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Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Titel: Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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Einen Schluck aus der Carbo-Pulle. Renn, Laufhamster, renn! Irgendwie fühlen sich die Beine anders an als sonst. Wackeliger. Sollte das von den paar Minuten auf dem Rad kommen? Ach Quatsch. Aber vorsichtshalber nicht so lange laufen. Zurück an den Kofferraum. Rad raus. Schuhe gewechselt. Kaltes klares Wasser.
    Zurück auf die Straße. Skatende Blagen anpöbeln. Das baut auf. So richtig rund will der Tritt nicht werden. Das ist wohl das Tückische beim Wechsel-Training: Das Radfahren tut vom Laufen weh und umgekehrt. Eigentlich sollte ich jeweils fünfmal trainieren. Das wären immerhin 40 Kilometer Rad und 5 Kilometer Laufen. Aber heute ist es zu heiß. Und zu voll. Zu viel Ozon in der Luft. Und Steinchen im Schuh, von der blöden Wechselei. Übertraining ist ganz gefährlich, und so schnell passiert. Damit ist nicht zu spaßen. Jetzt erstmal ein Bier. Das gibt’s in Hawaii ja nicht.

Wechselfieber
    Für einen Marathonläufer sollte ein Olympischer Triathlon von weniger als drei Stunden eigentlich locker aus den Beinen kommen. Problematisch sind die Wechsel, speziell der vom Rad zum Laufen. Eine tückische Angelegenheit. Die zehn Kilometer können für Neulinge zur Höllenqual werden, wenn man den Wechsel vorher nicht geübt hat. Durch das Wechseltraining tut das Laufen zwar nicht weniger weh – aber der Sportler weiß schon mal, was auf ihn zukommt.

Endlich ist es geschafft. Achim hat seinen ersten Triathlon mehr oder weniger erfolgreich hinter sich gebracht – und dabei wieder jede Menge Erfahrung für künftige Herausforderungen gesammelt. Speziell im Bereich der Ernährungswissenschaften.
    Â 
    Wenn einer am Sonntagmorgen in strömendem Regen barfuß im Taucheranzug über den Hamburger Jungfernstieg schlurft, dann ist er entweder ein Perversling und reif für die geschlossene Anstalt – oder ein Triathlet. Gerade hatte ich mich von der drallen Katja gelöst, die mir im Detail erzählt hatte, wie ihr Freund, der Jörg, voriges Jahr auf der Schwimmstrecke von Meter 500 bis Meter 1000 praktisch durchgehend gereihert habe, da trete ich in etwas Schleimig-Klebriges: ein Beutel Power-Gel, Geschmacksrichtung Apfel-Guarana.
    Früher haben sie Shampoo daraus gemacht. Oder Haargel. Endlich ist das Geheimnis gelöst, wie die Leningrad Cowboys ihre Frisuren befestigt haben. Jeder Zweite hier reißt heimlich alle paar Minuten mit den Zähnen so einen Beutel auf und drückt sich die Klebe in den Mund: Kohlehydrate, viele, kleine, Magenschleimhaut und Darmzotten verleimende Moleküle. Von wegen Fettverbrennung. Triathlon ist Gel-Verbrennung. Im tiefen Tal der Beutelratten.

    Zum Glück ist die Schwimmstrecke von 1500 auf 900 Meter verkürzt. Zu kalt. Schön für Jörg: Da kotzt er 100 Meter weniger. Schön auch für mich: Mit meiner ausgefeilten Brust-Kraul-Technik könnte ich unter einer halben Stunde bleiben. Am Start halte ich meine Einzelkämpfermentalität im Zaum. Sollen sich doch die anderen die Hacken in die Weichteile bohren. Ich mache auf Tante Frieda im Hallenbad. Bei Regen und Kälte geht nichts über Schwimmen. Im Neo ist es weniger nass und kalt als draußen.
    Die Passage unter der Stadthausbrücke ist ekelerregend. Im Backstein voll geschissene Taubenlöcher und im Wasser ausgelutschte Gel-Beutel vom vergangenen Jahr. Vom Ausstieg bis zum Rad ist es ein knapper Kilometer. Es regnet. Meine uralte Karre ist nicht zu übersehen zwischen all den tiefergelegten Kohlefaserteilen mit Scheibenrad. Trotzdem zwei Erfolgserlebnisse: Ich bin nicht der Letzte, und ich lege mich beim Neoauspellen nicht auf die Fresse. Ärgerlich: Die Socken wollen nicht über die nassen Füße. Mein Kopf ist auch aufgequollen: Der Helm passt nicht mehr. Dafür klemmt der Radschuhverschluss. Die Radhose hängt auf halb sieben. Am Zaun grienen gottverdammte Spanner, delektieren sich am alstergekühlten Schrumpfgemächt. Der Typ neben mir quetscht sich zwei Beutel mit Vanille-Aroma ins Gesicht und saust barfuß los. Kann ich auch. Hart, härter, Achim.
    Radfahren bei Regen ist eine überflüssige Angelegenheit. Der Vordermann walzt mir einen steten Strom Wasser ins Gesicht. Es schmeckt süßlich. Hoher Gel-Anteil. Klaus Heinrich hatte mir auch zwei Beutel zugesteckt. »Italienische Ware«, hatte er verschwörerisch geraunt, so, als ob es etwas Illegales wäre: »Knallt

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