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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Schwerkraft herrscht.
»Hier ist dein Durchgang. Zeig uns die Zivilisation.«
    »Okay, los.« (Jetzt!) Als Amber mit einem
imaginären Muskel zuckt, löst sich eine Zimmerwand zu einem
Eingang auf, der in Sadeqs persönliche Hölle führt.
Nur ist diese Hölle jetzt neu ausgestattet und stellt ein
angemessenes Ebenbild einer iranischen Industriestadt des
einundzwanzigsten Jahrhunderts dar, bevölkert von
parasitären Wunch, die ihr Glück gar nicht fassen
können: Ein ganzer Kontinent voller Zombies wartet nur darauf,
die Wirtskörper für ihr nach einer fleischlichen Hülle
gierendes Bewusstsein zu liefern.
    Das Gespenst treibt auf das offene Fenster zu, während Amber
sich das Schwarze Loch schnappt, es mit einem Ruck öffnet, ihre
Gedanken ordnet und Weit offen! über den Kanal sendet,
auf dem alle Übrigen zuhören. Einen Augenblick lang steht
die Zeit still, und dann…
     

     
    Ein synthetischer Edelstein, so groß wie eine Coladose,
fällt in hoher Umlaufbahn um einen Braunen Zwerg durch das kalte
Vakuum. Doch das Vakuum ist alles andere als dunkel. Ein saphirblauer
Strahl, so hell wie die Mittagssonne auf dem Mars, erfasst den
bizarren Diamanten, sodass sich Segel, die so fein sind wie
Seifenblasen, aufblähen und entfalten, langsam spannen und von
der Kapsel wegtreiben. Der Proxy des ausgebildeten
Schneckenkollektivs hat sich in die Firmware des Routers gehackt,
sodass das offene Wurmlochtor, das für Energie sorgt, so hell
wie ein nuklearer Feuerball strahlt. Die Laserstrahlen stammen von
einem viele Lichtjahre entfernten Stern und wurden hierher geleitet,
um die Field Circus auf ihrer Heimreise zu dem früher von
Menschen bewohnten Sonnensystem mit Energie auszurüsten.
    Gemeinsam mit Pierre hat sich Amber in eine Simulation ihres
Zuhauses im Ring-Imperium zurückgezogen. Eine Wand des
Schlafzimmers besteht aus Diamantglas und bietet von einer Umlaufbahn
aus, die so niedrig ist, dass der Horizont flach erscheint, Aussicht
auf die brodelnde Ionosphäre Jupiters. Amber und Pierre haben
sich auf dem Bett zusammengerollt, das eine etwas bequemere Version
der Ruhestätte des englischen Königs Heinrichs VIII.
darstellt. Es sieht so aus, als wäre es aus tausend Jahre alten
Eichenstämmen gezimmert. Aber wie bei so vielen anderen Dingen
im Ring-Imperium täuscht das Äußere auch hier. Und
das gilt erst recht für die engen Simulationsräume an Bord
der Field Circus, die sich mit einem Zehntel
Lichtgeschwindigkeit dahinschleppt. Vermutlich ist das auch die
höchste Reisegeschwindigkeit, die das Schiff erreichen wird,
denn es muss mit einem Bruchteil seiner ursprünglichen Segel
auskommen.
    »Lass mich rekapitulieren: Du hast sie also überzeugt.
Die Einheimischen. Davon überzeugt, dass eine Simulation des
Iran eine menschliche Zivilisation darstellt. Obwohl sie nur von
Zombies bevölkert ist, in deren Körper Angehörige der
Wunch geschlüpft sind. Richtig?«
    »Jaaa.« Amber streckt sich träge und lächelt
Pierre affektiert an. »Das ist deren eigene Schuld, verdammt
noch mal. Würden die Informationseinheiten dieses
unternehmerischen Kollektivs die Anschauungen und Erfahrungen der mit
Bewusstsein begabten Wesen nicht nur als Zahlungsmittel benutzen,
wären sie auf einen solchen Trick ja gar nicht hereingefallen,
nicht wahr?«
    »Menschen. Die als Zahlungsmittel benutzt werden!«
    »Nun ja.« Sie gähnt, setzt sich auf und schnippt
gebieterisch mit den Fingern. Sofort tauchen in ihrem Rücken
Daunenkissen auf und zwischen Amber und Pierre ein Silbertablett, auf
dem zwei gefüllte Weingläser stehen. »Auch bei uns zu
Hause gelten Körperschaften als Lebensformen, stimmt’s? Und
auch wir benutzen sie als Handelsware. Wir geben
unseren K.I.s die Form von Körperschaften oder unternehmerischen
Kollektiven und machen sie damit zu gesetzlich anerkannten
Entitäten, aber die Parallelen gehen noch weiter. Schau dir doch
nur das Hauptbüro eines solchen Unternehmens an, ausgestattet
mit Kunstwerken, teuren Möbeln und Personal, das ständig
dienert und Kratzfüße macht…«
    »Diese Entitäten bilden die neue Aristokratie,
stimmt’s?«
    »Nein, stimmt nicht. Wenn sie an den Drücker kommen,
läuft es eher auf so etwas wie eine neue Biosphäre hinaus.
Teufel noch mal, auf eine neue Urzeitsuppe: Prokaryoten, Bakterien
und Algen, die hirnlos ausschwärmen und ihre Zahlungsmittel
für Plasmide einsetzen.« Die Königin reicht ihrem
Gefährten ein Weinglas. Als er daraus trinkt, füllt es sich
auf wundersame Weise

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