AC/DC - Maximum Rock N Roll
einen, die früh am Abend Konzerte für sehr junge Leute gaben. Und die anderen, die wesentlich lauter und härter nachts in den Clubs auftraten, ohne schrille Anzüge und Kommerzpop.
In dieser aggressiven Umgebung kam Bon verstärkt zu seinem Recht, als Frontmann aufzutreten. Wobei er sich ab und zu auf Timbales begleitete, kubanischen Trommeln, die er kurz zuvor gekauft hatte.
Wyn Milson: »Bon sang frühe Sachen von Led Zeppelin oder auch vom ersten Santana-Album. Wir brauchten dafür auch eine Stimme, wie er sie hatte. Ich – und Bon auf alle Fälle auch – wollte genau in diese Richtung gehen. Uns brachte es überhaupt keine Befriedigung, in grellbunten Anzügen herumzuhüpfen und alberne Texte zu singen.«
In Melbourne begegnete Bon schließlich seinem alten Kumpel Billy Thorpe, den er Mitte der Sechziger in Perth kennengelernt hatte. Thorpe war neu in der Stadt und feilte an einer neuen, aggressiveren Variante seiner Band, den Aztecs. Bon war einer der Ersten, der sie sich live ansah. Die Power der Gruppe warf ihn beinahe um.
Billy Thorpe: »Bon war ein verdammter Irrer, er war komplett durchgeknallt, Alter. Kleine Männer leiden alle am Kleine-Männer-Komplex. Ich auch. Wir haben alle diese Macke: ›Was hast du Wichser gerade gesagt? Was guckst du mich so blöde an?‹ Bon war da nicht anders. Damals waren ja auch noch einige üble Substanzen im Umlauf, die uns noch schneller in die Luft gehen ließen als unter normalen Umständen. Kombiniert mit Whisky entstand schnell eine aggressive Stimmung. Bon war kräftig dabei. Er war wie wir alle. Wir waren damals 24, 25 Jahre alt, Bon war ein bisschen jünger als ich. Er war ein guter Kerl, auf den man sich verlassen konnte.
Es war komisch zu sehen, wie sich Bon, der Rocksänger, in Bon, den Kabarettsänger, verwandelte, weil es zwei so extrem unterschiedliche Persönlichkeiten waren. Der eine Bon verdiente das Geld im Smoking und mit Fliege, der andere hing nach den Konzerten backstage herum, rauchte Dope und soff mit den Aztecs, sprang dann wieder auf die Bühne und kreischte ins Mikrofon, wann immer er dazu Gelegenheit bekam. Ich erinnere mich, wie er eines Abends zu mir sagte: ›Ich werde es schaffen, eines Tages werde ich ganz nach oben kommen.‹ Er war gefrustet, weil er in dieser Valentines-Kiste drinhing. Schließlich wäre er viel lieber völlig durchgeknallt über die Bühne getobt. Aber damit konnte er damals noch kein Geld verdienen.«
Außerdem war Bon ein echter Romantiker. Einmal fuhr er mit dem Zug von Melbourne nach Sydney, nur um mit einem Mädchen ins Kino zu gehen. Schon am nächsten Tag kehrte er nach Melbourne zurück – nach einer Tour von über 2000 Kilometern.
Währenddessen ging der Siegeszug der Valentines weiter. Bon und Vince sprangen auf der Bühne umher wie die Bergziegen, umringt von farbigen Rauchbomben und Verstärkern. Lovegrove erklärte dem Go-Set recht zufrieden, das Geheimnis des Banderfolgs sei die Kombination der beiden Sänger.
»Ich bin zwar beliebter als Bon«, erklärte er in der Go-Set -Ausgabe vom 14. Juni 1969, »aber er ist ein viel besserer Sänger als ich. Ich würde sogar sagen, er ist der am meisten unterschätzte Sänger in ganz Australien.«
Wie poppig die Valentines inzwischen geworden waren, zeigte sich im Juli, als die Single »Nick Nack Paddy Whack« erschien (der Text der B-Seite, »Getting Better«, stammte erstmals aus der Feder von Bon). Im Go-Set wählten die Leser die Valentines auf Platz 9 der beliebtesten australischen Bands.
Im September bekam das Nette-Jungs-Image der Band einen bösen Kratzer, als die Polizei mit großem Aufgebot einen Rettungsschwimmerklub in Melbourne stürmte, in dem die Band probte und ihre Songs schrieb. Man verhaftete die Musiker wegen Besitzes von Marihuana, nachdem ein Mitglied einer befreundeten Band den Beamten einen Tipp gegeben hatte, um den eigenen Hals zu retten. Die folgende Anklage und der Entschluss der Band, öffentlich für die Legalisierung von Marihuana einzutreten, führten allerdings nicht dazu, dass die Popularität nachließ.
Zu Bons großer Freude wurden die Valentines nach einem Auftritt in einem Fernseh-Special über die Easybeats noch einmal als Support für ihre Idole gebucht, diesmal im Caesar’s Place in Sydney. Dort bekamen sie ähnlich viel Applaus wie die aus Übersee zurückgekehrten Helden. Eines Abends erlebte Stevie Wright die Band von ihrer dunkleren Seite in einem Club. Er konnte kaum glauben, wie hoch Bons Stimme klang,
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