AC/DC - Maximum Rock N Roll
einzigartigen Energie und ihrer Spielfreude inzwischen auch bei einem Publikum durch, das bis dato als schwierig galt. Wizard, ein Mitglied der 60 Mann starken Gang Annandale/ Leichhard-Sharpies, erinnert sich an einen Gig im Hornsby Police Boys Club: »Einer der Typen sprang auf die Bühne, riss Angus die Mütze vom Kopf, setzte ihm eine von den Sharpies auf, die wie eine Golfermütze aussah, und haute mit Angus’ Kopfbedeckung ab. Wir gaben sie ihm nachher wieder – es war nur für ein paar Songs.«
Die erste Fotosession: Dave Evans, Rob Bailey, Malcolm, Peter Clack und Angus, im Juli 1974 in Sydney.
Im August hatte »Can I Sit Next To You« bei GTK Premiere. Zur gleichen Zeit tourte Lou Reed, der König dekadenter Rockmusik, erstmals durch Australien. Wer wäre besser als Aufwärmer für ihn geeignet gewesen als eine junge Band mit einem Schuljungen als Gitarristen, deren Name noch dazu auf Bisexualität anspielte? Da es sich um eine Tour handelte, die über den ganzen Kontinent führen sollte, war es eine hervorragende Promotionmöglichkeit für AC/DC.
In Melbourne erfuhren die Musiker jedoch, dass sie die Lautsprecheranlage nicht in vollem Umfang nutzen durften. Malcolm explodierte und rief sofort bei George an.
Dave Evans: »George setzte sich in den nächsten Flieger und kam nach Melbourne. Er baute sich vor Lou Reeds Soundtechnikern auf und fauchte: ›Ihr gebt diesen Jungs die Vollbedienung, kapiert?‹ Dann blieb er neben dem Mischpult stehen und passte auf, dass wir die ganze Power bekamen. Mit George Young legt sich niemand an!«
Während der Reed-Tournee kam es beim Konzert in Perth zu einer neuen Aufgabenverteilung innerhalb der Band. Malcolm erklärte, dass Angus von nun an die Leadgitarre übernehmen solle und er ab sofort Rhythmusgitarre spielen würde. Sie würden sich nicht mehr abwechseln, so wie bisher.
Dave Evans: »Er sagte: ›Wir brauchen einen neuen Schwerpunkt in der Band.‹ Malcolm ist ein ziemlich cleverer Typ und hat einen sehr ausgeprägten Geschäftssinn. Ich weiß noch, dass ich damals zu Malcolm sagte: ›Alter, ich finde es super, was du auf der Gitarre machst! Es wäre eine verdammte Verschwendung, wenn du nur noch Rhythmusgitarre spielst. Du bist besser als Angus!‹ Doch er meinte nur: ›Spielt keine Rolle.‹«
Angus hatte sich immer schon gewünscht, der aufsehenerregende Solokünstler zu sein. Und wenn er in technischer Hinsicht Rat brauchte, stand ja Malcolm, der Gitarrenmeister, nur einen Schritt hinter ihm. Das neue Arrangement erwies sich als ideal.
Zu der klaren Aufteilung im Gitarrenbereich kamen noch weitere Veränderungen. Die wachsende Beliebtheit der Skyhooks aus Melbourne, die mit aufwändigen Kostümen und Theatereinlagen auf die Bühne gingen, gab für AC/DC den letzten Ausschlag, auf Verkleidungen zu verzichten. Die beiden Youngs und ihre Mitstreiter hatten nicht die Absicht, in einen Kostümwettbewerb mit anderen Bands zu treten, schon gar nicht mit den überkandidelt ausstaffierten Skyhooks. Das Einzige, was übrig blieb, war Angus’ Schuluniform.
Gleichzeitig wurde der frischgebackene Leadgitarrist allmählich aktiver. Fortan stand er nicht mehr nur konzentriert auf der Bühne und spielte. Er begann sich mehr und mehr zu bewegen – und das, obwohl er seine Energie aus wenig anderem speiste als aus Milch, Keksen und Zigaretten.
In einem Fernsehinterview Anfang der Neunziger erklärte ihr schottischer Landsmann, der Schauspieler und Sänger Billy Connolly, dass er zu Beginn seiner Karriere auch in seltsame Verkleidungen geschlüpft war, weil es ihm das Gefühl gab, alles tun zu können, was er wollte. Für Angus hatte die Schuluniform allmählich eine ähnlich befreiende Wirkung.
Ermutigt von George und Malcolm entdeckte er, dass er wie ein Irrer über die Bühne wirbeln konnte, während er gleichzeitig mit einer emotionalen Tiefe spielte, wie er sie an Instrumenten wie Saxophonen bewunderte. Er brillierte mehr und mehr mit Soli, auf die seine Helden Jeff Beck oder Leslie West von Mountain stolz gewesen wären. Da Angus nun aber noch mehr Aufmerksamkeit erhielt, kamen auch die schwelenden Spannungen zwischen Dave Evans und den Youngs – die in erster Linie auf charakterlichen Gegensätzen beruhten – endgültig zum Ausbruch.
Eines Abends kam es zwischen Evans, befeuert von einer Flasche Drambuie, und dem genervten Angus zu einer Schlägerei, in deren Verlauf der kleine Gitarrist den Sänger, mit dessen Leistung er schon länger nicht
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