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Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Titel: Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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finden, dass es keine große Leistung sei, sich in sechs, sieben Stunden über 42 Kilometer zu schleppen und würden den Marathon gerne denen vorbehalten, die auch wirklich laufen. Die Liberalen dagegen finden, dass es Leistung genug sei, sich über eine solche Strecke zu bewegen, dass der Spaß und die Gesundheit im Vordergrund stehen und nicht der Leistungsfetischismus. Achilles meint: Als Zuschauer sollen einem die Schlappen erspart bleiben, als Läufer dagegen kann es davon nie genug geben im Feld: Sie landen schließlich alle hinter einem. Vom medizinischen Standpunkt aus ist es in jedem Fall unvernünftig, sich schlecht trainiert auf die Marathon-Distanz zu begeben. Weder Bewegungsapparat noch Kreislauf sind auf solche Anforderungen eingestellt. Mag die Gattin auch stolz am Straßenrand kreischen – gesund ist das auf keinen Fall.

Achim will, er will. Vor allem eines – nicht wieder schwach werden. Klar, es wird jetzt wieder frischer draußen. Auch feuchter, insgesamt ungemütlicher. Aber zählt das alles für Achilles? Hat dies Einfluss auf seine Motivation? Wir fürchten: ja.
    Â 
    Oh, goldner Herbst, wie liebe ich Dich.
    Wenn Deine letzten zarten Sonnenstrahlen gelbleuchtende Inseln der Reinheit ins Herbstlaub tupfen, das Eichhorn sich einfältigen Blickes auf den Ästen tummelt, dann ist es nur das trampelnde Rhinozeros namens Läufer, das die selige Ruhe des Waldes stört. Dunkle Gedanken verhängen seine Miene, seine dumpfen Schritte klingen nach Wut und Verzweiflung.
    Oh, goldner Herbst, wie trügerisch bist Du.
    Schon bald wird Matsch dort sein, wo sich jetzt edle Pfade durchs Unterholz winden.
    Oh, goldner Herbst, Du alte Mistkröte.
    Warum bist Du so schwach, dass Du schon morgen vorbei sein kannst und fortan Deine nasskalte Kehrseite zeigst? Der eisige Wind wird peitschen, das erste Sibirientief lauert schon hinter den Wipfeln. Warum dauerst Du nicht einfach bis März?
    Perfekte Herbsttage bedeuten für den Läufer eine unmenschliche mentale Prüfung. Sekunden des Genusses wechseln sich ab mit Stunden des Zweifels. Vorbei die Tage, als man mit geschwellter
Brust mitten durch den Biergarten am Schlachtensee galoppierte und fest überzeugt war davon, dass man anerkennendes Frauengeraune hinter sich gehört hatte, das niemandem sonst gelten konnte als dem elastisch dahinfedernden Megaläufer.
    Aus und vorbei. Der Ausdauersportler ahnt, was auf ihn zukommt. Schnee statt Frauen auf den Bierbänken. Einsamkeit des Winterläufers. Motivation – was war das gleich noch? Wie zum Teufel rettet man die ohnehin nicht dolle Form durch den Winter?
    Es wird eisig sein, dunkel und seelisch schmerzhaft. Die Anziehungskraft der warmen Höhle wird wieder übermenschlich, das Tal der Unlust noch tiefer als die Jahre zuvor. Dass der Wald ab November walkerfrei sein wird, ist nur ein schwacher Trost. Denn dann kommen die Langläufer, die ähnlich lästig sind.
    Natürlich kann man sich ambitionierte Pläne machen: Mindestens viermal die Woche, morgens oder abends ab halb sieben. Wie toll, die kühle Luft.
    Doch immer ist es dunkel. Und immer schreit ein kleines faules Schwein tief drinnen im Hirn: Was soll der Quatsch? Morgen ist auch noch ein Tag, und übermorgen erst. Vielleicht ist es dann wärmer. Oder heller. Oder sonst irgendwie besser. Vielleicht hat man sogar mal wieder Lust. Der nächste Wettlauf ist noch tausend Jahre weit entfernt. Und außerdem zieht es schon wieder dumpf in der Kniegegend. Mit einer nahenden Meniskusquetschung ist nicht zu spaßen. Lieber noch etwas Ruhe. Sofa, ich komme.
    Ja, es nahen die Tage der autumnalen Laktatophobie, wahrscheinlich die weitverbreitetste Läuferkrankheit. Die autumnale Laktatophobie ist die unglaubliche Panik vorm Laufen in Herbst und Winter und geht oft einher mit der Lachanophobie, unter der außer mir auch Krissie Palmer-Howarth litt, mehr als 40 Jahre. Die Britin befiel eine unbändige Angst, sobald sie Tomaten, Gurken oder Karotten auch nur sah. In früher Jugend litt sie am Gestank im Gemüseladen ihres Onkels. Ihr weiteres Leben lang konnte sie nicht mal über Gemüse reden.

    Geht mir ähnlich: Wenn Mona wieder mit ihrem Sprossensalat an Schlabbertofu ankommt, dann nehme ich mental Reißaus. Wenn ich dann noch irgendwo ein Läufermagazin sehe, das ich nachlässigerweise noch nicht ganz unten ins Altpapier gepresst habe, dann

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