Ach du lieber Schwesternschreck!
heult.
»Abstellen!«, schreit Brömme. »Ausmachen!«
Da kommt die Schulsekretärin hereingestürzt. Sie macht große Augen. »Feuer!«, schreit Lulu von hinten. »Feuer!« Nur so aus Spaß schreit sie das. Die Sekretärin wird blass, verschwindet in Blitzeseile hinter der zufallenden Tür. Wir lachen.
Brömme findet den Schalter. Die Sirene ist wieder still. »Wer war das?«, fragt er.
Ich will mich gerade melden, Flo auch. Da hören wir draußen: »Tatütata, tatütata, tatütata!«
Dann ist die Feuerwehr da.
So war das. Und jetzt stehen wir vorm Direktor. Ich und Flo. Papa und Mama sind auch gerufen worden, Flos Vater auch. Wir wissen gar nicht, wie alles passiert ist. Nur dass die Sekretärin die Feuerwehr gerufen hat, dass wir unsere Alarmanlage zeigen wollten, dass Lulu »Feuer!« geschrien hat, dass die Feuerwehr da war und dass das über 300 Euro kostet. »Dazu kommt noch die Mehrwertsteuer«, sagt Papa.
Wir stehen da. Stunden, denk ich. Keiner weiß, was ist. Ich merk auf einmal wieder meine Zahnlücke.
»Wer hat denn >Feuer!< geschrien?«, fragt der Direktor. Ich sag nichts. Und Flo auch nicht.
»Wenn man etwas erfindet, muss man auch die Verantwortung dafür tragen«, sagt Papa.
»Aber Papa, das war doch nur ein Spaß«, will ich sagen, sag es aber nicht.
In der Schule bleibt Papa völlig cool, aber als wir nach Hause fahren im Auto, ist er nicht mehr so cool.
Ich sag so einen Leitspruch:
Schon um deiner Eltern willen,
darfst du keinen Lehrer killen.
Ist mir so eingefallen. Er wird ziemlich laut, mein Papa.
Ich stecke die Zunge in meine Zahnlücke. Das mach ich jetzt immer, wenn ich nachdenke.
Und wenn ich jetzt von der Schule fliege? Nur ich, und Flo darf bleiben? Oder Flo fliegt? Und einer ist allein?
Lange Diskussion mit Papa und Mama. Langweilig. Ich gehe in mein Zimmer. Ich soll da warten, meint Papa, und nicht schon wieder irgendwas in Gang setzen.
Unter mir ist das Wohnzimmer. Ich lausche. Ich kann nicht viel verstehen. Ich glaube, es geht wieder um das Vaterbild. Oh heiliger
Stern! Ich denk an Mamas und Papas doppelte Denkfalte. Und mach für Papa und Mama einen langen Zauberspruch, den sie einsetzen können, wenn sie mal Pech haben.
Pech, geh weg und Pokusmokus!
Pech, verschwinde, Hokuspokus.
Ich probier ihn, aber er wirkt sicher nur bei Papa und Mama. Ist ja auch für sie! Wenn mal das Garagentor klemmt oder Papa seine beste Hose oder seinen schwarzen Kamm verloren hat.
Mein Blick fällt auf meine Zettelsammlung. Da habe ich eine Idee: All die Zettel, die ich geschrieben habe, die schenke ich meinem Papa. Damit mein Papa mich versteht. Ich binde sie zusammen mit einem roten Faden. Und vorne schreib ich drauf:
Für meinen Papa.
Nur für meinen .
Ich warte eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden.
Der Baum klopft an mein Fenster. Hallo! Sonst ist es dunkel.
Dann denke ich weiter so vor mich hin, die erste längere Denksitzung, die ich allein mache. Zicke - Zacke - Bum.
Danach denke ich etwas, was keiner sieht! Das ist mein Gedanke, und meine Erfindungen sind die Gedanken, die ich sichtbar machen kann. Erfindungen sind sichtbar gemachte Gedanken.
Witziger Gedanke! Und meine Gedichte sind Gedanken, die ich zu Worten gemacht habe.
Und morgen fang ich mit einer neuen Erfindung an. Was, das ist noch geheim. Es ist noch als Gedanke in meinem Kopf. Unsichtbar und geheim. Wenn ich dranklopfe, spür ich ihn schon, den Gedanken. Er ist da! Hurra! Wenn ich mich vorbeuge, will er heraus, der Gedanke. Also lege ich mich lieber hin, damit mein Gedanke noch wachsen kann in meinem Hirn. Und morgen, morgen kommt er heraus. Denn morgen erfinden wir wieder. Flo und ich. Das schwöre ich. Bei den sieben Geistern der Unterwelt.
Ein echter Erfinder macht weiter.
Dieses Buch widme ich
dem neunjährigen Jungen,
der mich nach einer Lesung einlud,
dabei seine (Liebes-) Geschichte erzählte
und mir seine Liebesbriefe für dieses Buch
zur Verfügung stellte,
aber selbst nicht genannt werden wollte.
Elisabeth Zöller
ACH DU LIEBER
SCHWESTERNSCHRECK
»Ach du lieber Schwesternschreck...« Der Telefonhörer fiel mir fast aus der Hand, denn Flo hat mir vorhin etwas verraten, das zwar noch völlig, völlig geheim bleiben muss, das er aber mir, seinem Blutsbruder, unter dem Siegel absoluter Verschwiegenheit durchs Telefon anvertraut hat. Das gibt etwas! Was wir da noch alles erleben!
Ich sitze am Schreibtisch und starre vor mich hin.
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