Achat von Dor (Kampf um Dor) (German Edition)
„Der Schlag kann jederzeit fallen! Er wird aus einer Richtung fallen, aus der du ihn nicht erwartest!“
Sadsh stand auf. Die Bank stürzte um. Der Leibwächter hechtete durch die Tür.
„Ich benötige dich nicht, Enrico“, sagte Lord Kippun.
Der Mann zog sich sofort zurück.
„Ich bin vielleicht naiv“, fauchte Sadsh. „Dafür spiele ich wenigstens nicht den geheimnisvollen Allwissenden! Sagen Sie doch klipp und klar, was vorgeht, oder geben Sie zu, dass Sie die ganze Zeit so tun, als seien Sie fabelhaft in alles eingeweiht, während Sie in Wirklichkeit keine Ahnung haben!“
Lord Kippun gähnte hinter vorgehaltener Hand.
„Eingeweiht“, wiederholte er. „Eine merkwürdige Wortwahl. Und doch passend. Ich gestehe: Ich bin keineswegs eingeweiht. Minas war ein Mann, den ich sehr geschätzt habe und ich schmeichle mir damit, dass er mich schätzte. In gewisser Weise haben wir einander mehr vertraut als denjenigen, die wir als unsere Freunde bezeichneten. In den vielen Jahren, in denen sich unsere Wege immer wieder kreuzten, wurde aus der Feindschaft keine Freundschaft, aber ein Respekt, der vielleicht mehr wert war als laue Freundschaft es jemals sein kann. Wir haben unsere Träume auf einander prallen lassen wie unsere Klingen, bis wir die Wünsche und Absichten des anderen so genau kannten, wie seinen Kampfstil. Wir versetzten einander in Duellen harte Schläge und noch härtere im Leben. Minas war ein geschmeidiger, phantasievoller Gegner, der mir das Äußerste an Scharfsinn abverlangte.“ Lord Kippun setzte sich neben Sadsh auf die Bank.
„Damals wusste ich seine Fairness nicht zu schätzen. Ich vermochte das Spiel nach seinen Regeln zu spielen. Nach seinem Tod gab es keine Regeln mehr. Und auf Del gab es keine Demokraten mehr. Minas würde weinen, wenn er sähe, was sich heute das Parlament von Del nennt.“ Lord Kippun strich sich das Haar hinter die Ohren. „Kurz vor seinem Tod kam Minas nach Khira. Er forderte mich heraus. Und er siegte in diesem Duell. Danach bat er mich um einen Gefallen. Er wusste, dass man versuchte, ihn umzubringen. Er war bereits mehreren Anschlägen entgangen und wusste, dass er sich nicht auf sein Glück verlassen durfte. Freunde waren nicht mehr verlässlich. Was ihm blieb, was ein alter Feind. Er trug mir auf, bestimmte Dinge zu tun. Ich habe sein Vermächtnis wortgetreu umgesetzt und tue das auch heute noch.“ Lord Kippun stand auf. „Ich möchte jetzt schlafen. Würdest du so freundlich sein, dich zurückzuziehen?“
Sadsh fand den Blick aus dunklen Augen mehr als abweisend.
„Gute Nacht, Mylord“, sagte er leise und schlüpfte an dem Leibwächter vorbei nach draußen.
Aufflackern
Mitten in der Nacht schreckte ihn ein fremdartiger Lichtschein aus dem Schlaf. Dieses Licht war bereits durch seine Träume gegeistert und auch jetzt, da er wach war, kam es ihm gespenstisch vor. Als bläulich-grüner Schimmer schien es von ihm selbst auszugehen. Sadsh tastete nach dem Sensor neben seinem Bett. Die Deckenbeleuchtung sprang an.
Nichts. Nirgendwo war auch nur die Andeutung eines grünen Glühens. Sadsh schüttelte den Kopf. Er zog den Achat unter seinem Unterhemd heraus. Der Stein sah aus dunkel und hässlich aus wie immer.
Sadsh löschte das Deckenlicht.
Nichts. Dunkelheit.
Er legte sich auf die Seite und schloss die Augen.
War da ein rosiges Glimmen?
Sadsh atmete langsam und konzentriert. Er würde seinen Nerven nicht gestatten, dem Stress der letzten Tage nachzugeben! Stawosc fiel ihm ein. Aber Stawosc hatte einen hochwertigen Achat.
Sadsh öffnete die Augen. Unter seinem Hemd kam ein orange-rotes Leuchten hervor. Es verändert sich schnell zu Blau, dann zu Grüntönen. Dann wurde es plötzlich weiß.
Sadsh setzte sich auf.
Er nahm den Achat in die Hand und erwartete, Wärme zu spüren, doch der Stein lag kühl auf seiner Haut. Sadsh zog sich die Lederschnur über den Kopf. Er trug den Achat zum Tisch. Langsam machte er dann immer einen Schritt rückwärts. Das Leuchten wurde schwächer. Er zog sich so weit wie möglich zurück und es verschwand fast ganz. Als er wieder näher kam, begann er Prozess von vorne. Von zartem Rosa verwandelten sich die Farben über Zwischenstufen zu reinem Weiß und verglühten, sobald sich Sadsh entfernte.
Er nahm sich vor, einen Beutel zu kaufen oder den Achat nachts abzulegen. Sonst würde er kaum Schlaf finden. Den Rest der Nacht träumte er von Feuerwerk, Explosionen und Scheinwerfern, obwohl der Achat
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