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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
Vom Netzwerk:
Streulicht eines Laserstrahls einen Kugelstrang erfasst,
flammt er plötzlich mit strahlendem Glanz auf, reflektiert die
Signale und übermittelt sie zurück ans Schiff.
»Ah!«
    »Kontakt«, schnurrt die Katze. Amber umklammert die
Stuhllehnen so heftig, dass ihre Fingerknöchel weiß
hervortreten.
    »Was meldet es?«, fragt sie leise.
    »Was melden sie«, berichtigt Aineko. »Es
sind Angehörige einer Handelsdelegation, und sie laden sich
gerade herauf. Ich kann das Verhandlungsnetzwerk, das sie uns
geschickt haben, dazu benutzen, ihnen ein Interface für unsere
Systeme zur Verfügung zu stellen, wenn du
möchtest.«
    »Halt, warte!« Amber, plötzlich nervös
geworden, steht halb von ihrem Platz auf. »Gib ihnen keinen
unbeschränkten Zugang! Was hast du dir dabei gedacht? Verfrachte
sie in den Thronsaal; in zwei Stunden werden wir ihnen eine
offizielle Audienz gewähren.« Sie denkt kurz nach.
»Dieses spezielle Netzwerk, das sie uns geschickt haben…
Kannst du uns Zugang dazu verschaffen und es dazu benutzen, ihr
grammatikalisches System für uns zu übersetzen?«
    Die Katze lässt den Blick umherschweifen und klopft mit dem
Schwanz gereizt auf den Boden. »Du tätest besser daran, das
Netzwerk persönlich heraufzuladen…«
    »Ich möchte nicht, dass irgendjemand an Bord
einen uns unbekannten Code herauflädt, bis wir eine
gründliche Sicherheitsprüfung vorgenommen haben«,
erklärt sie mit Nachdruck. »Genauer gesagt: Ich
möchte, dass sie in die Keller des Louvre eingeschlossen werden,
so gründlich, wie es uns überhaupt möglich ist.
Außerdem möchte ich, dass sie in unserer Sprache, mittels
unseres eigenen linguistischen Filters, mit uns kommunizieren. Hast
du das kapiert?«
    »Alles klar«, erwidert Aineko mürrisch.
    »Eine Handelsdelegation«, denkt Amber laut. »Was
würde Dad davon halten?«
     

     
    Eben noch war er in der Bar und hat mit Su Ang, Donna – dem
Avatar der Journalistin – und einer Kopie von Boris
irgendwelchen Blödsinn geredet. Im nächsten Augenblick wird
er unvermittelt in einen ganz anderen Raum befördert.
    Pierres Herz scheint im Brustkorb Purzelbäume zu schlagen,
doch er zwingt sich selbst, ruhig zu bleiben, als er sich in der nur
schwach beleuchteten, eichengetäfelten Kammer umsieht. Das hier
ist falsch, so falsch, dass es entweder einen Absturz wesentlicher
Betriebssysteme anzeigt oder den Zugriff alarmierend privilegierter
User-Programme auf seine persönliche Sphäre. Und die
einzige Person an Bord, der solche Privilegien zustehen,
ist…
    »Pierre?«
    Sie steht hinter ihm. Wütend dreht er sich zu ihr um.
»Warum hast du mich hierher verschleppt? Ist dir denn nicht
klar, dass es unhöflich ist, wenn man…«
    »Pierre.«
    Er hält inne und sieht Amber an. Er kann ihr nie lange
böse sein, nicht von Angesicht zu Angesicht. Sie ist zwar nicht
so dumm, mit den Wimpern zu klimpern, aber entwaffnend hübsch.
Dennoch fühlt sich ein Teil von ihm in ihrer Gegenwart fehl am
Platz und zusammengeschrumpft. »Um was geht’s?«, fragt
er kurz angebunden.
    »Ich weiß nicht, warum du mir in letzter Zeit aus dem
Weg gegangen bist.« Sie will zu ihm, hält jedoch inne und
beißt sich auf die Lippen. Tu mir das nicht an!, denkt
er. »Weißt du, dass du mir wehtust?«
    »Ja.« Das einzugestehen tut auch ihm selbst weh. Pierre
kann hören, wie sein Vater ihn über die Schulter hinweg
anbrüllt, als er ihn mit Laurent, Pierres älterem Bruder,
in flagranti erwischt. Er hat die Wahl zwischen seinem Vater und
Amber, aber es ist keine, die er von sich aus treffen möchte. Diese Schande. »Ich wollte nicht… Ich habe gewisse
Probleme.«
    »Wegen neulich Nacht?«
    Er nickt. Jetzt macht sie tatsächlich einen Schritt auf ihn
zu. »Wir können darüber reden, falls du
möchtest«, sagt sie. »Was immer du
möchtest.« Als sie sich zu ihm beugt, merkt er, wie sein
Widerstand schmilzt. Er streckt die Arme nach ihr aus und umarmt sie.
Sie erwidert die Umarmung und stützt ihr Kinn auf seine
Schulter, was ihm keineswegs fälsch vorkommt. Wie kann etwas,
das so gut tut, schlecht sein?
    »Ich hab mich dabei nicht wohl gefühlt«, murmelt er
in ihr Haar. »Muss mit mir selbst ins Reine kommen.«
    »O Pierre.« Sie streichelt seine Nackenhärchen.
»Das hättest du sagen sollen. Wir müssen es doch nicht
auf diese Weise tun, wenn du’s nicht möchtest.«
    Mit welchen Worten soll er ihr erklären, wie schwierig
für ihn das Eingeständnis ist, dass etwas falsch
läuft? Wie kann er das jemals

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