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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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werden. Du, meine kleine Schwester, bist genauso zur Legende geworden wie Aliver.«
    »Eigentlich war es nur ein Baum«, bemerkte Mena. »Der Adler hat darin genistet. Und ich habe nicht mehr getan, als gegen ihn zu überleben.«
    Corinn musterte sie mit hochgezogenen Brauen. »Die Geschichtenerzähler geben es nie richtig wieder, nicht wahr? Jedenfalls freue ich mich, dass deine Heldentat nicht dein Tod war.«
    Da Mena argwöhnte, dass Corinn das Gespräch damit beenden wollte, stellte sie eine weitere Frage, die ihr auf dem Herzen lag. »Schwester, was hast du den Numrek als Gegenleistung für ihre Unterstützung versprochen? Das ist mir noch immer nicht klar.«
    »Dass sie über einen großen Teil Talays herrschen dürfen, so wie sie es für richtig halten.«
    Mena überlegte. »Ja, aber das scheint nicht auszureichen.«
    »Das sagst du.« Corinn wandte den Blick ab, als habe sie das Interesse an der Unterhaltung verloren. »Genug geredet. Wir sind hier, um zwei Männern die letzte Ehre zu erweisen, und davon sollten wir uns nicht ablenken lassen.«
    Die bunt zusammengewürfelte Gesellschaft, die sich bei den Klippen versammelt hatte, bot einen in vielerlei Hinsicht denkwürdigen Anblick. Alle bemühten sich, angesichts des Gestanks, den der Wind von den mit Vogelkot bedeckten Klippen zu ihnen hochwehte, nicht das Gesicht zu verziehen. Candovier standen Schulter an Schulter neben Senivalen, die wiederum neben Ausheniern standen, alle mit leuchtend weißen Gewändern bekleidet. Seeräuber von den Außeninseln mischten sich unter acacische Aristokraten. Sangae, Alivers Ersatzvater, stand inmitten einer Gruppe von Talayen, flankiert von Halaly und Balbara. Die Vumu hatten sich Adlerfedern ins Haar gesteckt. Die Bethuni hatten sich die Gesichter bemalt.
    Gemäß der Tradition hoben zwei angesehene Personen, die nicht zur Familie gehörten, die Urnen vom Wagen. Der dunkelhäutige Kelis war inzwischen von der Verletzung genesen, die er sich an jenem Tag zugezogen hatte, an dem sein Freund ums Leben gekommen war. Er trug die Urne mit Alivers Asche; Melio, dessen langes, braunes Haar im Wind flatterte, hielt das Gefäß mit Leodans sterblichen Überresten. Beide waren typische Vertreter ihres Volkes und boten einen prachtvollen Anblick. So jung, dachte Mena, so stark und voller Leben. Genau so hätte Aliver es sich gewünscht.
    Allerdings fragte sie sich, was er wohl von zweifelhaften Trauergästen wie Rialus Neptos gehalten hätte, der sich am Rande der Trauergesellschaft herumdrückte. Sein Gesicht war gerötet; er schniefte und hatte den Kragen des Umhangs hochgeschlagen, um seine Ohren zu schützen. Auch Sire Dagon und mehrere andere Gildenvertreter waren erschienen; sie hatten auf Stühlen Platz genommen, die von Dienern getragen worden waren. Was hatten diese Männer hier zu suchen – Männer, die Leodan im Stich gelassen und jahrelang Jagd auf Dariel gemacht hatten, um ihn zu vernichten? Sie beobachteten die Zeremonie mit zurückgelegten Köpfen, und ihr Blick schweifte des Öfteren zum wolkenverhangenen Himmel, als weilten sie mit ihren Gedanken woanders.
    Calrach und dessen Numrek nahmen einen Ehrenplatz ein. Es fiel Mena schwer, sie nicht anzustarren, fast noch mehr wegen ihres zivilisierten Auftretens und ihrer ordentlichen Kleidung. Das Haar hatten sie sich aus dem Gesicht zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten, der ihnen auf den Rücken hing. Ihre Gesichtszüge unterschieden sich gar nicht sehr von denen der Vertreter anderer Völker. Mena war sich allerdings nicht sicher, ob die Numrek menschenähnlicher geworden waren oder ob sie allmählich das Gefühl hatte, die Menschen hätten eine größere Ähnlichkeit mit den Numrek, als ihr bislang klar gewesen war.
    Die Zeremonie war schlicht. Sie hatten sich als Augenzeugen versammelt. Es wurden keine Trauerreden gehalten, und es gab keine letzten Riten. Keine im Andenken an die Verstorbenen gesprochenen Worte. Keine Musik wühlte die Emotionen auf. Dies alles war in den Tagen zuvor geschehen. Hier auf dem Hafenfels wurde die Asche der beiden Toten verstreut, wie die aller anderen Akaran-Könige zuvor. Corinn hatte klargemacht, dass sie ihren Bruder als König betrachte, obwohl er nie offiziell gekrönt worden sei.
    Als alle Aufstellung genommen hatten, nahm Corinn die Urne aus Melios Händen. Sie nannte ihren Vater beim Namen und wünschte ihm Frieden im Einssein mit der Erde und ein freudiges Wiedersehen mit seiner Gemahlin. Dann nahm sie den Urnendeckel

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