Accelerando
verdammten transhumanen
Cyborg-Katze ebenso wenig vorhersagen wie das einer echten Katze.
»Und jetzt stellt sich die Frage der Entlohnung.«
»Entlohnung.« Das Gespenst klingt belustigt. Aber Pierre
hat Amber mitgeteilt, wonach sie Ausschau halten muss, sodass sie
jetzt die Übersetzungsmembranen ringsum registriert. Deren
Farbveränderungen deuten auf eine riesige semantische Differenz
hin; das Geschöpf auf der anderen Seite ist weit davon entfernt,
menschenähnlich zu sein, auch wenn es wie ein gespenstisches
Ebenbild von Amber wirkt.
»Wie kann man von uns/mir erwarten, unser Geld für
Dienste auszugeben, mit denen du unsere Leistungen abgegolten
hast?«
Amber lächelt. »Wir wollen einen offenen Kanal, der zu
dem Router zurückfuhrt, durch den wir hierher gekommen
sind.«
»Unmöglich.«
»Wir wollen einen offenen Kanal. Außerdem soll er noch
sechshundert Millionen Sekunden offen bleiben, nachdem wir ihn
geräumt haben.«
»Unmöglich.«
»Wir können euch als Gegenleistung eine ganze
Zivilisation anbieten«, bemerkt Amber milde. »Eine ganze
Nation von Menschen, Millionen von Individuen. Lasst uns einfach
ziehen, dann sorgen wir schon dafür.«
»Du… Bitte warte.« Das Gespenst leuchtet schwach
auf und fasert an den Rändern aus.
Während es sich mit anderen Knotenpunkten seines Kollektivs
berät, öffnet Amber einen Privatkanal, der sie mit Pierre
verbindet. Sind die Wunch schon da, wo wir sie haben
wollen?
Die treffen gerade ein. Dieser Haufen hier weiß gar
nicht, was auf der Field Circus geschehen ist. Die
Aufzeichnungen der Ereignisse sind nie angekommen. Deshalb hat die
Schnecke sie zur Zusammenarbeit bewegen können. Es ist irgendwie
unheimlich, ihr Treiben mit anzusehen – wie die Invasion der
Körperfresser, verstehst du?
Ist mir egal, ob es unheimlich ist. Ich muss wissen, ob wir so
weit sind.
Sadeq sagt ja, das Universum steht.
Also gut. Lade dich herunter. Wir werden bald
aufbrechen.
Das Gespenst nimmt vor Amber wieder festere Gestalt an. »Eine
ganze Zivilisation? Das ist doch gar nicht möglich. Bei eurer
Ankunft…« Es hält inne und verschwimmt ein wenig. Ha, jetzt hab ich dich beim Lügen ertappt, denkt Amber. Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, und wenn er auch die
Wahrheit spricht! »Die menschliche Zivilisation hast du wohl
nicht zufällig in den Archiven gefunden?«, fragt das
Gespenst.
»Das Monster, über das du dich beschwert hast – das
Ding, das mit uns hierher kam –, ist ein Raubtier«,
versichert sie ihm mit sanfter Stimme. »Es hat sich eine ganze
Nation einverleibt, ehe wir seine Aufmerksamkeit heldenhaft auf uns
lenkten und es dazu brachten, uns in den Router zu folgen. Es ist ein
Allesfresser, der sämtliche Einzelheiten in seinen
Verdauungstrakten speichert. In seinem Innern war noch alles
vorhanden, wenngleich in erstarrtem Zustand, bis wir es wieder
aufgetaut haben, sodass sich die menschliche Zivilisation ausbreiten
konnte. In unserem Sonnensystem hat man diese Zivilisation mit Hilfe
aktueller Versionen sicher schon wiederhergestellt und auf den
neuesten Stand gebracht. Also haben wir nichts davon, wenn wir sie
mit nach Hause nehmen. Aber wir müssen zurückkehren, um
sicherzustellen, dass keine weiteren Raubtiere dieses Typs den Router
entdecken – oder das Zentrum hoher Bandbreite, das wir mit dem
Router verlinkt haben.«
»Und du bist dir sicher, dass du dieses Monster getötet
hast?«, fragt das Gespenst. »Vielleicht hat es sich im
eigenen Verdauungstrakt versteckt und taucht irgendwann wieder auf.
Das wäre überaus lästig.«
»Ich kann garantieren, dass es euch nicht mehr
belästigt, wenn ihr uns ziehen lasst.« Im Geiste
drückt Amber jetzt beide Daumen. Offenbar hat das Gespenst den
riesigen Brocken der in Fraktalen komprimierten Datenmengen nicht
bemerkt, der ihr persönliches Umfeld erheblich aufbläht.
Immer noch kann sie in ihrem Kopf das Lächeln spüren, das
Aineko ihr zum Abschied geschenkt hat; als lausche sie einem Echo,
erinnert sie sich an Ainekos Zähne aus Elfenbein und das
Vertrauen der Katze darauf, dass Amber sie ins Leben zurückrufen
wird, falls der Fluchtplan von Erfolg gekrönt ist.
»Wir/unsere Gemeinschaft sind einverstanden.« Das
Gespenst dreht sich auf bizarre Weise und verwandelt sich in eine
fünfdimensionale Hypersphäre. Einen Augenblick lang
sprudelt es heftig, dann spuckt es ein kleineres Token aus – und
die Luft krümmt und verzerrt sich, als hätte sich ein
Schwarzes Loch gebildet, in dem keine
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