Achat von Dor (Kampf um Dor) (German Edition)
sagte: Wenn es um Geld geht, kann man nicht vorsichtig genug sein!“
„Und ich dachte, es ging um Ideale!“
„Ideale bleiben Ideale, wenn man kein Geld hat, um ihnen Leben einzuhauchen. Und das Geld zieht gerade diejenigen an, die von Idealen nichts halten.“
„Solche wie Sie?“, fragte Sadsh.
Aiken nickte.
„Solche wie mich“, bestätigte er. „Mir sind die Ideale irgendwann ausgegangen. Der Fluss hat sie ins Meer getragen. Zusammen mit dem Blut vieler Freunde sind sie im Sand versickert und sie vermodern in den Gräbern von Menschen, die mir etwas bedeutet haben.“ Er drückte die Klappe der Kammer zu. „Aber ich bin immer noch ein Mann, der Versprechen hält.“
„Ich wüsste zu gerne, was dieses Versprechen beinhaltet.“
Aiken schien nicht bereit, mehr zu erzählen. Im Gegenteil: Er bereute es anscheinend, soviel gesagt zu haben, denn er drängte Stawosc danach zum Aufbruch.
„Wir wollen doch nicht, dass die Sache bekannt wird“, sagte er.
Sadsh überlegte, noch einmal nach unten zu fahren, um sich von Tercera zu verabschieden, doch Stawosc hatte es auf einmal eilig. Auf dem Rückflug machte er komplizierte Umwege und redete nur wenig.
„Ist was?“, fragte ihn Sadsh.
„Nichts“, erwiderte Stawosc. „Nur ein Gefühl. Nur ein Gefühl!“
„Was für ein Gefühl?“
„Dass man in Ihrer Gesellschaft gefährlich lebt.“
„Da widerspreche ich lieber nicht.“
Sadsh ließ sich auf dem Landeplatz von Dor Gamma absetzen und kehrte in seine Abteilung zurück. Gamma II lag friedlich im schwachen Glanz der Nachtbeleuchtung.
Er spürte erst jetzt seine Erschöpfung. Er schleppte sich bis in den Trainingsraum und legte sich auf den Medimaten. Während der Behandlung schlief er ein.
Als er erwachte, war ihm kalt. Er ließ sich von der Therapiefläche gleiten. Gähnend ging er nach draußen in den Gang. Er schob seine Karte in die Türbox der Nummer 109 und zog sie wieder zurück. Wollte er wirklich schlafen? Oder wollte er Antworten?
Ärgerlich drehte er sich um und hämmerte mit der Faust kräftig an die gegenüberliegende Tür. Es dauerte eine ganze Minute, bis ihm geöffnet wurde.
„Gibt es etwas, Invador?“, fragte ihn ein Leibwächter, der die Pistole locker neben dem Oberschenkel hielt.
„Ich will mit Lord Kippun sprechen!“
„Seine Lordschaft schläft.“
„Das ist mir egal“, knurrte Sadsh.
„Seine Lordschaft schläft “, wiederholte der Leibwächter indigniert.
Eine Tür glitt auf.
Sadsh starrte Lord Kippuns goldenes Brokatgewand an und wurde plötzlich doch verlegen.
„Ich muss mit Ihnen reden“, sagte er. „Aber vielleicht … “
„Lass ihn herein“, befahl Lord Kippun seinem Leibwächter.
Er winkte Sadsh, ihm zu folgen. Der Raum hinter der Gleittür war überraschend schlicht möbliert. Sadsh setzte sich auf eine schwarz lackierte Holzbank.
„Es tut mir leid.“
„Du entschuldigst dich zu viel“, sagte Lord Kippun. Er schenkte seinem nächtlichen Besucher Tee in einen Keramikbecher.
Sadsh war es nicht nach Tee.
„Was wissen Sie über meinen Onkel?“, platzte er heraus. „Was hat es mit der Flexorette auf sich, die Sie mir gegeben haben? Was, zur Hölle, geht hier überhaupt vor?“
Lord Kippun wirkte mit seinem Brokatgewand und den offenen blauschwarzen Haar wohlmöglich noch aristokratischer als üblich. Er zuckte mit keiner Wimper.
„Wirklich ein Jammer, dass Minas so früh aus unserer Mitte gerissen wurde. Er konnte dir nicht einmal einen Bruchteil von dem mitgeben, was er dir zugedacht hatte. Nun habe ich hier einen jungen Mann sitzen, der weit davon entfernt ist, ein reifer Flexorett-Kämpfer zu sein. Einen jungen Mann, den seine Mutter weniger zu einem streitbaren Demokraten erzogen hat, als zu einem unelastischen Mittelschicht-Bürger ohne Visionen. Immerhin ist da Leidenschaft! Immerhin gibt es da ein Fünkchen, das man vielleicht entfachen kann! Du hast einiges geerbt: Neugier. Talent, das nur nicht genügend gefördert wurde. Eine natürliche Neigung zu Treue. Die Fähigkeit, sich Freunde zu machen. Leider gehört zu den ererbten Eigenschaften auch eine Prise zuviel Ungeduld. Minas hat ein Leben lang hart an sich gearbeitet, um Geduld zu lernen.“
Lord Kippun ging um die Bank herum. Hinter Sadsh blieb er stehen. Wie aus dem Nichts war da plötzlich eine Klinge. Eine Flexorette, die sich Sadsh über die Kehle legte.
„Und bei allem bist du erschreckend naiv“, sagte Lord Kippun. Die Klinge wurde wieder zurückgezogen.
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