Achilles Verse
10-Kilometer-Zeit durch Altersklasse. Mit 20 Jahren sollte der Wert etwa bei 2 liegen, also 40 Minuten durch 20 Lebensjahre, bis zur Rente darf er sich linear etwa auf 1 entwickeln, also 60 Minuten durch 60 Lenze. Alles, was deutlich darüber liegt, ist indiskutabel, oder etwa nicht? Will man mit einem gesehen werden, der mit 45 nicht mehr als einen Quotienten von 2 zu bieten hat? Das wären 90 Minuten auf 10 Kilometer. Indiskutabel. Es gibt Menschen, die schwimmen das in der Zeit.
Was uns stracks zu der delikaten Frage führt, ab welcher Geschwindigkeit Laufen eigentlich Laufen ist. Wer 100 Meter in 10 Sekunden wetzt, schafft 600 Meter die Minute, macht Tempo 36 km/h. Unsere dunkelhäutigen Marathon-Gewinner brauchen gut zwei Stunden für gut 40 Kilometer, macht 20 km/h. Wenn ich mal so richtig den Turbo auf der Bahn zünde und alles, also wirklich alles gebe, dann sind es vielleicht an einem guten Tag so um die 82 Sekunden auf 400 Meter, macht knapp unter 18 km/h. Das heißt, jeder kenianische Bezirksmeister wetzt einen Marathon schneller als ich 400 Meter. Zeit für den Angelschein.
Der Online-Apotheker Greif unterscheidet zwischen Laufen und Joggen mit dem 40-Minuten-Test. Wer 10 Kilometer schafft, sei Läufer. Der Rest Joggerpack. Bei meinen langen Läufen mache ich an schlechten Tagen schon mal deutlich unter zehn, sagen wir mal 9,3 km/h. Ich werde überholt. Wie demütigend. Ich lasse höchstens Menschen mit spitzen Stöcken hinter mir, bei denen nie klar ist, ob sie walken oder Eispapiere aus dem Gebüsch pieken. Auf jeden Fall halten sie sich nie an das Rechtslaufgebot. Im Grunewald geht es zu wie auf einer deutschen Autobahn. Keiner hält sich an meine Regeln.
Auf viel belaufenen Strecken sollte man Tempozonen einführen. Rechte Spur: alle unter 10 km/h, also Walker, die Lastwagen unter den Läufern, sowie die Cordhüte, die aus Prinzip nicht schneller
wollen oder können und die linksökologisch orientierten Energiesparer, die schnelles Laufen für ein pro-amerikanisches, also prinzipiell imperialistisches Statement halten. Auf der linken Spur dagegen wetzen Angeber, schlanke, leichte Sportwagen oder hochmotorisierte panzerähnliche Geländekarren mit hohem Gewicht, die mir physiognomisch wohl am nächsten kämen.
Einziges Problem: Wer überwacht den Verkehr? Wer stellt Blitzer auf, mit denen Langsamläufer dingfest gemacht werden, die sich verkehrswidrig auf der linken Spur tummeln? Als Kennzeichen könnte man die Startnummer vom letzten Laufwettbewerb nehmen. Als Strafe droht Ersttätern Laufschuhentzug. Im Wiederholungsfall wird Kohlehydratverbot verhängt. Und ganz schwere Fälle müssen für eine Woche ins Tempotrainingslager.
Jeder kann schneller
Es gibt Läufer, die trotten seit zehn Jahren auf der immer gleichen Strecke das immer gleiche Tempo. Dagegen ist nichts einzuwenden, außer: Es ist totlangweilig. Erst mit Tempo wird Laufen so richtig schön – und brutal. Wer einmal die Woche gegen die Uhr und fast bis zum Bersten der Lunge wetzt, wird auf Dauer ein besserer Läufer. Das Prinzip ist einfach: Die ersten Male absolviert man fünf- oder zehnmal 100 Meter. Dann 200, 400, nach drei Monaten schließlich 1000. Für Anfänger sind 5:30 min/1000 Meter schon ordentlich. Wer fünf- bis sechsmal den Kilometer unter vier Minuten wetzt, der kann so langsam eine Zehn-Kilometer-Zeit um die 40 Minuten anpeilen, Ungeübte sollten sich allerdings mindestens zwei Jahre Zeit lassen für solche Späßchen. Mehr Hinweise finden Sie in »Achilles’ Laufberater«.
Mona hat Achims älteste Laufschuhe entsorgt. Ein Mann trauert.
In einer guten Ehe muss man sich einmal im Vierteljahr trennen wollen. Hat man länger als, sagen wir, fünf Monate nicht über Scheidung nachgedacht, hat sich garantiert eine Ehekrise eingeschlichen. Mona macht es mir leicht, sie einmal wöchentlich verlassen zu wollen. Denn sie ignoriert fundamentale Regeln. Sie tankt nie, sondern lässt mir immer die leer gefahrene Karre stehen. Haare im Abfluss – auch meine Sache. Und Mona hat viele Haare.
Letzte Woche hat sie es übertrieben. Zur Rache wollte ich sie an einer Raststätte aussetzen, einfach so. Sie hätte schon zurück nach Hause gefunden. Aber womöglich hätte sie dann irgendein Dreckskerl aufgelesen. Und sie wäre mitgefahren. Wie schrecklich. Meine Mona. Einfach weg! Also sind wir doch gemeinsam in die Outlet-Mall gefahren, wo es wirklich günstige Sportsachen gibt.
Was war geschehen? Mein bezauberndes Biest von Gattin
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