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Achsenbruch

Achsenbruch

Titel: Achsenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Junge
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sitzen, Wein oder Kaffee schlürfen und abspannen. Nicht so laut und hektisch wie das Kneipendreieck. Und weit genug weg von dem arroganten Klinikpack hinter der Hattinger Straße. Immer ein paar abgefahrene Typen, die man genussvoll studieren kann.«
    Er musterte erst seinen alten Kumpel Mager und dann die PEGASUS-Chefin: »Und du musst mit diesem alten Motzkopp zusammenarbeiten?«
    Susanne versteckte ihre Ungeduld hinter einem Lächeln: »Ist nicht einfach, aber es geht. Aber was ist mit Sonnenschein?«
    Angel blinzelte nach oben: »Siehste doch. Sie scheint.«
    Mager ächzte. Schlechte Kalauer waren eher seine Spezialität. Aber er wartete ab, bis sich ihr Gesprächspartner bei der Auswahl des Desserts für ein Stück Blaubeerstreuselkuchen entschieden hatte.
    »Also, ich habe mal mit ein paar Leuten im Rathaus geredet. Beim Personalrat hat die OB offenbar ganz gute Karten. Der rechte Flügel in ihrer Partei hasst sie. Die Korrupten möchten sie wieder loswerden, bevor sie ernsthaften Schaden anrichten kann.«
    »Gibt es da Kandidaten, die ein Mordmotiv hätten?«, fragte Susanne.
    Angel schüttelte seine Glatze: »Das sind zwei Fragen. Ob Rechte oder die Rathaus-Mafia Bomben legen? Das traue selbst ich den Schwatten nicht zu. Aber es gibt eine Menge Leute, die an ihrem Stuhl sägen. Nicht nur die ehrgeizigen Weiber in ihrer eigenen Partei.«
    »Sondern?«
    »Diese Doppelnamen-Tante aus der Müsli-Partei, die den Trostposten als Bürgermeisterin bekommen hat. Perdita Baum-Hauer. Perdita heißt …«
    »… die Verzweifelte, Hoffnungslose – oder die Verruchte«, vollendete Mager das Lateinquiz.
    »Setzen, Eins. Jedenfalls träumt die wohl insgeheim von einem Putsch mit den Schwarzen, bei dem sie durch ein Wunder den OB-Posten bekommt.«
    ›Könnte‹, ›wohl‹, ›insgeheim‹ – der weiß auch nix, dachte Mager
    »Und sonst?«, hakte Susanne nach.
    »Potthoff. Der Baudezernent. Hat sich sogar mal von einem Investor in einen Berliner Puff einladen lassen. Aber Sonnenscheins Vorgänger beließ es bei einer Ermahnung. Und sie bekommt den Typen offenbar auch nicht weg.«
    »Warum nicht?«
    »Er hat Rückendeckung.«
    »Von wem?«
    »Guck dir an, wer in Bochum alle Ausschreibungen von Großprojekten gewinnt: Knappschaft, Krankenhäuser, Schulen. Bleifinger & Thaler. Thaler kannste vergessen, der sitzt irgendwo in der Schweiz und passt auf, dass sein Konto nicht überfließt. Aber Bleifinger und Potthoff sind ein Arsch und eine Seele. Werden nur noch von Flessek übertroffen: Ämterhäufung und jede Menge Weibergeschichten.«
    Mager spürte, wie sich in seinem Magen Enttäuschung breitmachte. Das war alles zu unkonkret. Ungeduldig griff er zu seiner Zigarettenschachtel.
    »Und was ist mit Beißner? Vielleicht war er ja doch gemeint.«
    Susannes Mundwinkel wanderten um Millimeter nach unten. Eigentlich war sie für die Fragen zuständig. Auch wenn dies kein richtiges Interview war.
    Erich Angel winkte der Kellnerin und bestellte einen Cappuccino mit laktosefreier Milch.
    »Bekommst du von normaler Milch Pickel?«
    »Nein. Aber ich muss von Laktose furzen wie eine Kuh. Ist weder gut für euch noch für die Umwelt.«
    Er grinste und sah sich um. Die beiden Nachbartische waren frei. Ein Stück weiter unterhielten sich zwei junge Mütter intensiv über den Vorteil von Tragetüchern und im Schatten des alten Ahorns erklärte eine Bochumer Krimiautorin ihrem hässlichen Mops, warum er keine Katzen anknurren durfte. Auch Tiere kann man zu Tode pflegen, dachte der Kameramann.
    »Beißner – aus dem werde ich auch nicht schlau. Angeblich ist er aus Liebe zu Irmhild ins Ruhrgebiet gezogen. Hat sich zuerst ein schönes Häuschen in Hattingen gekauft, gleich über der Ruhr, unverbaubarer Blick über das Tal und auf die Stadt. Ich frage mich, wie er an so viel Knete kommt. Von Papa geerbt – wohl kaum. Sein Alter war Müllwagenfahrer in Gütersloh.«
    »Na ja«, meinte Mager, »Rechtsdezernent in zwei großen Städten, Stadtdirektor in Gütersloh. Ganz so schlecht werden diese Leute nicht bezahlt. Mit so einem Job bekommst du auch Kredit.«
    »Vielleicht hat Sonnenschein ihm zusätzlich unter die Arme gegriffen«, meinte Susanne.
    »Kann sein. Die Bude musste er übrigens wieder abstoßen. Die Wände waren so nass wie die Ruhr unter seinem Fenster. Auf jeden Fall: Irgendwas stimmt mit dem Typen nicht.«
    Susanne beugte sich vor: »Ich dachte, das würdest du uns verraten!«
    »Nur Gott weiß alles«, meinte Angel. »Aber

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