Accelerando
winkt ihn herüber.
Pierre sieht sich um, weil er unter den Zombies mit ihren leeren
Standardgesichtern (gewonnen aus der statistischen Analyse typischer
Gesichtsmodelle), die der Szene ein zusätzliches biologisches
Muster verleihen, nach wirklichen Menschen Ausschau hält. Da
drüben, im roten Kleid, ist das nicht Donna, die Journalistin?
Und das da hinten ist sie ebenfalls, mit kürzeren Haaren und in
männlicher Kleidung. Sie kommt überall hin. Und der da, der
hinter dem Bischof sitzt, ist Boris.
»Sag du’s ihr«, beschwört ihn Ang.
»Das kann ich nicht«, gesteht er.
»Schließlich versuchen wir, eine Kommunikation
herzustellen, nicht wahr? Aber wir wollen nicht allzu viel
darüber verraten, was wir sind und wie wir denken. Die
historische Verfremdung wird verhindern, dass sie allzu viel
über uns erfahren. Aus diesen Wurzeln hätten sich alle
möglichen technologisch orientierten Zivilisationen entwickeln
können. Deren potenzielles Spektrum ist so groß, dass man
kaum Rückschlüsse von damals auf heute ziehen kann. Also
überlassen wir die Hummer den Übersetzungsprogrammen und
geben nichts preis. Versuche dich so zu verhalten wie eine
Fürstin des fünfzehnten Jahrhunderts aus Albi – das
ist eine Sache der nationalen Sicherheit.«
»Hm.« Während ein Lakai herbeieilt, um einen
Klappstuhl hinter Ang aufzustellen, runzelt sie die Stirn. Gleich
darauf dreht sie sich um, um den weitläufigen rotgoldenen
Teppichläufer zu mustern, der sich bis zum Eingang erstreckt.
Trompeten erschallen, und die Türen schwingen auf, um die
Abordnung der Hummer einzulassen.
Die schwarzen Stachelhummer, groß wie Wölfe, wirken
bedrohlich. Ihre einfarbigen Rückenschilde kontrastieren auf
seltsame Weise mit den grellbunten Gewändern der hier
versammelten Menschen. Ihre riesigen Fühler sind scharf wie
Schwerter. Dennoch schreiten sie nur widerstrebend vorwärts und
schwenken die Stielaugen von rechts nach links und wieder
zurück, um die Szene in sich aufzunehmen. Ihre Schwänze
schleifen schwerfällig über den Teppich, aber dennoch
können sie sich mühelos aufrecht halten.
Der Erste der Hummer bleibt kurz vor dem Thron stehen und dreht
sich so, dass er ein Auge auf Amber richten kann. »Bin
inkonsistent«, jammert er. »Gibt hier kein flüssiges
Wasserstoffmonoxyd. Eure Spezies hat sich beim ersten Kontakt falsch
dargestellt. Erklärung für Inkonsistenz?«
»Willkommen im Interface der Field Circus, Teil eines
Raumfahrtprojekts der menschlichen Spezies in der realen
Raumzeit«, erwidert Amber gelassen. »Ich freue mich, dass
Ihr Übersetzungsprogramm angemessen funktioniert, wie ich
feststellen konnte. Sie haben Recht, es gibt hier kein Wasser.
Normalerweise brauchen die Hummer auch keins, wenn sie uns besuchen
kommen. Und wir Menschen sind keine Wasserbewohner. Darf ich fragen,
wer Sie sind, wenn Sie keine ausgeborgten Hummerkörper
tragen?«
Allgemeine Verwirrung. Der zweite Hummer richtet sich auf und
schlägt die langen, gepanzerten Fühler gegeneinander. Auf
beiden Seiten des Ganges festigen die Soldaten den Griff um ihre
Speere, doch es dauert nicht lange, bis der Hummer wieder die
ursprüngliche Haltung einnimmt.
»Wir sind die Wunch«, verkündet der erste Hummer
mit klarer Stimme. »Das hier ist ein auf diese Körper
abgestimmtes Übersetzungsprogramm. Basierend auf einer
Kartierung, die wir vor vierzigtausend Billionen Lichtkilometern aus
Ihrer Raumregion erhalten haben, richtig?«
»Er meint zwanzig Jahre«, flüstert Pierre
auf einem privaten Kanal, den Amber zur Übertragung an alle
anderen wirklichen Menschen in der Realität des Audienzsaals
installiert hat. »Sie haben die Maßeinheiten von Raum
und Zeit durcheinander gebracht. Verrät uns das
irgendetwas?«
»Relativ gesehen, recht wenig«, bemerkt jemand
– Chandra? Das Wortspiel löst allgemein höfliches
Gelächter aus, sodass sich die Spannung im Saal ein wenig
löst.
»Wir sind die Wunch«, wiederholt der Hummer. »Sind
gekommen, um Dinge von wechselseitigem Interesse auszutauschen. Was
haben Sie, das wir begehren könnten?«
Amber runzelt leicht befremdet die Stirn. Pierre merkt, dass sie
sehr schnell nachdenkt. »Wir betrachten diese Frage als
unhöflich«, erklärt sie leise.
Vom Steinboden her ist ein Scharren von Klauen zu hören,
außerdem rasseln und klicken die Beißwerkzeuge der
Hummer. »Haben Sie unsere Übersetzungssoftware
empfangen?«, fragt der Anführer der Hummer.
»Beziehen Sie sich auf die Datenübertragung, die
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