander hatte einen besonderen Grund, sich darüber zu freuen. Er glaubte, dass Sprachbarrieren, verschiedene Gebräuche, unterschiedliche Kampfkraft und Tapferkeit sowie der uneinheitliche Ausbildungsstand der gegnerischen Kämpfer zur Folge haben würden, dass er lediglich ein wenig Chaos würde anrichten müssen, damit der Widerstand zusammenbrach.
Er eröffnete die Schlacht mit zwei gleichzeitig ausgeführten Manövern, die verhindern sollten, dass Aliver die Initiative ergriff. Er befahl den Soldaten vorzurücken und ließ die beiden gegnerischen Flügel von den Katapulten mit brennenden Pechkugeln beschießen. Seine Armee war dicht formiert und diszipliniert. Die Soldaten rückten stetig vor. Die vorderen Reihen der Acacier hörten bestimmt ihre Schlachtgesänge, das rhythmische Stampfen der Füße und das Gebrüll, mit dem die einzelnen Clans den Namensruf beantworteten. Ein wahrhaft erschreckendes Schauspiel.
Dazu kamen die gewaltigen, ruckartigen Bewegungen der Katapulte, deren Geschosse flammende Bahnen in den Himmel schrieben, bevor sie, eine schwarze Rauchfahne hinter sich herziehend, zu Boden stürzten. Diese Waffen hatten die Numrek in der Bekannten Welt als Erste eingesetzt, und die Mein hatten sie verbessert. Jetzt waren sie größer und mit gewaltigen Zahnrädern ausgestattet, und ihre Reichweite hatte sich verdoppelt. Mithilfe der Gildentechniker
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