Ach so!
Druck in seinen Lungen muss den Außendruck des
umgebenden Wassers kompensieren. Durch den Lungenautomaten, ein Spezialventil,
geschieht die jeweilige Anpassung von selbst. Mit jedem Lungenzug atmet der Taucher
also Pressluft ein. Je tiefer er taucht, desto höher der Druck. Die durch den Druck
erhöhte Konzentration des Stickstoffs wirkt sich dabei auf den Stoffwechsel der
Gehirnzellen aus. Es kommt zum Tiefenrausch ...
Ich hatte einmal die Gelegenheit, am eigenen Leibe die
Auswirkungen des Tiefenrauschs in einer Spezialdruckkammer zu erfahren. Im Rahmen
einer Fernsehsendung machte ich den Test. In der Kammer, die üblicherweise für
medizinische Zwecke genutzt wird, wurden während des Versuchs Bedingungen
eingestellt, wie sie in einer Meerestiefe von mehr als 60 Metern herrschen. Nach
außen stand ich mit demVersuchsleiter in Kontakt. Während des
»Abtauchens« wurde es in der Kammer sehr heiß, denn durch die Erhöhung des
Innendrucks stieg die Temperatur, und nach einiger Zeit fühlte ich mich wie in einer
trockenen Sauna. Mit steigendem Druck veränderte sich zudem meine Stimme und klang
deutlich heller. Die Luft, die ich einatmete, war nun sechsmal dichter als normal.
Sie fühlte sich schwer an, und eine mitgenommene Feder fiel wie in Zeitlupe zu
Boden. Mit jedem Atemzug hatte ich das Gefühl, eine fast flüssige Substanz
einzuatmen, und bekam erstmalig eine Ahnung davon, wie sich Fische beim Atmen wohl
fühlen müssen. Der Test lief reibungslos, doch ich bemerkte, wie das Kamerateam
außerhalb der Kammer immer mehr über mein Verhalten lachte. Erst später sollte ich
begreifen warum.
Als Wissenschaftler hatte ich natürlich einige Requisiten
mitgenommen, die ich testen wollte: Tennisbälle implodierten, prallgefüllte
Luftballons schrumpften, und Plastikfaschen wurden durch den unsichtbaren Druck in
der Kammer zusammengepresst. »Wie wäre es mit ein paar Rechenaufgaben?«, klang es
aus dem Kontrollraum. »Wie viel ist 1730 minus 25?« Erst als ich mir später die
Filmaufnahmen ansah, begriff ich: Ich war völlig unfähig gewesen, einfachste
Rechnungen zu absolvieren und hatte mich wie ein Beschwipster benommen. Der
Tiefenrausch hatte eingesetzt und meine Sinne getrübt. Offiziell gilt: Wer zehn
Meter abtaucht, verhält sich so, als habe er ein Glas Martini getrunken. In meinem
Fall hatte ich also etwa zehn Martini intus und war beim besten Willen nicht in der
Lage, klar zu denken. Der Filmbeitrag wurde später ausgestrahlt und fand große
Resonanz beim Pub likum. Eine halbe Nation freute sich offensichtlich darüber, dass
ich nicht mehr rechnen konnte, und meine Kinder necken mich noch heute mit meinem
Rausch: »Na, Papa, wie viel ist fünf mal sieben?«
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Was ist das Kindchenschema?
25 Offen gesagt zweife ich manchmal an
der Selbstbestimmtheit von uns Menschen. Es gibt da unzählige Situationen, in denen
wir wohl eher wie biologische Automaten reagieren: Wenn zum Beispiel eine hübsche
Frau einen Raum voller Männer betritt, erscheinen der Ablauf und das Verhalten so
vorprogrammiert, als würden alle Beteiligten vorgeschriebene Rollen in einem
unsichtbaren Drehbuch spielen. Die Nervosität der Gäste bei der Eröffnung des
Buffets während einer Pensionärstour erinnert mich an die Konditionierung des
Pawlow’schen Hunds, der beim Ertönen des Glöckchens zu sabbern beginnt. Selbst die
edelsten Bankette folgen einem immer wiederkehrenden Muster undnehmen gegen Ende stets das Ambiente eines ausklingenden Feuerwehrfests an.
Offensichtlich gibt es eine Reihe von Schlüsselreizen, die
uns zu bestimmten Reaktionen zwingen. Ein Paradebeispiel hierfür ist das
Kindchenschema. Egal, ob es kleine Katzen, Eisbären oder Babys sind. Irgendwie
finden wir sie alle »süß«. Warum?
Die unschuldige Unbeholfenheit und Tapsigkeit des
Nachwuchses sind mitunter erheiternd, und die hemmungslose Neugier kleiner Kätzchen
hat auch schon einmal komische Züge, doch das allein reicht nicht aus, um unsere
starke Reaktion zu erklären.
Schon 1943 erkannte der Verhaltensbiologe Konrad Lorenz,
dass Erwachsene auf ganz bestimmte physische Merkmale zum Beispiel eines
Kleinkindergesichts ansprechen.
Vergleicht man Bilder von Erwachsenen und Kleinkindern, so
fällt auf, dass junge Wesen einen großen Kopf und eine große Stirnregion besitzen.
Die ebenfalls großen Kulleraugen liegen weit unten. Nase und Kinn sind sehr
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