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Accelerando

Accelerando

Titel: Accelerando Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Wesen. Du weißt doch, was das
für uns bedeutet?«
    »Eine zweite Kindheit.« Aineko steht auf, streckt sich
und rollt sich gleich darauf im Katzenkörbchen zusammen.
»Das ist das Problem, wenn man euch nackte Affen auf ein langes
Leben programmiert. Immer wieder braucht ihr jemanden, der euren
Zwischenspeicher leert und auf den Reset-Schalter drückt –
und dann verliert ihr die Verbindung zu eurem früheren Leben.
Aber das ist nicht mein Problem, Sirhan. Ich habe ein Signal vom
anderen Ende des Router-Netzwerks empfangen, von einem Agenten, der
behauptet, zur Familie zu gehören. Behauptet, sie hätten es
endlich in die fernste Ferne geschafft, bis in die Raumregionen
jenseits des Superclusters im Bootes-Vakuum, und etwas so Konkretes
und Wichtiges gefunden, dass ein Besuch sich für mich lohnen
würde. Aber ehe ich antworte, möchte ich sicherstellen,
dass es sich nicht um so etwas wie die Wunch handelt. Die lass
ich nicht in meinen Verstand, nicht einmal mit einer Sandbox.
Verstehst du das? Ich muss einen wirklich lebendigen erwachsenen
Manfred mit all seinen Erinnerungen zurück ins Leben rufen,
einen Manfred, der kein Teil von mir gewesen ist, und ihn dazu
bringen, sich für das mit Bewusstsein begabte Informationspaket
zu verbürgen. Bei einem solchen Nachrichtenübermittler muss
es ein ebenfalls mit Bewusstsein begabtes Wesen sein, das dessen
Authentizität überprüft. Leider hat der
Geschichtstempel entschieden was dagegen, wenn man etwas ohne
Genehmigung aus ihm entfernt – was ärgerlich ist. Ich kann
nicht einfach hineingehen und eine Kopie von Manfred klauen. Und mein
eigenes Modell von Manfred möchte ich nicht benutzen, das
weiß zu viel. Deshalb…«
    »Was verspricht uns das Ganze?«, fragt Sirhan mit
angespannter Stimme.
    Aineko sieht ihn aus Schlitzaugen an, während aus ihrer Kehle
ein Schnurren dringt. »Alles.«
     

     
    »Es gibt verschiedene Arten des Todes«, teilt die Frau
namens Pamela Manni mit knochentrockner Stimme mit – ein
Flüstern im Dunkeln. Manni versucht sich zu bewegen, aber
offenbar ist er in einem begrenzten Raum eingesperrt. Einen
Augenblick lang gerät er in Panik, aber gleich darauf bekommt er
sich wieder in den Griff. »Das Erste und Wichtigste ist, dass
der Tod nur die Abwesenheit von Leben bedeutet – oh, und
für menschliche Wesen auch die Abwesenheit von Bewusstsein. Aber
nicht nur das: Es fehlt auch die Fähigkeit, Bewusstsein zu
entwickeln.«
    Die Dunkelheit ist dicht und desorientierend, und Manni ist sich
nicht sicher, wo oben und unten ist, nichts scheint zu funktionieren.
Selbst Pamelas Stimme ist nur ein Geräusch in der Umgebung,
kommt nicht aus einer bestimmten Richtung, sondern von überall
her.
    »Der simple altmodische Tod, die Art von Tod, die der
Singularität vorausging, brachte früher alle Lebensformen
unvermeidlich zum Stillstand, versetzte sie in einen Halting
State. Trotz aller Märchen über das Leben nach dem
Tode.« Ein trockenes Kichern. »Früher glaubte ich
jeden Tag noch vor dem Frühstück an irgendein anderes
Märchen, weißt du, nur für den Fall, dass Pascal mit
seiner Wette vielleicht doch richtig lag. Und dabei habe ich den
Phasenraum für alle möglichen Wiederauferstehungen
erkundet, weißt du? Aber ich glaube, wir können uns an
diesem Punkt darauf einigen, dass Dawkins Recht hatte. Das
menschliche Bewusstsein ist für gewisse Typen ansteckender
memetischer Viren anfällig. Und Religionen, die ein Leben nach
dem Tode versprechen, sind ein besonders bösartiges Virus, weil
sie unsere natürliche Aversion gegen Halting States ausnutzen.«
    Ich bin doch gar nicht tot, versucht Manni zu sagen, aber
sein Kehlkopf scheint nicht zu funktionieren. Und jetzt, wo er
darüber nachdenkt, fällt ihm auf, dass er offenbar auch
nicht atmet.
    »Nun zum Bewusstsein. Das ist ein komisches Ding, nicht wahr?
Das Ergebnis eines Wettrüstens zwischen Raubtier und Beute. Wenn
du beobachtest, wie sich eine Katze an eine Maus anschleicht, wirst
du der Katze bestimmte Absichten zuschreiben können; und diese
Absichten lassen sich am leichtesten dadurch erklären, dass die
Katze eine Theory of Mind besitzt, mit deren Hilfe sie sich in
die Maus einfühlen kann. Innerlich simuliert die Katze das
wahrscheinliche Verhalten der Maus, sobald diese ihren Jäger
bemerkt hat – beispielsweise simuliert sie deren Fluchtweg. Und
die Katze wird diese Theorie dazu benutzen, ihre Angriffsstrategie zu
optimieren. Von daher haben bestimmte Arten von Beutetieren, die

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