Accelerando
durch eines, das
ewiges Herumprozessieren ermutigt. Es beschränkt irgendwelche
hirnrissigen Unternehmensansprüche und fördert stattdessen
das Überleben der Zähesten. Deshalb wollte ich ja auch
einen Prozess, der als Wettkampf ausgetragen wird. Als Wettstreit
darin, wer sich im Konkurrenzkampf um fremde Handelsmärkte am
besten bewährt. Angenommen, es sind wirklich Händler, haben wir meiner Meinung nach mehr mit ihnen auszutauschen als
irgendein verdammter Rechtsanwalt aus den Tiefen des irdischen
Lichtkegels.«
Pierre zwinkert. »Hm.« Er zwinkert erneut. »Und ich
dachte, du wolltest, dass ich mir irgendein kinematisches
Fechtprogramm herauflade und den Kerl aufspieße… «
»Wie konntest du nur so etwas annehmen? Du weißt doch,
wie gut ich dich kenne.« Sie gleitet von der Stuhllehne
herunter, landet auf seinem Schoß und dreht sich um, um ihn aus
nächster Nähe anzusehen. »Scheiße, Pierre, ich
weiß doch, dass du nicht irgendein psychopathischer Macho
bist!«
»Aber die Rechtsanwälte deiner Mutter…«
Das tut sie mit einem Achselzucken ab. »Es sind doch nur Rechtsanwälte. Daran gewöhnt, sich an
Präzedenzfällen zu orientieren. Die beste Möglichkeit,
ihre Köpfe durcheinander zu bringen, besteht darin, das
Universum anders ticken zu lassen, als sie es gewöhnt
sind.« Sie lehnt sich gegen seine Brust. »Du wirst
Hackfleisch aus ihnen machen. Das Verhältnis von Einnahmen und
Gewinnen so ad absurdum führen, dass sie das Geld durch den
Schornstein gehen sehen und ihr Blut vom Boden der Börse
abwischen können.« Seine Hände verschränken sich
um ihr Kreuz. »Mein Held!«
In den Tuilerien wimmelt es von verwirrten Hummern.
Aineko hat dieses virtuelle Reich ausgetüftelt und ein zwei
Meter breites symbolisches Tor in die sorgfältig gepflegten
Gärten da draußen eingelassen. Es ist ein von
Grünspan überzogenes Tor aus korrodierter Bronze, das sich
wie ein Bogen mitten über einen Kiesweg spannt und hier
völlig deplatziert wirkt. Riesige schwarze Hummer – jeder
so groß wie ein kleines Pony – schlurfen mit zuckenden
Fühlern aus der hellblauen Pufferzone heraus. In der realen Welt
könnten sie nicht existieren, doch das hier herrschende
physikalische Modell wurde durch spezielle Maßnahmen so
modifiziert, dass sie atmen und sich bewegen können.
Amber schnaubt verächtlich, als sie den großen
Empfangssaal im Sully-Flügel betritt. »Man kann die Katze
mit nichts betrauen«, murmelt sie.
»Aber es war doch deine Idee, oder nicht?«, fragt
Su Ang und versucht sich an den Zombie-Hofdamen
vorbeizuschlängeln, die Ambers Schleppe tragen. Auf beiden
Seiten des Ganges haben sich Soldaten postiert, die eine
stählerne Phalanx bilden, damit die Königin ungehindert
passieren kann.
»Den Vorschlägen der Katze zu folgen, ja.« Amber
ist verärgert. »Aber ich hatte keineswegs vor zuzulassen,
dass sie die Kontinuität zerstört! Das kann ich nicht
dulden!«
»Ich hab sowieso noch nie eingesehen, was all dieses
mittelalterliche Getue soll«, bemerkt Ang. »Ist ja nicht
so, dass man die Singularität umgehen kann, indem man sich in
der Vergangenheit verkriecht.« Pierre, der der Königin in
gewissem Abstand folgt, schüttelt den Kopf. Er weiß, dass
es nichts bringt, mit Amber wegen ihrer Vorstellung von gelungenen
Inszenierungen einen Streit vom Zaun zu brechen.
»Es sieht einfach gut aus«, erwidert Amber angespannt,
während sie vor ihrem Thron stehen bleibt und darauf wartet,
dass sich die Hofdamen vor ihr aufbauen. Vorsichtig nimmt sie Platz
und setzt sich kerzengerade auf, während sich ihre
voluminösen Röcke wie Glocken um sie bauschen. Ihr Kleid
ist eine kunstvolle Skulptur, die den darin steckenden menschlichen
Körper als stützende Struktur benutzt. »Es beeindruckt
die Bauerntrampel und wirkt in der Medienberichterstattung begrenzter
Reichweite recht überzeugend. Es befriedigt den in uns
angelegten Sinn für Tradition. Gleichzeitig weist es auf die
tieferen politischen Dimensionen von Furcht und Hass hin, mit denen
sich mein Hofstaat ständig befasst, und sagt den Leuten, dass
sie besser nicht versuchen, mich zu verarschen. Es ruft uns ins
Gedächtnis, wo wir herkommen… Und es verrät nichts darüber, wohin wir steuern.«
»Aber das ist einem Haufen Aliens in Hummergestalt doch
völlig egal«, entgegnet Su Ang. »Denen fehlt doch
jeder Bezugspunkt, um es richtig zu verstehen.« Sie tritt vor
und stellt sich hinter den Thron. Amber wirft Pierre einen Blick zu
und
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